2. Bundesliga
Dormagen verpasst Happy End im Hagener Krimi
Nach dem 29:30 bei der Eintracht hat sich die Lage im Tabellenkeller wieder zugespitzt. Gummersbach macht Spiel gegen Ludwigshafen zur Aufstiegsfeier, TuSEM Essen muss nach Emsdetten.

Sturzgefahr: Patrick Hüter (halb liegend) und Mislav Grgic (Nummer 16) mussten den Abend in Hagen auf jeden Fall als sehr schmerzhaft empfinden. (Foto: Thomas Ellmann)

VfL Eintracht Hagen – TSV Bayer Dormagen 30:29 (19:17). Was am Ende als bittere Erkenntnis bleiben musste aus Dormagener Sicht: Da dürfte mehr drin gewesen sein. Und ein Sieg im Nachholspiel wäre nicht nur möglich, sondern mit dem Blick auf den weiteren Kampf um den Klassenerhalt auch enorm wichtig gewesen – weil parallel zur eigenen Niederlage der ebenfalls im Keller geführte TuS Ferndorf mit seinem 30:23 über den TV Hüttenberg überraschte und der TSV Bayer so wieder stärker unter Druck steht. Ganz hinten scheint der EHV Aue (19:47 Punkte) abgeschlagen zu sein, aber davor spitzt sich die Lage auf der Zielgeraden der Saison immer weiter zu. Dormagen belegt auf Platz 18 mit 23:43 Zählern weiter den ersten der drei Abstiegsplätze – vor dem TV Emsdetten (21:41) und Aue. Gerettet wären im Augenblick der TV Großwallstadt (17./24:40) und die auf Rang 16 vorgerückten Ferndorfer (26:40). Im Endspurt hat Dormagen mit den Partien am Samstag gegen den HC Empor Rostock (Rang 13/30:36), am 20. Mai bei TuSEM Essen, am 27. Mai gegen Aue, am 4. Juni bei der HSG Nordhorn-Lingen und am 11. Junivgegen Ferndorf trotzdem weiter intakte Chancen, die Serie zu einem Happy End zu führen.

Auf der Suche nach den Ursachen für die ebenso knappe wie letztlich unglückliche Niederlage müssten die Dormagener vor allen Dingen bei einigen Szenen aus der zweiten Halbzeit fündig werden. Nach dem frühen 1:0 (2.) von Alexander Senden gerieten die Gäste zwar bald ins Hintertreffen, kamen jedoch nach dem 4:7 (9.) zurück und waren in der Regel auf Augenhöhe unterwegs, sodass sie mit dem 12:11 (19.) von Ian Hüter erneut vorlegen konnten und mit dem 17:19 (30.) nach dem ersten Durchgang unverändert auf einen Sieg hoffen durften. Es folgten (von beiden Seiten) die wildesten Minuten des Abends, in denen Dormagen vom 20:22 (34.) vorübergehend gar keinen Zugriff mehr fand – 20:24 (37.), 21:25 (41.), 22:26 (45.). Was eindeutig fürs Team des Trainergespanns Peer Pütz/David Röhrig sprach: Aufgeben stand nicht auf der Tagesordnung.

Mit viel Einsatz und Willen kämpften sich die Dormagener, immer wieder angetrieben vom nimmermüden Ian Hüter, vom 24:27 (51.) auf 27:27 (53.) heran. Übers 27:28 (55.), 28:28 (55.) und 28:29 (56.) steuerte das Drama dann seinem Höhepunkt entgegen: Der TSV Bayer verlor erst zweimal kurz hintereinander den Ball (57./58.), ehe André Meuser nach einer Auszeit (58.) das 29:29 (59.) gelang. Julian Athanassoglou antwortete auf der Gegenseite mit dem 30:29 (60.) für die Eintracht und den Dormagenern rannte jetzt die Zeit weg. Drei Sekunden vor der Schluss-Sirene probierte es Sören Steinhaus – und blieb an Hagens Keeper Tobias Mahncke hängen. Es war ein bitteres Finale mit einer bitteren Erkenntnis.

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Meuser (5), Leitz, Senden (4), I. Hüter (6), Reimer (5), Grgic (2), Zurga, P. Hüter (2), Johannmeyer, Grbavac, Seesing (1), Steinhaus (1), Mast (3).

Im Oberbergischen haben sie in dieser Woche längst den Partymodus eingeschaltet. Erste Grundlage dafür war der 34:26-Erfolg des VfL Gummersbach am vergangenen Samstag bei der SG BBM Bietigheim, durch den die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson nicht nur ihre Spitzenposition auf beeindruckende Art und Weise zementierte – sondern zugleich mit 54:12 Punkten die ersehnte Rückkehr in die höchste deutsche Klasse vorzeitig unter Dach und Fach brachte. Dank ihres überragenden Torverhältnisses von plus 160 lag der VfL schon da so weit vor dem ASV Hamm-Westfalen (42:22/plus 35) und der HSG Nordhorn-Lingen (40:22/plus 23), dass ihm Meisterschaft und Aufstieg nicht mehr zu nehmen waren. Die ganz Vorsichtigen wollten allerdings lieber noch ein bisschen warten, bis nicht mal mehr absurd kleine Restzweifel bestanden – was dann am Dienstagabend der Fall war, weil Hamm beim TV Großwallstadt mit dem 27:27 einen Zähler abgab: Nun reichen die 43:23 Punkte auf gar keinen Fall mehr, um Gummersbach von einem der beiden ersten Plätze zu verdrängen. Und entsprechend euphorisch fiel anschließend der Jubel aller am Triumph Beteiligten im Oberbergischen aus.

Unter dem Strich ist der Boden dafür bereitet, dass das Heimspiel am Samstag gegen die Eulen Ludwigshafen (Rang 14/19:33 Punkte) etwas für Genießer werden kann. Erneut werden die ganz Vorsichtigen betonen, dass die Gummersbacher zwar Rang zwei in der Tasche haben, aber für die Meisterschaft noch einen letzten Punkt brauchen – weil ja Nordhorn-Lingen, inzwischen bei 42:22 Punkten und plus 28 Treffern angekommen, das Gummersbacher Torverhältnis durch entsprechend hohe Erfolge bei gleichzeitig entsprechend hohen VfL-Niederlagen aufholen könnte. Nun ist zwar sicher, dass die Schwalbe-Arena vor dem Spiel, während des Spiels und danach eine einzige Fanmeile sein wird – aber derart viel Bier oder Sekt können sie gar nicht ausschenken, dass Gummersbach zum Beispiel gegen Ludwigshafen schon mal mit zehn oder zwölf Toren Unterschied verliert. Die bisherige Heimbilanz des Erstliga-Rückkehrers? 16 Spiele, 16 Siege, 32:0 Punkte.

TuSEM Essen ist zwar als Sechster bei 35:29 Punkten längst nicht mehr mit irgendeinem Anspruch in Richtung Tabellenspitze ausgestattet, wird den Rest der Serie 2021/2022 aber kaum mit halber Kraft bestreiten können – und wollen. Das hat zunächst damit zu tun, dass sich Trainer Jamal Naji einen überzeugenden Abschied aus seinen zwei Jahren im Ruhrgebiet wünscht, bevor er ab der kommenden Saison beim Bundesligisten Bergischer HC die Nachfolge des zu den Rhein-Neckar  Löwen wechselnden Sebastian Hinz antritt. Im Zusammenarbeit mit seinem aktuellen Co-Trainer Michael Hegemann, der ab Juli der neue Chefcoach des TuSEM sein wird, will Naji auf der Zielgeraden so viele Punkte wie möglich sammeln –  was seiner natürlichen Einstellung und seiner Leidenschaft für den Sport entspricht. Ganz einfach wird der Weg bis zum Saisonschluss am 11. Juni beim HC Empor Rostock nicht, zumal die Essener in den vergangenen Wochen eher auf einer Berg- und Talfahrt unterwegs sind: Seit Anfang März wanderten übersichtliche 8:10 Zähler aufs Konto und zuletzt gab es in der Halle Am Hallo nach einer 15:13-Führung am Ende der ersten Halbzeit eine 26:30-Niederlage gegen den um den Klassenerhalt kämpfenden Dessau-Roßlauer HV (Platz 15).

Essen startet in den Endspurt am Samstag mit der Partie beim TV Emsdetten, der als Vorletzter mit 21:41 Punkten im Kampf um den Klassenerhalt dringend auf jeden einzelnen Zähler angewiesen ist – und vermutlich das Maximum an Einsatz aufbieten wird. Weiter geht es am 20. Mai bei den Dormagenern, zu denen Jamal Naji als früherer Jugend-Cheftrainer sicher eine besondere Verbindung hat, die er allerdings sicher zwischen 19.30 Uhr und etwa 21 Uhr ruhen lassen wird. Dass Bayer auf Rang 18 nach dem 29:30 am Mittwochabend in Hagen ebenfalls stark unter Druck steht, wird Naji erst nach im Anschluss an diese anderthalb Stunden wieder interessieren. Nach der Aufgabe gegen die SG BBM Bietigheim (Achter) am 25. Mai tritt Essen am 28. Mai die Dienstreise zum TV Großallstadt an – der auf Rang 16 zu den gefährdeten Klubs gehört. Den Abschluss bilden die Spiele am 3. Juni gegen den TV Hüttenberg (Fünfter) und am 11. Juni beim HC Empor Rostock (Platz 13).

Naji mag in seinen Überlegungen zum Schluss-Spurt nicht unterscheiden, ob es für den jeweiligen Gegner sportlich um viel geht – oder eventuell um etwas weniger. „Das ist für uns völlig irrelevant“, sagt der TuSEM-Coach. „es ist nicht unsere Aufgabe, da mit zweierlei Maß zu messen. Wir haben das Ziel, jedes Spiel zu gewinnen, auch wenn das natürlich schwer wird. Das gebieten einfach die Seriösität und der Drang, keine Wettbewerbsverzerrung zu tätigen. Es geht in dem Moment nur um uns, wir wollen diese sehr verrückte 2. Liga so gut wie möglich gestalten. Wenn wir am Ende Vierter, Fünfter oder Sechster werden, dann wollen wir das tun. Das ist uns lieber, als Achter oder Neunter zu werden. Jetzt am Wochenende spielen wir in Emsdetten – gegen eine Mannschaft, die sicherlich brennen wird. Da müssen wir emotional stabil bleiben. Ohne jegliche Diskussion ist es aber unser Ziel, da zu punkten.“ So schließt sich doch der Kreis: Das wird nur mit voller Kraft funktionieren.