2. Bundesliga
Gummersbacher Arbeitssieg und Dormagener Glück
VfL baut Tabellenführung nach 35:31 in Aue sogar aus. Dormagen schiebt sich mit 29:23 über Großwallstadt ans rettende Ufer heran. TuSEM Essen verliert ohne Trainer Jamal Naji mit 23:24 gegen Eisenach.

Wir schaffen das! Nicht nur Dormagens Keeper Martin Juzbasic freute sich nach dem Sieg über Großwallstadt ein Loch in den Bauch. (Foto: Thomas Schmidt)

TSV Bayer Dormagen – TV Großwallstadt 29:23 (13:12). Beim Blick auf die Anzeigetafel dürften die Dormagener ihren Augen kaum getraut haben. Da stand – was sich nach der von beiden Seiten nicht zweitligatauglich geführten ersten Halbzeit kein bisschen erahnen ließ – erstens ein sehr deutlicher Sieg und zweitens ein für den Kampf um den Klassenerhalt enorm wichtiger. Durch den dritten Erfolg hintereinander (vorher jeweils 26:25 gegen den VfL Lübeck-Schwartau und beim ThSV Eisenach) stockte das Team des Trainergespanns Peer Pütz/David Röhrig sein Konto auf 20:36 Punkte auf und ist nun im Abstiegskampf wieder ein Kandidat, mit dem die Konkurrenz unbedingt rechnen muss. Wie wertvoll der Erfolg wirklich war, zeigte wenig später der Blick auf ein anderes Ergebnis – denn der ebenfalls gefährdete TuS Ferndorf nahm vom Zweiten HSG Nordhorn-Lingen einen überraschenden 25:20-Sieg mit. Genau deshalb konnte Dormagen die Abstiegsplätze immer noch nicht verlassen, sondern „nur“ den Abstand zum letzten EHV Aue (17:43) vergrößern, den bisherigen Drittletzten TV Emsdetten (20:38) überholen, auf Rang 18 klettern und den Kontakt zu Großwallstadt (17./21:37) herstellen. Zur Gefahrenzone gehören auch noch der HSC Coburg (14./26:30), der Dessau-Roßlauer HV (15./23:31) und Ferndorf (16./22:36).

Der TSV Bayer begann zerfahren, ließ sich aber in der durch zahlreiche Fehler geprägten Partie kämpferisch nicht irritieren und drehte das 0:2 (3.) zum 3:2 (9.). Absetzen konnte sich anschließend keine der Mannschaften – die eher in Einigkeit zeigten, warum sie um den Klassenerhalt bangen müssen. Unter dem Strich dürfte die Anzahl der Ballverluste und technischen Fehler aller Art im Laufe der ersten Halbzeit sogar die Anzahl der Tore klar übertroffen haben. Und es spricht deshalb erst recht für die Hausherren, dass sie vor allen Dingen defensiv einen weiteren Gang zulegten – was Abwehrchef Patrick Hüter dann bald mit der dritten Zeitstrafe und der Roten Karte (35.) bezahlen musste. Wie sich das auf den Auftritt der Gastgeber auswirkte? Praktisch gar nicht, weil Aaron Seesing und Alexander Senden im umgestellten Mittelblock anschließend erst recht Beton anrührten. Bei den Dormagenern war spätestens jetzt in jeder Szene zu spüren, dass sie diesen Sieg unbedingt wollten – was ihnen gegen oft harm- und einfallslose Gäste mit dem 17:13 (38.) und 18:14 (40.) ein Vier-Tore-Polster einbrachte. Für die frühzeitige Entscheidung sorgten die zunehmend von sich selbst berauschten Dormagener, als sie aus dem 19:16 (44.) bis zur 50. Minute durch einen 4:0-Lauf das 23:16 machten. Eine halbwegs passende Antwort aus Großwallstadt fand nicht mehr statt, sodass etwa beim 28:20 (58.) sogar ein Sieg des TSV mit zehn Toren Unterschied in den Bereich des Möglichen rückte. Dass es dazu nicht mehr reichte, werden sie in Dormagen verschmerzen können.

TSV-Co-Trainer David Röhrig beurteilte das Resultat später ebenso sachlich wie erleichtert: „Ich glaube, der Sieg geht in der Summe in Ordnung. Wir haben über 60 Minuten wirklich eine sehr gute Abwehrleistung gezeigt und Großwallstadt unfassbar oft ins Zeitspiel bekommen. Leider haben wir genauso unfassbar oft beim sechsten Pass noch so ein Eier-Tor bekommen. Im Angriff haben wir sicherlich gebraucht, um ins Spiel reinzukommen, aber es gibt aktuell auch keine Schönheitspreise zu gewinnen. Wir haben diszipliniert und ruhig gespielt. Wir sind superhappy und nächste Woche geht es weiter.“ Gemeint ist die Aufgabe am Mittwochabend gegen die Eulen Ludwigshafen (Zwölfter/27:27 Punkte). 

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Karvatski (2), Meuser (3), Leitz, Senden, Werschkull, Biernacki (1), I. Hüter (5), Reimer (9/3), Grgic (4), P. Hüter, Grbavac, Seesing (3), Steinhaus (2), Mast.

 

EHV Aue – VfL Gummersbach 31:35 (18:16). Gummersbach tat in der ersten Halbzeit das, was er nicht zum ersten Mal in dieser Saison für angemessen hielt. Weil die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson irgendwie nicht angekommen zu sein schien, rannte sie beim Schlusslicht hinterher. Erst eine Steigerung vor allen Dingen am Ende der zweiten Halbzeit brachte jenes Polster, das der Aufstiegsfavorit letztlich einigermaßen ungefährdet über die Ziellinie brachte. Mit 48:10 Punkten führt der VfL weiter vor der HSG Nordhorn-Lingen – und sogar noch klarer als bisher, weil sich der „Verfolger“ (jetzt 40:18) auf dem zweiten Aufstiegsplatz eine unerwartete 20:25-Heimpleite erlaubte. Klares Ziel der Gummersbacher auf ihrer Reise in den Osten: Am Montag wollen sie nun auch ihr Nachholspiel beim Dessau-Roßauer HV (Platz 15/13:31 Punkte) gewinnen und dann am 1. Mai das Treffen mit Nordhorn in der Schwalbe-Arena zu einem Handball-Fest machen. Dass der VfL am Ende der Saison in die Bundesliga zurückkehrt, gilt unabhängig davon als fester Beschluss, weil der Dritte ASV Hamm-Westfalen (37:19) längst zu weit zurückliegt.

Der Favorit legte zwar mit dem von Lukas Blohme verwandelten Siebenmeter das 1:0 (1.) vor, geriet aber schnell mit 1:2 (3.) in Rückstand und blieb dort übers 2:4 (5.) und 4:6 (9.) bis zum 8:9 (14.). Als der VfL auf dem Weg zu sein schien, den Abend in den Griff zu bekommen, antwortete Aue mit dem 14:11 (21.) und 16:12 (24.). Dass Gummersbach kurz vor der Pause auf 16:18 (30.) verkürzte, war dann das Signal für den Start in die stärkste Phase – die zunächst das 19:19 (33.) brachte. Nur gut drei Minuten später hatte sich Gummersbach mit dem 23:19 (36.) den ersten nennenswerten Vorsprung erarbeitet, der tatsächlich als Basis für den späteren Erfolg taugen sollte. Übers 26:20 (40.) und 28:24 (45.) konnte der Spitzenreiter den Außenseiter durchgehend auf Distanz halten – 30:27 (48.), 31:28 (53.), 32:29 (54.). Durch die Treffer von Blohme zum 33:29 (57.) und 34:29 (58.) war der doppelte Punktgewinn des VfL endgültig unter Dach und Fach. Was die Gäste herzlich wenig kümmern wird: Für den Eintrag in ein Geschichtsbuch war der Auftritt nicht geeignet.

VfL Gummersbach: Nagy, Ivanisevic – Fanger, Vidarsson (1), Köster (10), Blohme (7/1), Häseler, Schneider (1), Herzig, Pregler (4), Dzialakiewicz, Santos (4), Kiesler (2), Stüber (1), Zeman (2), Bozovic (3/2).

TuSEM Essen – ThSV Eisenach 23:24 (7:10). Jamal Naji muss sich ein bisschen vorgekommen sein wie im falschen Film. Der Essener Coach hatte sich in der Woche noch gefreut, nach vielen Monaten endlich wieder den kompletten Kader für ein Meisterschaftsspiel aufbieten zu können. Sein Team war zum Anpfiff dann auch vollständig anwesend – doch jetzt fehlte Naji aufgrund eines positiven Corona-Tests. So vertrat ihn Co-Trainer Michael Hegemann, an dessen Auftritt es wohl am wenigsten lag, dass der TuSEM an diesem Abend zu spät in die Spur fand und den Gästen aus Thüringen insgesamt verdient die beiden Punkte überlassen musste. Dabei kämpften sich die Essener nach teilweise desaströsen 46 Minuten und einem 14:21 sogar zurück und hatten kurz vor dem Ende wieder etwas Zählbares vor Augen. Noah Beyer erzielte 38 Sekunden vor dem Abpfiff per Siebenmeter den 23:23-Ausgleich. Weil Eisenach die letzten Augenblicke der Partie mit zwei Mann weniger auf dem Feld stand, spekulierten viele TuSEM-Anhänger wohl sogar noch auf einen weiteren Ballgewinn und den möglichen Sieg. Doch es kam anders: Der ThSV spielte die Zeit zuerst sicher runter und mit der Schluss-Sirene probierte Fynn Hangstein aus zwölf Metern einfach einen finalen Schlagwurf, der zum 23:24-Endstand saß. So blieb die Essener Aufholjagd unbelohnt und Najis Team ist mit jetzt 33:27 Punkten Fünfter in einem breiten Mittelfeld – hinter dem TV Hüttenberg (33:25), aber vor der SG BBM Bietigheim (32:24). Es folgen vier Teams mit jeweils 31 Pluspunkten, sodass der Kampf um einen Platz im oberen Tabellendrittel wohl spannend bleiben dürfte.

Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase brachte Beyer die Hausherren per Siebenmeter ein letztes Mal in Führung – 4:3 (11.). Was folgte, war eine Aneinanderreihung von Pech und Fehlern, die in der Summe zu zwölf Minuten ohne Essener Treffer führten. Erst Beyer brach den Bann mit seinem 5:7 (24.), dem Eloy Morante Maldonado nur 41 Sekunden später das 6:7 folgen ließ (24.). Ein Startsignal zur Wende war der Doppelpack aber nicht, der TuSEM fand weder vor noch nach der Pause wirklich zurück ins Spiel. Die Gastgeber taten sich vor allem im gebundenen Angriff schwer – was nicht zuletzt an der stabilen Eisenacher Deckung lag. Erfolgreich war Essen vor allem über die Außenspieler Beyer und Felix Klingler. Gerade der Rechtsaußen hatte seine stärkste Phase nach dem 14:21 (47.), als er das 18:21 (53.), 19:21 (54.) und 21:22 (56.) jeweils per Tempogegenstoß besorgte. Klar: Den Grundstein für die Aufholjagd legten die Hausherren hier mit einer deutlichen Steigerung in der Abwehr. In der spannenden Endphase schien der TuSEM dann wieder viele Trümpfe in der Hand zu haben und nach Beyers Ausgleich wenigstens einen Punkt – bis Hangsteins Last-Minute-Treffer der Essener Party rüde den Stecker zog.

TuSEM Essen: Bliß, Diedrich (1) – Beyer (8/7), Ellwanger (1), Glatthard, Rozman (1), Dangers, Becher, Ignatow, Szczesny (2), Bergner, Müller (1), Firnhaber, Seidel, Morante Maldonado (3), Klingler (6).