08. Juli 2022 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Sie gehen nicht zum ersten Mal darüber hinweg, dass dies nicht ihr Aufgabenbereich ist. Dass sie sich nur um den Handball und dessen Förderung zu kümmern haben – was doch Anspruch genug ist. Dass in diesem Sommer der Ende 2021 abgesagte und dringend nachzuholende Verbandstag im Handball-Verband Mittelrhein wirklich stattfinden soll, hatten sie noch dazu lange genug für sich behalten: Nix zu hören, nix zu sehen, nix zu lesen außerhalb des engeren Zirkels. Ob sie Sorge davor hatten, dass sich Scharen von dem Sport zugetanen Menschen auf den Weg machen würden, um sich an Ort und Stelle zu informieren oder gar Fragen zu stellen? In einer am 30. Juni auf seiner Webseite veröffentlichten Meldung hat der HVM nun sogar mehrere Katzen aus dem Sack gelassen. Erstens: Es gibt ihn. Den Verbandstag. Am Samstag, 9. Juli. Wir ergänzen: Wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautet, in Jülich. Zweitens: Der Mittelrhein hat im so genannten Vorfeld erneut für Wirbel gesorgt, weil er in einem eigenartig wirkenden Verfahren aus der Veranstaltung einen geschlossenen Kreis machen wollte – und damit offensichtlich durchgekommen ist. Die Überschrift: Fast alle müssen draußen bleiben, rein dürfen eher wenige. Die Nachricht im Wortlaut: „Aufgrund der immer noch virulenten Lage im Rahmen der Corona-Pandemie sieht sich der HVM in der Pflicht, die Modalitäten des Verbandstages anzupassen. Ziel ist es dabei, den Verbandstag in Präsenz durchzuführen und die Risiken einer möglichen Ansteckung und Verbreitung des Coronavirus auf ein Minimum zu beschränken. Zur Teilnahme am Verbandstag werden daher nach erfolgtem entsprechenden Beschluss nach § 30 der Satzung des HVM nur die stimmberechtigten Mitglieder des Verbandstages sowie bereits persönlich angeschriebene und eingeladene Funktionsträger*innen und Ehrengäste zugelassen.“ Es ist nichts anderes als das, was unter „Ausschluss der Öffentlichkeit“ eher für noch mehr Diskussionen zu sorgen geeignet ist.
Die vergangenen Wochen waren in diesem Zusammenhang einigermaßen wirr. Eine der kursierenden Formulierungen: Der Verbandstag habe eben diesen Ausschluss so abgestimmt – also jenes Gremium, das erst am 9. Juli tagen soll. Natürlich ergaben sich daraus Diskussionen darüber, wie das denn wohl möglich sein könnte. Inhaltlich standen ebenfalls Fragen im Raum. Einen deutlichen Gegen-Standpunkt entwickelte trotzdem bloß der Kreis Aachen/Düren, der die Angelegenheit/Vorgehensweise vorübergehend sogar juristisch überprüfen lassen wollte, weil ihm weder der Hinweis auf den Infektionsschutz noch das Zurückziehen hinter verschlossene Türen als tragfähiges Argument ausreichten. Zu einer harten Konfrontation kam es am Ende aber nicht, weil die Aachener/Dürener darauf verzichteten. Die HVM-Verantwortlichen um den Vorsitzenden Lutz Rohmer hätten schließlich den Ausschluss der Öffentlichkeit spätestens am Anfang der Versammlung ganz offiziell beantragen können – und mutmaßlich eine wiederum klare Mehrheit bekommen. Das gehört ja zu den wirklich erstaunlichen Tatbeständen: Rund 80 Prozent der Delegierten aus den Kreisen Bonn/Euskirchen/Sieg, Köln/Rheinberg, Oberberg und Aachen/Düren segneten den Plan in einer Umfrage ab – mit insgesamt 24:5 Stimmen. Kein Wunder: Die Gegenstimmen kamen aus Aachen/Düren. Dessen Rechtswart Bernd Biermann, von Hause aus Jurist, begründet den Verzicht auf Rechtsmittel: „Es bringt nichts. Wir wollen auch in Zukunft zusammenarbeiten.“ Verständnis bringt er für die Entwicklung trotzdem nicht auf – und besser lässt sich der gesamte Fall kaum zusammenfassen. „Wir brauchen mehr Transparenz“, betont Biermann. Es ist vermutlich kein Zufall, dass der § 30 in der HVM-Satzung genau das fordert: „Der Verbandstag ist öffentlich.“ Es folgt allerdings jene Passage, die nun zur Anwendung kommt: „Die Öffentlichkeit kann durch einfachen Mehrheitsbeschluss ausgeschlossen werden.“
Der Katalog an Fragen, der – weil er den Handball im Kern und damit alle Handballer betrifft – zu stellen wäre, fällt umfangreich aus. Wie sieht es denn mit dem geplanten Zusammenschluss der Verbände Mittelrhein und Niederrhein aus, die doch dem Vernehmen nach zum 31. Dezember 2022 über die Bühne gehen soll? Wie sieht es denn mit dem daraus entstehenden neuen Handball-Verband Nordrhein aus? Wie sieht es denn mit der Umsetzung in die Praxis aus? Wie sieht es denn mit der Neu-Einteilung der Klassen aus? Wie wird aus der aktuellen Regionalliga Nordrhein die künftige Oberliga Nordrhein? Wer bekommt Zugang zur darunter angesiedelten Klasse, die konsequenterweise in Verbandsliga umzubenennen wäre? Wie viele Gruppen gibt es dort? Wie werden Aufstieg und Abstieg geregelt? Wie viele Vereine/Mannschaften verlassen die Verbandsebene und gehen zurück in den Kreis? Die öffentlich geführte Diskussion darüber und die Antworten darauf gehen alle an. Sie ist das eigentliche Kerngeschäft eines Verbandes. Warum das im Wissen darum unterbleibt, ist eine gute Frage. Es möge sich jeder seine Gedanken dazu machen. Dem Handball tut es jedenfalls nicht gut.