2. Bundesliga
Gummersbacher Bauchlandung in Sachsen-Anhalt
VfL wirkt vor allem nach dem 29:24 hilflos, lässt sich überrennen und verliert beim Dessau-Roßlauer HV mit 32:33. Klarer Spitzenreiter bleibt er trotzdem.

Leute, hier läuft was schief: Trainer Gudjon Valur Sigurdsson (hockend) wirkte in Dessau ziemlich konsterniert. Auch Co-Trainer Anel Mahmutefendic, Tom Kiesler und Stepan Zeman (von links) konnten nur staunen. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Dessau-Roßlauer HV – VfL Gummersbach 33:32 (16:20). Jeder blamiert sich eben, so gut er kann. Das hat in erster Linie nichts damit zu tun, dass die Gummersbacher nach neun Spielen hintereinander mal wieder den Kürzeren zogen. Es war eher die Art und Weise, wie sich der Spitzenreiter und Fast-Aufsteiger bei den gefährdeten Hausherren vom richtigen Weg abbringen ließ – weil das nicht annährend was mit Erstliga-Tauglichkeit zu tun hatte. Der VfL, der zur Pause und kurz danach jeweils mit vier Treffern Differenz führte und etwas später sogar mit fünf Toren mehr vorne lag, wirkte in der zweiten Halbzeit zunehmend rat- und ideenlos – und er schien nicht daran zu glauben, dass ihm echte Gefahr droht. Für längere Zeit sah es ja auch tatsächlich so aus, dass erneut eine übersichtliche (Auswärts-) und oft uninspirierte Leistung reichen würde – wie am Freitagabend zum Auftakt der Dienstreise nach Sachsen und Sachsen-Anhalt mit dem 35:31 beim Letzten EHV Aue. Dass der Kampf um Meisterschaft und Aufstieg nach der überraschenden Niederlage noch einmal irgendwie eng wird, ist trotz allem nicht zu erwarten. Gummersbach liegt als Erster mit 48:12 Zählern weiter ziemlich klar vor der HSG Nordhorn-Lingen (40:18) und dem ASV Hamm-Westfalen (39:19). Es bleibt dabei: Der VfL kann sich auf dem Weg zurück in die Bundesliga höchstens selbst aufhalten. Wenigstens hat jetzt das Gipfeltreffen am kommenden Sonntag in der Schwalbe-Arena ein bisschen mehr Spannung. 

Der VfL legte durch Stepan Zeman das 1:0 (1.) und durch Julian Köster das 2:1 (3.) vor, geriet aber für die nächsten zehn Minuten schnell ins Hintertreffen – 3:5 (7.), 6:7 (12.). Nach dem 7:7 (14.) von Köster drohte beim 8:10 (18.) erneut Ungemach, doch Sigurdssons Team fand nun ein paar richtige Antworten. Übers 11:11 (20.) und 12:12 (22.) folgte die beste Phase der Gäste, die mit dem 19:15 (29.) und 20:16 (30.) doch auf den aus ihrer Sicht richtigen Weg einzubiegen schienen. Es war unter dem Strich der größte anzunehmende Irrtum an diesem Montagabend.

Mit dem 24:20 (35.) und 25:21 (36.) konnten sich die Gummersbacher weiter in ihrem Gefühl von Sicherheit einrichten, die jedoch schon beim Siebenmeter von Janko Bozovic zu wanken begann: Dass der Rückraumspieler die Chance aufs 26:21 nicht zu nutzen wusste, wirkte wie ein Signal für die spätere Wende, die der VfL nach dem 25:23 (40.) erneut abzuwenden schien – 27:23 (43.) nach dem von Lukas Blohme entschlossen verwerteten Tempogegenstoß, 29:24 (44.) nach dem Treffer von Ellidi Vidarsson. Was in den folgenden sieben Minuten passierte, ließ sich aber selbst beim besten Willen nicht nachvollziehen – weil Dessau gegen vorne wie hinten abwesende Gummersbacher vier Tore hintereinander zum 28:29 (47.) erzielte und jetzt dankend annahm, dass der VfL die Tür wieder ganz weit geöffnet hatte. Selbst das 30:28 (51.) des Favoriten konnte Dessau nicht mehr bremsen.

Diesmal folgten tatsächlich sechs Minuten, die sich erneut selbst beim besten Willen nicht nachvollziehen ließen – weil Gummersbach, offensichtlich überrascht von der ständig wachsenden Begeisterung des Außenseiters, ausgerechnet in der wichtigsten Phase der Partie gar nicht mehr stattfand. Dessaus Viererpack zum 32:30 (57.) konterte der Tabellenführer mit dem 31:32 (57.) und das 33:31 (58.) des HV durch Julius Fanger mit dem 32:33 (60.), doch der Rest der letzten Minute mit einer offenen Manndeckung war vor allem Verzweiflung. Bezeichnend: Gummersbach spielte im finalen Angriff tatsächlich seinen Rechtsaußen Blohme frei – genau eine Sekunde zu spät. Blohme wirkte dann, als hätte er das Spielgerät am liebsten in eine weit entfernte Ecke der Halle gedroschen – was sich nachvollziehen ließ. Die Gastgeber (Rang 15/25:31 Zähler) holten die beiden für ihren Kampf gegen den Abstieg wichtigen Punkte trotzdem verdient. Es war einfach der Lohn für Energie und Leidenschaft, die den Gummersbachern völlig abging.

VfL Gummersbach: Nagy, Ivanisevic – Fanger (3), Vidarsson (3), Köster (7), Blohme (7/2), Häseler, Schneider (2), Herzig, Pregler (1), Dzialakiewicz (1), Kiesler, Stüber, Zeman (1), Bozovic (6/6).