2. Bundesliga
Naji gegen Pütz: Wenn die Freundschaft ruht
Trainer Peer Pütz und der TSV Bayer Dormagen brauchen jeden Punkt für den Klassenerhalt. Jamal Naji und TuSEM Essen gönnen ihnen das auch - aber nicht am Freitagabend.

Verstehen sich blind: Peer Pütz (stehend links) wird diesmal aber nur digitalen Kontakt mit David Röhrig (Offizieller C) haben. Die beiden Dormagener Trainer hoffen, dass sie mit ihrer Mannschaft auch in Essen die richtigen Lösungen finden. (Foto: Thomas Schmidt)

Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust. Oder vielleicht doch nicht? Jedenfalls nicht für die 60 Minuten am Freitagabend ab 19.30 Uhr in der Halle Am Hallo? Sicher ist, dass TuSEM Essen gegen den TSV Bayer Dormagen kein ganz und gar gewöhnliches Handballspiel wird. Das wiederum hat zuerst mit Jamal Naji zu tun, der bis vor ungefähr zwei Jahren im Dormagener Nachwuchsbereich gearbeitet hat – und zwar auf einem derart hohen Niveau und mit so viel Erfolg, dass ihn die Essener als Nachfolger von Jaron Siewert (nach Berlin) ins Ruhrgebiet holten – das er am Ende der laufenden Serie wieder verlassen wird, um als Nachfolger von Sebastian Hinze (zu den Rhein-Neckar Löwen) den Cheftrainer-Posten beim Bundesligisten Bergischer HC zu übernehmen. Sein Co-Trainer dort wird? Peer Pütz, der seit Januar bei den Dormagenern als Nachfolger des damals entlassenen Dusko Bilanovic die Mission Klassenerhalt leitet – und das seit einiger Zeit mit durchaus beachtlichem Erfolg. Dabei hat sich die Lage für den TSV Bayer inzwischen erheblich verbessert, aber genauso sicher hat er bei Weitem noch keine Sicherheit, zumal immer wieder Ergebnisse passieren, die Pütz und sein Team selbst gar nicht beeinflussen können. So gewann der TV Großwallstadt am Mittwochabend sein Nachholspiel gegen den TV Emsdetten mit 35:26, sodass der TSV Bayer im engen Tabellenkeller wieder einen Abstiegsplatz belegt. Hinter den Eulen Ludwigshafen, die mit ihren 29:37 Punkten sicher aussehen, gibt es ein dichtes Gedränge zwischen Großwallstadt, dem TuS Ferndorf (beide 26:42), Dormagen (25:43), dem TV Emsdetten (21:45) und dem EHV Aue (21:47). Drei dieser fünf Mannschaften werden am 11. Juni als Absteiger feststehen und den Weg in die 3. Liga antreten müssen.

„Die Situation ist immer noch schwierig. Wir haben uns aber eine ordentliche  Ausgangslage erarbeitet“, sagt Pütz, der sich sonst natürlich regelmäßig mit Naji allgemein über alle den Handball betreffenden Dinge austauscht und über das, was den jeweils anderen gerade beschäftigt. Einer seiner wichtigsten Bausteine für den restlichen Abstiegskampf: Dormagen wirkt selbstbewusster und stabiler als früher und lässt sich von Rückschlägen nicht schnell aus der Bahn werfen. Den besten Beleg dafür gab es jüngst mit dem 31:23 über den HC Empor Rostock nur drei Tage nach dem bitteren 29:30 beim VfL Eintracht Hagen. Auf seinen erkrankten Co-Trainer David Röhrig, der als Chefcoach der zweiten Mannschaft auch fürs Meisterschaftsfinale in der Oberliga Mittelrhein am Samstag gegen die HS Refrath/Hand ausfällt, muss Pütz zwar verzichten, aber die Dormagener wollen alle technischen Möglichkeiten. Röhrig – eigentlich gleichberechtigter Bestandteil des Trainerduos – soll als rechte Hand bei Bedarf aus der Distanz seine Sicht der Dinge einstreuen und konstruktive Hinweise geben. 

Naji auf der anderen Seite hat selbstredend die Dormagener Steigerung registriert und er weiß sehr genau um das Dilemma, in dem sein Freund Peer Pütz steckt. „Natürlich ist das kein Spiel wie jedes andere, aber am Ende des Tages ist es einfach meine Aufgabe und das ist der Professionalität geschuldet und den Anspruch habe ich an mich selber, dass Freundschaften oder Beziehungen zu Dormagen in den 60 Minuten ruhen müssen. Ich weiß, dass die unbedingt Punkte brauchen, aber wir haben eine Verantwortung uns und unseren Fans gegenüber. Wir wollen alles investieren, um die zwei Punkte zu Hause zu halten. Wenn Dormagen am Ende die zwei Punkte fehlen sollten, wovon ich nicht ausgehe, ist das nicht die Schuld von TuSEM Essen. Dann hätte der TSV die woanders holen müssen. Wir haben den Anspruch, das Spiel zu gewinnen – gegen eine wirklich deutlich, deutlich verbesserte Dormagener Mannschaft, die im Vergleich zur Hinrunde eine viel bessere und kreativere Spielidee hat.“ Keine Frage: Mehr als diese vollkommen ernst gemeinten Komplimente werden die Dormagener in der Halle Am Hallo nicht erwarten dürfen, zumal TuSEM (37:29 Punkte) von Rang sieben aus liebend gerne den ThSV Eisenach (41:27), den TV Hüttenberg (40:28) und die SG BBM Bietigheim (37:29) auf den Plätzen vier bis sechs angreifen würde.

Aus sportlicher Sicht durch mit seiner Saison ist der Meister und Bundesliga-Rückkehrer VfL Gummersbach (56:12 Punkte), der das vergangene Wochenende rund ums Heimspiel gegen die Eulen Ludwigshafen (32:21) zu einer rauschenden Feier nutzte. Für die restlichen vier Spiele kommt es nun vor allem darauf an, wie ernsthaft das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson die jeweilige Aufgabe nimmt. Der Endspurt beginnt am Freitagabend beim HC Elbflorenz Dresden (Achter), ehe am 27. Mai die DJK Rimpar Wölfe (Elfter) in die Schwalbe-Arena kommen und am 4. Juni das Derby beim TuS Ferndorf (Rang 17) auf dem Programm steht – ein Duell, das durchaus brisant sein dürfte, weil die Ferndorfer mitten im Kampf gegen den Abstieg stecken. Mit dem letzten Einsatz am 11. Juni gegen den HSC Coburg (Zwölfter) endet die Saison und möglicherweise gelingt dem VfL ja die perfekte Serie in eigener Halle: Die 34:0 Punkte aus bisher 17 Heimspielen sind eine Welt für sich in der 2. Bundesliga – wie im Übrigen die 22:12 Punkte auswärts, das Torverhältnis von plus 171 oder die 1099 eigenen Treffer. Dass in der Abwehr der eine oder andere Verein etwas besser aussieht, werden sie im Oberbergischen verkraften können.