2. Bundesliga
Gummersbacher Matchball und Dormagener Dauerdruck
Tabellenführer kommt mit einem Sieg über Hamm dem Aufstieg ein großes Stück näher. Der TSV Bayer muss für den Klassenerhalt eigentlich auch in Eisenach gewinnen.

Führungskraft: Gummersbachs Kapitän Timm Schneider (hier beim Torwurf gegen Essens Keeper Sebastian Bliß) will sich am liebsten mit dem Aufstieg in die Bundesliga aus dem Oberbergischen verabschieden. (Foto: Herbert Mölleken)

Langsam kommt die Zeit der Entscheidungen, auch in der 2. Bundesliga – in der vorne längst alles für den VfL Gummersbach spricht. Drei Viertel der Saison 2021/2022 hat die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson hinter sich und sie steht mit 44:10 Punkten vor der HSG Nordhorn-Lingen (40:14) auf dem ersten Platz. Bei zwei zu vergebenden Aufstiegs-Tickets für die höchste deutsche Klasse bekommt der Spitzenreiter nun sogar eine Art Matchball serviert, denn er erwartet am Freitagabend den Dritten ASV Hamm-Westfalen. Der steht bei 37:17 Punkten schon jetzt sieben Zähler hinter den Gummersbachern, die zuletzt sieben Mal hintereinander gewinnen konnten und ganz sicher den Plan haben, in der Schwalbe-Arena den achten Sieg in Folge hinzuzufügen. Dann wäre neun Runden vor dem Ende der Serie ein Kontrahent ganz vorne entscheidend abgehängt und der VfL könnte sich nach der Zweitliga-Pause, die am 22. April mit der Partie beim aktuellen Schlusslicht EHV Aue endet, praktisch nur noch selbst an der Rückkehr in die Bundesliga hindern.

Alle derzeit gültigen Werte sprechen dabei für Gummersbach – unter anderem das Duell aus der Hinrunde, das Sigurdssons Team in Hamm überzeugend mit 31:26 für sich entschied. Dann gewann der VfL am vergangenen Sonntag beim Vierten TuSEM Essen mit 32:28, obwohl Linkshänder Lukas Blohme schon in der neunten Minute die Blaue Karte sah und nun gegen den ASV gesperrt ist. Außerdem steht da die Heimbilanz der Gastgeber, die in dieser Saison in der Schwalhe-Arena auf eine bisher makellose Bilanz blicken – 14 Spiele, 14 Siege, 28:0 Punkte. Nicht nur Kapitän Timm Schneider weiß sehr genau, dass der Blick auf die tolle Statistik alleine keine Erfolge bringt: „Am Ende ist für uns jetzt jedes Spiel ein Topspiel und wenn wir das so angehen wie zuletzt, kommen wir unserem Ziel immer näher.“ Das ist der Punkt: Nur ein Prozent weniger bei Einsatz und Leidenschaft kann bereits die Tür für die Gäste öffnen. Schneider (33), der das Oberbergische in ein paar Wochen wieder verlässt/verlassen muss (Vertrag nicht verlängert/geht zurück zu seinem früheren Verein TV Hüttenberg), hätte wenig dagegen, wenn er sich mit der Meisterschaft aus Gummersbach verabschiedet.

Wir sind gespannt: Torhüter Martin Juzbasic, Kapitän Patrick Hüter und Co-Trainer David Röhrig (von links) wünschen sich natürlich einen Dormagener Sieg in Eisenach. (Foto: Thomas Ellmann)

Das andere sportliche Extrem bildet weit unten in der Tabelle der TSV Bayer Dormagen, der am vergangenen Wochenende mit dem 26:25 über den VfL Lübeck-Schwartau immerhin den letzten Platz verlassen und an den EHV Aue (16:40 Punkte) abgeben konnte. Es gehört zum sportlichen Schicksal fürs Team von Trainer Peer Pütz, dass dieser Heimsieg nur dann richtig viel wert war, wenn nun der nächste Schritt folgt. Daraus folgt, dass für die Partie am Freitagabend beim inzwischen durch sieben Siege hintereinander auf Rang sieben gekletterten ThSV Eisenach (29:25 Punkte) unverändert großer Druck da ist. Der Vorletzte wird dabei schaffen müssen, was ihm selbst nach dem Winter-Wechsel vom entlassenen Dusko Bilanovic aufs Trainerduo Pütz/David Röhrig bislang nicht gelungen ist: Gute Ansätze sind immer wieder da, doch der erhoffte Schub blieb immer wieder aus. Beispiel eins: Am 23. Dezember 2021 gewinnt Dormagen gegen den Titelkandidaten Nordhorn-Lingen (23:19) und verliert am 26. Dezember beim Abstiegs-Konkurrenten TuS Ferndorf (22:25). Beispiel zwei: Am 18. Februar 2022 gewinnt der Außenseiter bei der SG BBM Bietigheim (29:27), ehe er am 23. Februar gegen den HSC Coburg nur ein Unentschieden einfährt (23:23), am 26. Februar bei der DJK Rimpar komplett untergeht (22:31) und am 1. März zu Hause auch das Nachholspiel gegen die Eisenacher verliert (21:23). Drittes Beispiel: Am 25. März erkämpft sich der TSV Bayer einen Heimsieg über den HC Elbflorenz Dresden (29:23) und verliert nur ein paar Tage später am 30. März sang- und klanglos beim Dessau-Roßlauer HV (28:35). Ganz logisch: Ändert sich dieser allgemeine Trend nicht, wird es auf keinen Fall zum Klassenerhalt reichen.

Trainer Pütz weiß das alles natürlich, weil er sich in Statistiken und Zahlen ganz gut auskennt. Und sehr sicher hofft er, dass seine Mannschaft in Thüringen ein weiteres Zeichen an die Konkurrenz im Keller sendet und den Weg in Richtung rettendes Ufer fortsetzt. Das markiert auf Rang 16 zurzeit der TV Emsdetten (20:38 Punkte), der beim kaum günstiger positionierten TV Großwallstadt (Platz 17/21:35) ein klassisches Abstiegsduell bestreitet. Das werden die Dormagener zumindest aus der Distanz sehr intensiv beobachten – weil sie eben gegen Großwallstadt am 22. April nach der Zweitliga-Pause weitermachen. „Das letzte Spiel gegen Eisenach ist erst einen Monat her“, sagt Pütz im Rückblick aufs 21:23 (11:9) im Nachholspiel vom 1. März, „damals haben wir es eigentlich in der ersten Halbzeit sehr gut gemacht. Da hätten wir nur deutlich höher führen müssen, weil wir viel zu viel verworfen haben. Ich hoffe, dass wir wieder klare Chancen herausarbeiten können und über 60 Minuten gut in der Abwehr stehen. Das müssen wir da noch stabiler hinbekommen. Wir versuchen natürlich auch, den Schwung aus dem letzten Spiel mitzunehmen.“ Das wird defensiv im Übrigen doppelt und dreifach nötig sein, weil für Eisenach der zurzeit beste Werfer der 2. Bundesliga spielt: Fynn Hangstein hat bei 27 Einsätzen bereits 198 Tore erzielt (66 per Siebenmeter). 

Relativ unbelastet könnte der mit 33:23 Zählern ausgestattete Vierte TuSEM Essen den Rest der Saison 2021/2022 angehen, denn das Team von Trainer Jamal Naji hat mit der Vergabe der beiden Aufstiegsplätze nichts mehr zu tun – und das nicht erst seit dem 28:32 vom vergangenen Sonntag gegen den Tabellenführer VfL Gummersbach. Die Leistung seiner Mannschaft im Duell mit dem aus seiner Sicht stärksten Klub in der 2. Bundesliga findet Naji auch mit etwas Abstand sehr anständig: „Wir hätten an diesem Tag gegen viele andere gewonnen – nur gegen diese Gummersbacher hat es dann nicht ganz gereicht.“ Insgesamt sieht er die Essener ohnehin auf einem guten Weg, weil sich der in den vergangenen Wochen krankheitsbedingt immer wieder ausgedünnte oder nur teilweise einsatzfähige Kader allmählich auf die einstige Sollstärke füllt. Das dürfte bereits fürs bevorstehende Duell am Freitagabend beim VfL Eintracht Hagen sehr wertvoll sein, weil diese Aufgabe ebenfalls in die Kategorie schwierig gehört.

Aufsteiger Hagen begann die Saison sehr stark, mischte dann sogar ziemlich weit oben mit und stand bis zum 18. Dezember 2021 nach dem 29:22 beim HSC Coburg mit 25:9 Punkten großartig da. Was damals wohl keiner ahnte: Es folgte eine zunächst endlos scheinende Serie aus zehn Partien ohne Sieg – zwei Unentschieden, acht Niederlagen, 2:18 Punkte, Abrutschten ins Mittelfeld. Erst am vergangenen Sonntag ging die Talfahrt mit einem 31:25-Erfolg über den HC Empor Rostock zu Ende, sodass die nun auf Rang neun bei 29:27 Punkten geführte Eintracht und ihr Trainer Stefan Neff erleichtert durchatmen durften. Mit höchster Intensität werden die Essener aber nicht nur deshalb auflaufen, denn sie haben den 12. November 2021 noch nicht vergessen. Damals verlor TuSEM vor knapp 2000 Zuschauern in der Halle Am Hallo knapp mit 28:29 den Kürzeren – und Naji hätte keinerlei Einwände dagegen, das seinerzeit verpasste Happy End nachzuholen.