3. Liga
Volle Kraft voraus: Opladen ist bereit fürs nächste Abenteuer
TuS 82 will Kampf um den Klassenerhalt wieder mit mannschaftlicher Geschlossenheit bestehen. Der Kader ist in der Breite stärker geworden.

Beschwörungsformel: Trainer Fabrice Voigt sieht die Opladener vor einer schwierigen Saison – und mit der richtigen Einstellung natürlich eine gute Chance für den Klassenerhalt. (Foto: Herbert Mölleken)

Sie leben ihren Traum. Immer noch. Aber sie sind keine Träumer, auch knapp zweieinhalb Jahr später nicht. Am 7. März 2020 verabschiedete sich der TuS 82 Opladen mit einem 28:28-Unentschieden bei der SG Ratingen 2011, die vor einiger Zeit den Firmennamen Interaktiv.Handball angenommen hat, aus der Regionalliga. Die Meisterschaft wurde damals pandemiebedingt abgebrochen und das Team von Trainer Fabrice Voigt als klarer Tabellenführer der Saison 2019/2020 verdient in die 3. Liga befördert. Darauf waren alle heiß – und nach dem Start ins Abenteuer entsprechend enttäuscht. Die Opladener mussten beim Debüt in der höheren Klasse eine ziemlich enttäuschende 26:32-Niederlage beim VfL Gummersbach II hinnehmen. Noch enttäuschender: Der TuS 82 kam nach jenem missglückten Auftakt vom 18. Oktober 2020 nicht mehr zu einer Korrektur. Wenig später war die Serie 2020/2021 vorbei, bevor sie richtig begonnen hatte. Fast ein Jahr lang musste der Aufsteiger warten, bis er sein wirklich vorhandenes Potenzial zeigen konnte – in einer neuen Gruppe, in einem neuen Modus, unter vielen Herausforderungen.

Das 24:22 vom 4. September 2021 gegen die SG Menden Sauerland Wölfe war der Start zu einer Serie von fünf Siegen hintereinander und der TuS 82 richtete sich vorübergehend ganz weit oben ein – als Hecht im Karpfenteich, der für die beiden Favoriten HSG Krefeld-Niederrhein und SG Schalksmühle-Halver reserviert sein sollte. Auf dem Höhepunkt ihres Schaffens standen die Opladener sogar an der Tabellenspitze und mit dem Kampf um den Klassenerhalt hatten sie nie etwas zu tun. Genau deshalb war unter anderem in den letzten Wochen erkennbar die Luft raus, sodass es auf der Zielgeraden in fünf Spielen noch fünf Niederlagen gab und aus den einst 25:5 Zählern unter dem Strich 25:15 Zähler entstanden. Der TuS 82 kam hinter Krefeld (33:7), den Dragons (32:8), dem Longericher SC (26:14) und Gummersbach (25:15) durchs Ziel, aber als Fünfter vor den Bergischen Panthern (25:15). Dass es mit dem lange durchaus möglichen Rang drei doch nichts wurde, konnten Trainer und Team mit etwas Abstand halbwegs gefasst tragen. Aber im letzten Abschnitt der insgesamt starken Serie 2021/2022 lagen ein paar Hinweise versteckt – darauf, was auf den TuS 82 beim nächsten Mal zukommt, und darauf, welche Hausaufgaben er sorgfältig erledigen sollte, um auf die neuen Herausforderungen entsprechend vorbereitet zu sein.

Beim spielenden Personal sehen sich die Opladener nun noch besser aufgestellt als zuletzt – obwohl einstige Stützen wie Keeper Nils Thorben Schmidt (VfL Eintracht Hagen II) oder Kreisläufer Hendrik Rachow (Karriereende) nicht mehr an Bord sind. Für den Posten zwischen den Pfosten kam dafür der 19 Jahre junge österreichische Junioren-Nationalspieler Louis Oberosler (TuS Fürstenfeldbruck), der dem Bundesligisten Bergischer HC „gehört“ und mit einem Zweitspielrecht ausgestattet ist. Zum Paket gehören zudem die Rückkehr von Fynn Johannmeyer (Bayer Dormagen) für den Rückraum sowie die Zugänge von Max Hinrichs (Dormagen) für Linksaußen, Jonas Leppich (Bergischer HC II) für den Kreis und Emil Kübler (A-Jugend HC Düsseldorf) für Rechtsaußen. Eine Art Glücksgriff gelang den Verantwortlichen dann kürzlich unmittelbar vor dem Beginn der Vorbereitung – und eine bislang offene Position ist nun durchaus prominent besetzt. Die hatte grundsätzlich bereits in der vergangenen Saison der vom Drittligisten SG Leutershausen gekommene Philipp Jäger übernehmen sollen, der allerdings seine  Comeback-Versuche nach zwei überstandenen schweren Verletzungen (Achillessehne, Kreuzband) und einem erneuten Rückschlag (Kreuzband) aufgeben musste. Verbunden bleibt Jäger den Opladenern als neuer Trainer der zweiten Mannschaft (Oberliga) trotzdem. Sein Nachfolger in der Spielmacher-Rolle ist der aus Gummersbach stammende Julius Schröder, der aus der Jugend der Füchse Berlin zum EHV Aue in die 2. Bundesliga wechselte und in der Saison 2021/2022 in Schwerin bei den Mecklenburger Stieren in der 3. Liga unter Vertrag stand. „Er wird unser Spiel noch variabler machen und uns sicherlich mit seiner Erfahrung auf diesem Niveau weiterhelfen“, findet Markus Sonnenberg, der spielende Sportliche Leiter der Opladener.

Weiterhelfen heißt nicht, dass die Mannschaft etwa nach den Sternen greifen soll. Der TuS 82 sucht „nur“ seinen festen Platz in der 3. Liga und er weiß ganz gut, dass er dabei vor einem zu hundert Prozent nicht einfachen Unterfangen steht. Kurzformel: Das zweite Jahr nach dem Aufstieg (das im Grunde das dritte ist) dürfte erheblich schwieriger werden. Ein Grund: Alle kennen die Opladener, keiner wird sie mehr unterschätzen. Ein anderer: Es besteht nicht der Hauch einer Garantie darauf, erneut einen Traumstart zu erwischen. Alles das ist rund um die Bielerthalle bekannt und bei allen fest in den Gedanken verankert, doch auf der anderen Seite herrscht eine ordentliche Portion Optimismus – gepaart mit einer wiederum riesigen Freude darauf, erneut das Abenteuer 3. Liga angehen zu dürfen. „Für uns spricht die mannschaftliche Geschlossenheit“, sagt Markus Sonnenberg, „und die Qualität in der Breite.“ Keine Frage ist für ihn, dass bisheriger Kader und neue Leute schnell eine echtes Team bilden werden: „Die ersten Einheiten waren vielversprechend. Alle haben Bock, voll anzugreifen.“ Das trifft sich auch deshalb gut, weil es bis zum Saisonstart am ersten September-Wochenende eine Vorbereitung ohne weitere Pause gibt.

Wer in der Gruppe West der 3. Liga als Aufstiegsfavorit in Frage kommt? Nicht nur für Sonnenberg deutet alles auf den Zweitliga-Absteiger TV Emsdetten hin, der jüngst durch die Verpflichtung von Nationalspieler Tobias Reichmann (zuletzt MT Melsungen) für eine besonders spektakuläre Nachricht sorgte und fast gar nicht anders kann, als direkt wieder aufzusteigen. Dahinter werden sich übliche Verdächtige wie die HSG Krefeld Niederrhein um den zweiten Platz für die Aufstiegs-Qualifikation bewerben wollen, während Zweitvertretungen wie ASV Hamm-Westfalen II, TSV GWD Minden II oder Team Handball Lippe II wie immer kaum einzuschätzen sind. Der TuS 82 freut sich besonders auch auf Duelle mit den Longerichern, den Bergischen Panthern oder dem Aufsteiger TV Aldekerk. Insgesamt wartet in der Gruppe aus 14 Mannschaften, von denen drei sicher absteigen (der Viertletzte muss vermutlich in eine Abstiegsrunde), ein 26 Spiele umfassender Kampf um den Klassenerhalt, den die Opladener so gut wie möglich bestehen wollen. Sie leben eben ihren Traum. Immer noch.