Regionalliga Nordrhein
Viele Wechsel: Weiden und der spannende Umbruch
Marc Schlingensief ist als Nachfolger von Andreas Heckhausen der neue Chefcoach. Identifikationsfiguren wie David Rüttgers und Marcel Habisch sind nicht mehr dabei. Der neue Kader ist im Schnitt 23 Jahre jung.

Da steht es geschrieben: Marc Schlingensief (rechts) hat als neuer Chefcoach die Regie beim Regionalligisten HC Weiden übernommen. Im Projekt Umbruch ist Niclas Eich (Nummer 6) weiter an Bord, während Simon Bock (links) zurück zum Lokalrivalen Aachen wechselt. (Foto: Thomas Schmidt)

Die Saison 2021/2022 ist seit dem 30. Juni Geschichte. Für viele Vereine und Teams bringt die kommende Spielzeit viele Neuerungen – auch für den Regionalligisten HC Weiden. Marc Schlingensief ersetzt den langjährigen Trainer Andreas Heckhausen und soll neuen Schwung in die erste Mannschaft bringen. Mit 23:29 Punkten und dem neunten Platz in der Abschlusstabelle konnte der HC dabei nach einem schwierigen Saisonbeginn durchaus zufrieden sein. Gerade nach dem Jahreswechsel holte Weiden entscheidende Punkte und verabschiedete sich frühzeitig aus dem Abstiegskampf. Doch vieles bleibt jetzt nicht beim Alten.

Zu den bekannten Gesichtern gehört Marc Schlingensief, der seit mehr als zehn Jahren beim HC Weiden aktiv ist – von 2008 bis zur Fusion 2018 selbst als Spieler und bereits seit 2013 als Trainer der Verbandsliga-Damen, mit denen er unter anderem zwei Aufstiege verzeichnete. Nach zwei erfolgreichen Saisons in der Regionalliga Nordrhein sollte eine neue Aufgabe her und Schlingensief bekam die Möglichkeit, als Co-Trainer von Andreas Heckhausen zu arbeiten. Nachdem sich dann herauskristallisierte, dass es mit Heckhausen nicht weitergehen würde, kamen die Verantwortlichen des Vereins auf den B-Lizenzinhaber Schlingensief zu – und nach kurzer Bedenkzeit war alles in trockenen Tüchern: Schlingensief ist der neue Chefcoach des Regionalliga-Teams. Ein ganz neues Konzept will er dort allerdings nicht etablieren: „Es wird eine gute Mischung.“ Schlingensief will vorhandene und erfolgreiche Spiel-Anlagen mit neuen Einflüssen verknüpfen, um unter anderem mehr Variabilität in der Deckung zu schaffen. Die junge Mannschaft soll ballorientierter verteidigen und das schnelle Spiel direkt einleiten.

„Die Grundlagen-Ausdauer haben die Jungs bereits in der aktiven Pause geschaffen“, stellt Schlingensief erfreut fest, „die Jungs haben Bock.“ In neun Wochen mit intensiven athletischen sowie taktischen Einheiten mit vielen Testspielen und Turnieren sollen bis zum Ende der Vorbereitung alle Automatismen greifen, sodass der HC am Ende für das schwierige Auftaktprogramm gewappnet ist. Hier geht es zum Auftakt am 3. September gegen den hoch eingeschätzten Aufsteiger HSG Refrath/Hand. Es folgen die Partien bei Interaktiv.Handball (10. September), gegen die HG Remscheid (17. September) und beim TV Korschenbroich (24. September). Generell sieht Schlingensief in der Regionalliga ein starkes und ausgeglichenes Feld: „Oft wird auch einfach die Tagesform entscheiden. Jeder kann in dieser Liga jeden schlagen.“

Veränderungen gab es in Weiden nicht nur auf Trainerbank: Der Kader wurde deutlich verjüngt und er gehört nun mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren zu den jüngsten der Liga. Zahlreichen Abgängen stehen viele noch entwicklungsfähige Neuzugänge gegenüber. In Simon Bock verlässt den HC Weiden ein wurfgewaltiger Spieler und einer der Haupttorschützen nicht nur in der abgelaufenen Saison: Linkshänder Bock kehrt zum Lokalrivalen BTB Aachen zurück. Die dadurch entstandene Lücke im rechten Rückraum will Schlingensief durch taktische Konzepte schließen – vorwiegend mit drei Rechtshändern auf dieser Position. Zwei absolute Identifikationsfiguren haben den HC ebenfalls verlassen: David Rüttgers (Torhüter) und Marcel Habisch (Linksaußen). Rüttgers gilt nicht nur für den neuen HC-Coach als „echte Figur im Dorf“. Er sei der „emotionale Leader der Mannschaft“ und gerade auch außerhalb des Feldes enorm wichtig. Nicht mehr das Trikot der Weidener werden zudem Stefan Kuck (neuer Co-Trainer) und Christoph Flöck überstreifen.

Keeper Rüttgers wird nicht einfach zu ersetzen sein, doch für seine Position fand der HC bei TuSEM Essen eine Lösung, denn in Elias Tombach kommt ein Spieler mit viel Potenzial in die Mannschaft. Tombach soll mit Tobias Bayer das neue Torhütergespann bilden. Einsätze in der A-Jugend-Bundesliga sowie regelmäßige Trainingseinheiten mit der ersten (2. Bundesliga) und zweiten Mannschaft (3. Liga) der Essener lassen erahnen, dass der junge Keeper über viel Qualität verfügt. Ebenfalls aus einem Leistungszentrum wechselt der bereits früher beim HC aktive Ivan Debye zurück nach Weiden. Debye wird vorwiegend für die A-Jugend auflaufen und zum Perspektivkader der ersten Mannschaft gehören. Von Schwarz-Rot Aachen aus der Oberliga Mittelrhein haben gleich zwei Handballer den Weg zum HC gefunden. In Paul Fiedler kommt ein sehr kompletter Spieler, der in Offensive und Defensive eine zentrale Rolle einnimmt. Weitere Verstärkung gibt es mit Tim Bösel, der die beiden Kreisläufer Timo Flossbach und Timo Wolff entlasten und gleichzeitig den nächsten Schritt in seiner Entwicklung schaffen soll. Zusätzlich hat in Tim Meurer ein Spieler aus der zweiten Mannschaft den Sprung ins Regionalliga-Aufgebot geschafft. „Er hat sich durch gute Leistungen empfohlen und soll von Ben Beckers lernen“, sagt der neue Cheftrainer.

Die Weidener haben insgesamt eine junge Mannschaft zusammen, die trotzdem über genügend Erfahrung verfügt. Alle zusammen gehen mit großem Ehrgeiz in die Saison, aber ihnen ist gleichzeitig bewusst, dass der Umbruch eine Investition in die Zukunft ist und das Projekt eher mittel- bis langfristig die erhofften Ergebnisse liefern soll/wird. Gerade die jungen Spieler bekommen hier den zur Entwicklung notwendigen Raum. Es wird sich zeigen, wo die Truppe von Marc Schlingensief in einer starken Regionalliga ihren Platz finden kann.