22. April 2022 | Zurück zur Artikelübersicht » |
HG Remscheid – HC Weiden 26:34 (10:16). Grundsätzlich hätten die Remscheider alle oder wenigstens viele Vorteile auf ihrer Seite haben müssen. Unter anderem konnten sie ja davon ausgehen, dass ihnen das Heimrecht irgendwie entgegenkommen sollte. Weiden hatte schließlich fürs Nachholspiel eine rund 120 Kilometer weite Anreise von Würselen aus ins Bergische hinter sich zu bringen – was nicht unbedingt Handballers Traum an einem Mittwochabend sein dürfte. Der schwierige Transfer drohte den Abend dann sogar zu einem Albtraum werden zu lassen, weil der Bus des HC bei Köln – also praktisch auf halber Strecke – eine Panne hatte. Das Erlebnis schilderte Weidens Co-Trainer Marc Schlingensief: „Wir sind erst eine halbe Stunde nach dem offiziellen Spielbeginn angekommen und haben quasi eine Stunde später angefangen.“ Weiden also gehemmt? Das Gegenteil war der Fall. Das macht erstens die Remscheider Blamage komplett und wertet die Leistung der Gäste zusätzlich auf. „Wir kommen aus der Kabine und sind heiß. Wir hatten einen dicken Hals nach der ganzen Situation und schaffen es dann, den Remscheidern in der Abwehr den Schneid abzukaufen. Vorne haben wir meistens die richtigen Lösungen parat.“ Während sich der auf Rang acht verbesserte HC (17:21 Punkte) über zwei Zähler für mehr Sicherheit freuen durften, hängen über der HGR inzwischen ziemlich dunkle Wolken – denn die Mannschaft von Trainer Alexander Zapf ist gerade dabei, den bis vor einigen Wochen starken Gesamteindruck für die Regionalliga-Saison 2021/2022 komplett zu verspielen.
Es ist genau einen Monat her, dass die Welt für Zapf noch sehr in Ordnung war. Damals befand sich die HGR nach dem 34:25 am 23. März beim Titelkandidaten TV Korschenbroich im Stimmungshoch – aus dem sie sich anschließend schrittweise verabschiedete. Alles ging los mit dem 24:25 beim um den Klassenerhalt kämpfenden TV Rheinbach, das als Ausrutscher durchzugehen schien. Es folgten das 27:29 gegen den Tabellenführer Interaktiv.Handball, die 34:35-Niederlage im Krimi bei der TSV Bonn rrh. und ein 24:29 beim HC Gelpe/Strombach, dem direkten Konkurrenten um die Plätze vier und fünf hinter dem uneinholbar führenden Trio aus Interaktiv, Korschenbroich und TV Aldekerk. Diese Serie sollte sich doch im Saison-Endspurt mit fünf Heimspielen durchbrechen und den Rest wieder etwas freundlicher aussehen lassen, hofften alle. Doch es blieb bei der Hoffnung und in der Realität wurde es gegen Weiden eher noch schlimmer. Zapf redete auch gar nicht lange drumherum: „Wir haben uns heute absolut desaströs vorgestellt. Es waren gefühlt tausend kleine Fehler, die zum großen Ganzen geführt haben. Wir kriegen es nicht hin, dass wir irgendwie Zugriff aufs Spiel haben.“ Und weil den Remscheidern die Partie von Anfang an fremd war, stehen sie nun mit 22:22 Zählern bei einem gerade noch ausgeglichenen Konto und mittlerweile klar hinter dem Vierten Gelpe/Strombach (25:15). Sogar nach weiter unten muss die HGR blicken, weil sie bei anhaltender Krise weiter abzurutschen droht. Selbst der Elfte MTV Rheinwacht Dinslaken, der fünf Partien zurückliegt, befindet sich nach Minuspunkten (12:22) auf Augenhöhe. Die Klubs von Rang sechs (Neusser HV/20:16) bis zehn (OSC Rheinhausen/14:20) liegen inzwischen relativ günstiger.
Den besseren Start in die Partie erwischte bereits Weiden, das sofort hellwach wirkte – 2:0 (2.). Remscheid konnte mit dem 6:6 (15.) durch Kaan Taymaz ein einziges Mal den Ausgleich herstellen, ehe sich der HC übers 7:6 (16.) und 8:7 (18.) durch vier Treffer hintereinander zum 12:7 (21.) deutlicher absetzte. Die Antwort der HGR fiel mit dem 9:12 (24.) übersichtlich aus und die durchaus als Außenseiter geltenden Gäste bogen ab dem 14:10 (27.) schnell auf den Weg zum Sieg ein. Zur Pause hieß es 16:10 (30.), bevor Timo Flossbach und Lars Klinkenberg in der 32. Minute innerhalb von 29 Sekunden auf 18:10 erhöhten. Remscheid mühte sich ab, kam allerdings nicht mehr richtig auf die Beine – 14:20 (38.), 15:25 (41.). Beim 18:30 (51.) oder 19:31 (52.) betrug der Rückstand jeweils zwölf Tore und dass es bei der Schluss-Sirene „nur“ acht waren, konnte bei der HGR keinen trösten. „Wir verlieren gegen einen Gegner, der heiß ist und Bock hat“, stellte Zapf enttäuscht fest, „das ist richtig, richtig bitter. Das gilt es jetzt aufzuarbeiten. Es ist schwierig, ganz schwierig, eine schwierige Situation. Es scheint so, dass wir teilweise ein bisschen den Kopf verloren haben. Wir haben bisher eigentlich eine gute Saison gespielt. Durch so viele Kleinigkeiten verlieren wir unser Konzept, das zieht sich durch die Spiele durch. Wir müssen da schleunigst dran arbeiten. Leider haben wir wenig Zeit dazu, denn nächste Woche Mittwoch müssen wir wieder spielen. Das ist nicht optimal.“ Das Nachholspiel am kommenden Mittwoch (19.45 Uhr, Neuenkamp) gegen den Zehnten OSC Rheinhausen (14:20 Punkte) ist sowieso in erster Linie ein Versuch der Wiedergutmachung.
Weiden trat demgegenüber die späte Heimreise als echte Gute-Laune-Gesellschaft an. „Das war eine super Mannschaftsleistung“, urteilte Schlingensief, der den sonstigen Chefcoach Andreas Heckhausen vertrat (dessen Nachfolger er zur kommenden Saison wird). Herausheben wollte er in Adrian Bergerhausen (sieben Treffer) und Jonas Scheidtweiler (fünf) trotzdem die beiden erfolgreichsten Werfer des HC, der den weiteren Wochen bis zum Ende der Saison nun entspannter entgegensieht: „Das waren zwei wichtige Punkte für den Klassenerhalt. Wir hoffen, dass noch ein paar dazukommen. Ich bin super happy und stolz auf die Mannschaft.“ Auf die nächste Aufgabe am 30. April gegen den Tabellenführer Interaktiv freuen sie sich in Weiden jetzt erst recht.
HG Remscheid: Geske, Mathes – Heimansfeld (5), Pütz (1), Hertz (1), Luciano, F. Hinkelmann, Handschke (3), Jansen (3/2), Taymaz (6), Rath (6), Hermann (1).
HC Weiden: Hohl, Rüttgers – Wolff (1), Klinkenberg (4), Beckers (3), Scheidtweiler (5), Gerke, Eich (1), Kraus, Flossbach (5), Micke (2), Bergerhausen (7), Bock (3), Eissa (3).