Regionalliga Nordrhein
Bonn, Remscheid, Siebengebirge: Empört, ernüchtert, erleichtert
Die TSV kann mit dem 33:32-Siegtreffer des TV Korschenbroich nichts anfangen. HGR ist beim 24:33 gegen Aldekerk chancenlos, HSG atmet nach 31:23 gegen Aachen auf.

Was geht denn hier ab? Bonns Bank mit Torhüter Michael Rieder (Nummer 84), Trainer Frank Berblinger, Physiotherapeutin Bianca Kowolik, Florian Benningshoff-Lühl (stehend, Nummer 10) und Fabian Struif (36) war offensichtlich anderer Meinung als die Unparteiischen – und nicht nur hier. (Foto: Michael Jäger)

TV Korschenbroich – TSV Bonn rrh. 33:32 (18:16). Richtig gute Freunde werden Frank Berblinger, der Bonner Trainer, und die beiden mit der Leitung der Partie in der Korschenbroicher Waldsporthalle betreuten Schiedsrichter vermutlich nicht mehr. Es waren dieselben Unparteiischen, die im November 2021 bereits die Hinrundenpartie (26:31) zwischen der TSV und dem TVK in Bonn gepfiffen hatten – wie Berblinger fand, ebenfalls schon sehr unglücklich. Diesmal sah er erneut viel Anlass zu Kritik – die er auch mehr oder weniger intensiv äußerte. Dafür gab es unmittelbar vor Schluss die Rote Karte. Damit konnte der TSV-Coach noch ganz gut leben, weniger jedoch mit einigen anderen Entscheidungen und schon gar nicht mit der Entstehung des Korschenbroicher Siegtreffers durch Sascha Wistuba zwölf Sekunden vor der Schluss-Sirene, die er als regelwidrig ansah. „Das war ein ganz klares Stürmerfoul“, fand Berblinger, „er rennt mit dem Rücken in unsere Deckung rein und beide Deckungsspieler fallen nach hinten. So macht er das Tor.“ Insgesamt bewertete er die Leistung der Spielleiter als „Katastrophe“ – aufgrund zahlreicher nicht „nachvollziehbarer Pfiffe“ auf beiden Seiten. Deutlich anders sah die Bewertung für die Leistung der Mannschaften auf der Platte aus: „Das war aus meiner Sicht ein richtig gutes Spiel von beiden Mannschaften. Wir haben Korschenbroich alles abverlangt.“

Das Duell lief von der ersten Minute an mit wechselnden Führungen auf Augenhöhe ab – 7:5 (11.) für Bonn, 11:9 (20.), 16:14 (27.), 18:16 (30.) für Korschenbroich. Mit dem 20:19 (35.) lag wieder Bonn vorne und erhöhte sogar auf 22:19 (37.). Das 23:22 (41.) des TVK drehte wiederum die TSV, die dann mit einem 29:26 (49.) in eine turbulente Schlussphase einbog – 29:29 (54.), 30:30 (56.), 31:31 (57.), 32:32 (60.). TVK-Coach Dirk Wolf, der nicht auf seinen kompletten Kader zurückgreifen konnte, nahm 27 Sekunden vor dem Ende eine letzte Auszeit und durfte sich anschließend tatsächlich über den Treffer zum 33:32-Sieg freuen. Das Resultat kommentierte er dann insgesamt wesentlich gelassener: „Es war für mich das erwartete Spiel nach der langen Pause, die wir hatten. Ich hatte im Vorfeld gesagt, dass heute nicht alles gut laufen wird, dass Fehler passieren. Aber ich wusste, dass wir es mit Kampf und Glauben an uns selbst schaffen können. Kompliment an die Jungs, dass sie das bis zum Ende durchgezogen haben. Es hat Spaß gemacht, mal wieder Handball zu spielen.“ Ebenfalls Spaß machte den Korschenbroichern wohl der Blick auf die Tabelle, in der sie mit 24:4 Zählern der erste Verfolger des Spitzenreiters Interaktiv.Handball sind (26:6). Bonn liegt als Siebter (16:20) im gesicherten Mittelfeld.

TV Korschenbroich: Jäger, Graedtke – Schiffmann (3), Wistuba (2), Zidorn (1), Wolf (5), Tobae (4), Kauwetter (1), Biskamp (8/6), Neven (1), Schneider (3), Franz (5).

TSV Bonn rrh.: Elonamany, Meißenburg, Rieder – Krohn (2), Bullerjahn (2), Weikl (9/4), Benningshoff-Lühl (5), Wilhelms, Schöneseiffen (2/2), Fischer (4), Terehov, Bohrmann (4), Struif (4), Rohloff.

 

HG Remscheid – TV Aldekerk 24:33 (12:16). Das war wenigstens in dieser Form nicht zu erwarten – und deshalb doppelt und dreifach schmerzhaft für die Remscheider, die zuletzt durch eine Serie von 14:0 Punkten aus sieben Spielen ohne Niederlage bis auf den vierten Tabellenplatz vorgerückt waren. Und die Aldekerker? Die Mannschaft von Trainer Nils Wallrath war mit erst drei Einsätzen im neuen Jahr ins Bergische gekommen – und hatte erst vor Kurzem beim MTV Rheinwacht Dinslaken aus der unteren Tabellenhälfte eine 25:30-Niederlage erlitten. HGR-Coach Alexander Zapf fasste seine Stimmungslage knapp zusammen: „Wir sind auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Das war von uns eine schlechte Leistung gegen einen überragenden Gegner. Aldekerk hat ein superschnelles Umschaltspiel, jeder Fehler wird brutal bestraft. Das war ein bitterer Abend.“ Der entscheidende Faktor aus Sicht der Gäste: Jonas Mumme, der coronabedingt noch auszufallen drohte, bekam kurzfristig doch grünes Licht für einen Einsatz – und konnte nach gut zehn Minuten den am Kreis aushelfenden Mittelmann Roman Grützner ablösen. „Das war in dem Moment der Gamechanger. Er hat Stabilität in die Abwehr gebracht, sodass wir uns kontinuierlich ein wenig absetzen konnten“, fand Wallrath. Durch den später noch sehr hohen Sieg zog Aldekerk (21:5 Punkte) erstens wieder an der HGR vorbei und festigte zweitens seine Rolle als stärkster Titelkonkurrent für den Tabellenführer Interaktiv.Handball (26:6) und den Dritten TV Korschenbroich (22:4). Der Zweite HC Gelpe/Strombach (23:13) hat nichts mit dem Titelkampf zu tun – wie die Remscheider, die mit ihren 20:12 Punkten und dem fünften Platz insgesamt trotz allem zufrieden sein dürfen. 

Philipp Hinkelmann brachte die Hausherren zwar früh mit 1:0 (1.) in Führung, doch auf Augenhöhe war die HGR anschließend nur bis zum 7:7 (12.) unterwegs. Beim Stande von 7:10 (17.) nahm Zapf seine erste Auszeit, die aber nicht viel an den Kräfteverhältnissen änderte. Weil sich Aldekerk Schritt für Schritt steigerte und Remscheid zugleich zu viele Torchancen ungenutzt ließ, begann sich die Waage auf die aus Remscheider Sicht falsche Seite zu neigen – 9:13 (25.), 12:16 (30.). Größere Hoffnungen auf eine Wende kamen nach der Pause selbst beim 15:18 (35.) und 16:20 (37.) nicht wirklich auf, zumal Wallraths Aldekerker konsequent blieben. Spätestens mit der Viererserie vom 23:18 (42.) bis zum 27:18 (47.) waren die Gastgeber geschlagen – und die letzten zehn Minuten eine Formsache für den überzeugenden TVA. Ebenfalls bezeichnend: Paul Keutmann gewann sogar das Torhüter-Duell mit Remscheids Linus Mathes, der gewöhnlich selbst zu den besten Keepern der Regionalliga gehört.

Für Remscheids Coach ging der Blick kurz nach der Partie bereits nach vorne – aus einem guten Grund, denn am Mittwochabend folgt das Nachholspiel gegen den TV Korschenbroich. „Das müssen wir deutlich besser gestalten“, sagt Zapf, „wir haben heute die Grenzen aufgezeigt bekommen. Vielleicht machen wir es am Mittwoch besser.“ Auch für die Aldekerker ist ein Nachholspiel angesetzt – das allerdings schon am Dienstag bei der gegen den Abstieg kämpfenden SG Langenfeld (Vorletzter/7:21 Punkte) über die Bühne gehen soll. Wallrath wird seine Spieler definitiv eindringlich davor warnen, den Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen, kann jedoch nach dem Erfolg in Remscheid mit einem guten Gefühl in die nächste Woche gehen: „Wir haben mehr Tempo aufs Tempo gedrückt. Der Sieg war auch in der Höhe verdient.“ 

HG Remscheid: Geske, Mathes – Heimansfeld (2), Pflüger (1), Pütz, P. Hinkelmann (2), Hertz (3), Luciano (6/1), F. Hinkelmann, Handschke (4/2), Jansen (4/2), Rath (2), Hermann.

TV Aldekerk: Keutmann (2) – Jonas Mumme (6),  Grützner (1), Plhak (6/3), Jentjens (3), Upietz, Gentges (3), Küsters (1), Julian Mumme (6), Tebyl, Rutten (3), Herholz, Linden (2).

 

HSG Siebengebirge – BTB Aachen 31:23 (13:14). Der am Ende auch klare Sieg bringt den Gastgebern neue Hoffnung für den weiteren Kampf um den Klassenerhalt. Nach dem bisher einzigen Saisonsieg vom 13. November 2021 gegen den HC Weiden hatte die Mannschaft von Trainer Lars Degenhardt eine fast ewig dauernde Durststrecke zu überwinden (acht Niederlagen, zwei Unentschieden), die sie dann am Samstagabend beendete – wonach es bis zum Beginn der zweiten Halbzeit gar nicht aussah. Weil die HSG aber eine bemerkenswerte Wende gegen immer mehr nachlassende Aachener einleitete, überwies sie zwei wichtige Punkte aufs Konto und steht nun bei 6:26 Zählern. Damit ist Siebengebirge weiter Letzter, doch wenigstens der Abstand zum Vorletzten SG Langenfeld (7:23) und zum Drittletzten TV Rheinbach (8:22) ist wieder übersichtlicher geworden. Aachen bleibt unverändert Achter (14:16 Punkte). 

Die Hausherren brauchten etwas mehr als sieben Minuten, ehe sie mit dem 1:1 (8.) durch Bastian Willcke ihren ersten Treffer registrierten. Beim 9:8 (21.) und 10:9 (23.) erzielte Siebengebirge jeweils die Führung, ehe erneut Aachen vorlegte – 12:11 (27.), 14:12 (29.). Auf den Weg zum Sieg bog Degenhardts Team dann kurz nach der Pause ein, als es aus dem schnell entstandenen 14:15 (32.) durch vier Treffer in Folge das 18:15 (37.) machte. Aachen wehrte sich anschließend und blieb übers 18:20 (43.) bis zum 19:22 (45.) halbwegs dran, konnte allerdings zunehmend weniger entgegensetzen. Genau fünf Minuten und fünf HSG-Treffer später war die Partie mit dem 27:19 (50.) entschieden und der Rest nur statistisch wichtig. „Das tut uns natürlich richtig gut. In der zweiten Halbzeit haben wir das geschafft, was wir uns seit Wochen erhoffen – dass wir uns einen Vorsprung erarbeiten und bis zum Ende verteidigen können“, sagte der erleichterte HSG-Trainer Degenhardt, „das was insgesamt ein sehr überzeugendes Spiel meiner Mannschaft, kämpferisch und spielerisch. Drei Spieler waren in einer insgesamt guten Mannschaft herausragend.“ Ein Sonderlob verdienten sich seiner Ansicht nach Regisseur Bastian Willcke, Kreisläufer Philipp Krefting und Alexander Koch – die ganz „nebenbei“ zusammen 19 Tore beisteuerten.  

HSG Siebengebirge: Fischer, Wiese – Steinhaus (2/1), Petzold (3), Hayer (2), Lajnef, Wilke (6/1), Lee, Lopez De Carvalho (3), Ghussen, Koch (6), Picard, Krefting (7), Sivanathan (2).

BTB Aachen: Dosch, Schüler – Ernst (4), Wydera (1), Quetting (2), Bleuel (2), Jacobs (6/1), Oslender (6), Breuer-Herzog, Uerlings, Rückels, Käsgen (2).