Regionalliga Nordrhein
Ein irrer Abend: Aldekerk zerlegt Korschenbroich
Der Tabellendritte zeigt durch das 42:27 im Spitzenspiel gegen den Zweiten eindrucksvoll, dass er ein heißer Aufstiegskandidat ist.

Über den Wolken: Aldekerks Kreisläufer Jonas Mumme (mit Ball) war selbst bei dem einen oder anderen Tempogegenstoß schneller als die Abwehr der Korschenbroicher (hier mit Philip Schneider/Nummer 43 und mit Steffen Brinkhues/17), die insgesamt oft schlecht aussah. (Foto: Michael Jäger)

TV Aldekerk – TV Korschenbroich 42:27 (17:14). Das Ergebnis auf der Anzeigetafel war keine Sinnestäuschung. Es stimmte. Und viel besser geht das in der Regionalliga auch nicht. Was ebenfalls stimmt: Die Aldekerker müssen sich nicht erst nach diesem Erfolg für den Rest der Saison ernsthaft mit der Rolle des ganz heißen Titelkandidaten beschäftigen. Kürzlich erst das 36:32 beim Spitzenreiter Interaktiv.Handball, jetzt dieser Triumph über den Zweiten Korschenbroich: Es waren zwei Kampfansagen der besonderen Art an die Konkurrenz. „Wir haben gegen die Gegner von oben eigentlich nie schlecht gespielt“, fand Trainer Nils Wallrath – was in einer Rückschau wohl als Untertreibung des Jahres auftauchen würde. TVK-Trainer Dirk Wolf, dem die Partie naturgemäß mit fortschreitenden Dauer überhaupt keinen Spaß mehr gemacht hatte, musste zwar kurz nach der Schluss-Sirene aus dem Halleninneren flüchten, um sich eben zu sammeln, brachte den Abend aber als fairer Verlierer sehr treffend auf den Punkt: „Aldekerk hat auch in der Höhe verdient gewonnen.“ Dabei war es  die größte Überraschung, wie das Team von TVA-Trainer Nils Wallrath in der zweiten Halbzeit über die Gäste hinwegfegte, die gleichzeitig von einer Verlegenheit in die nächste stolperten. Natürlich hatte dieses Resultat, mit dem keiner der Beteiligten auch nur ansatzweise rechnen konnte, durchaus spannende Folgen für den weiteren Kampf um die Meisterschaft. Vorne liegen weiter Interaktiv (34:8) und Korschenbroich (34:10), doch Aldekerk (jetzt 29:9) konnte sich ein Stück heranschieben und wird nun den Rest seines Mammutprogramms bis zum Saisonende mit viel Schwung in Angriff nehmen. Und sollten der TVK und der TVA später nach Punkten gleichauf liegen, hat Aldekerk sogar nach dem 27:33 aus der Hinrunde den in diesem Fall entscheidenden direkten Vergleich auf seiner Seite. Ganz nebenbei steht zurzeit als letztes Spiel im Terminkalender der Hausherren das Heimspiel gegen Interaktiv. Die Serie 2021/2022 steuert womöglich auf ein echtes Finale zu.

Mats Wolf eröffnete die Begegnung mit dem 1:0 (1.) für den TVK, der übers 3:1 (4.), 5:4 (7.) und 7:6 (10.) bis zum 8:7 (11.) immer wieder vorlegte. Erheblichen Sand ins Getriebe der Gäste streute anschließend zuerst der Einsatz von Marcel Görden auf der vorgezogenen Position in der Abwehr, ehe Thomas Jentjens mit dem 9:8 (14.) die erste Aldekerker Führung besorgte. An eine Temporeduzierung dachte im Übrigen niemand – obwohl die hohe Geschwindigkeit ein entsprechend hohes Risiko mit sich brachte. Folge: In der 16. und 17. Minute wechselte der Ball innerhalb von 60 Sekunden vier Mal den Besitzer. Nach dem 12:10 (21.) und 13:11 (22.) für die Gastgeber kam Korschenbroich mit dem 13:13 (23.) noch einmal zurück, ehe die letzte Minute die Blaupause für das abgab, was später verstärkt passieren sollte. Aus dem 15:14 (29.) für den TVA machte Jentjens das 16:14 (30.), ehe Keeper Paul Keutmann einen zu frühen Wurf des TVK abwehrte. Folge: Tempogegenstoß, 17:14 (30.) statt eventuell 16:15.

Der allgemeine Zusammenbruch des TVK vollzog sich anschließend innerhalb kürzester Zeit. Erst erhöhte Roman Grützner auf 18:14 (31.), ehe Kreisläufer Jonas Mumme nach einem Fehlwurf von Nicolai Zidorn im folgenden Gegenstoß schneller als alle Korschenbroicher war und auf 19:14 (32.) erhöhte. Kurz darauf folgte der wohl spektakulärste Treffer – in einer Partie, die offensiv viele sehenswerten Szenen bot: Rückraumspieler Julian Mumme passte an den Kreis, ohne überhaupt hinzuschauen. Dort fand er – natürlich – seinen älteren Bruder Jonas, der auf 20:15 (33.) stellte. Keine zehn Minuten darauf war die Angelegenheit entschieden, weil Aldekerk keinen Millimeter nachließ und in der Regel die richtigen Lösungen fand und weil Korschenbroich völlig überfordert aussah, sodass es ab dem 23:17 (37.) und erst recht ab dem 26:18 (40.) keinerlei nennenswerte Gegenwehr mehr gab. Weil mit dem 29:19 (42.) zum ersten Mal zehn Treffer zwischen den beiden Meisterschafts-Kandidaten lagen, war die Frage nach dem Sieger früh beantwortet. Zwei andere Fragen rückten in den Mittelpunkt: Würde Aldekerk das Resultat aus der Hinrunde tilgen können? Würde Aldekerk die 40 Treffer erreichen? Wallraths Mannschaft erfüllte beide „Vorgaben“: Erst baute es den Vorsprung konsequent weiter auf 13 Treffer aus – 34:21 (50.), 36:23 (53.). Mit dem 38:23 (55.) und 39:24 (56.) waren es bereits 15 Tore Differenz, bevor Philip Schneider für den TVK das 25:39 (57.) erzielte. Es dauerte genau 31 Sekunden, bis Jentjens zum 40:25 (57.) vollendete.

Aldekerk hatte in allen Bereichen Vorteile – hinten unter anderem mit Keeper Keutmann, der hinter einer richtig kompakten Deckung im Gegensatz zu seinen TVK-Kollegen Max Jäger und Stefan Graedtke viele Hände immer wieder an den Ball bekam. Vorne hätte in der Addition alleine die Ausbeute der überragenden Julian Mumme (acht Treffer) und Roman Grützner (sieben) zusammen mit den Toren von Jonas Mumme (acht) und Jentjens (sieben) bereits für einen Sieg gereicht. Tatsächlich hatte Aldekerk an diesem Abend allerdings gar keinen Schwachpunkt in seinen Reihen, während Korschenbroich wenig Gelungenes fand. „In den ersten 20 Minuten haben wir auf Augenhöhe gespielt“, fand Trainer Wolf, „später sind wir komplett eingebrochen. Die zweite Halbzeit war gar nichts.“ Nils Wallrath fand ebenfalls noch ein treffendes Urteil: „Toll, wie die Mannschaft das 60 Minuten durchgezogen hat. Wir hatten den größeren Willen.“ Widerspruch erntete er dafür selbst von den Korschenbroichern nicht.

Das Gute für Korschenbroich: Die Gelegenheit zur Wiedergutmachung kommt schnell. Erst wartet die Aufgabe am Sonntag beim MTV Rheinwacht Dinslaken (Elfter/14:24), die bereits schwierig genug wird. Anschließend steht am nächsten Dienstag das Nachholspiel bei Interaktiv auf dem Programm – als echte Gelegenheit, sich im weiteren Kampf um den Aufstieg noch einmal eindeutig zu positionieren. Aldekerk wird zunächst den Triumph über den TVK gründlich abhaken und die Rückkehr in die Wirklichkeit bewältigen müssen, weil sonst bereits am Samstag beim Neusser HV (Sechster/20:18) und am Dienstag darauf im Nachholspiel bei der TSV Bonn rrh. (Siebter/20:20) echte Gefahr droht. 

TV Aldekerk: Schoemackers, Keutmann – Jonas Mumme (8), Görden, Grützner (7), Greven, Plhak (3/1), Jentjens (7), Gentges (1), Küsters (4), Julian Mumme (8), Tebyl, Rutten (4), Linden.

TV Korschenbroich: Jäger, Graedtke – Schiffmann (7), Bark, Barwitzki (1), Brinkhues (2), Zidorn (3), Wolf (4), Tobae (1), Kauwetter, Biskamp (5/2), Neven (1), Schneider (3).