1. Bundesliga
Babak und Johannesson tragen BHC zum Erfolg
Das 32:28 gegen Lemgo war für leidenschaftlich kämpfende Gastgeber verdient. Nächste Woche geht es nach Hamburg. Aufsteiger Gummersbach ist am Sonntag in Wetzlar gefordert.

Löwenstark: Simen Schönningsen (Mitte) musste für seine vier Treffer manchmal auch den direkten Kontakt mit Lemgos Abwehr um Tim Suton (links) und Gedeon Guardiola (rechts) in Kauf nehmen. (Foto: Michael Jäger)

Bergischer HC – TBV Lemgo Lippe 32:28 (17:13). Das sieht nach dem vierten Spieltag auf den ersten Blick aus wie das reine Mittelmaß: Platz neun, 4:4 Punkte, 111:111 Tore, auswärts und zu Hause jeweils eine Niederlage und ein Sieg. Trotzdem sorgten die meisten der offiziell gezählten 1842 Fans in der Klingenhalle schon vor dem Abpfiff für Karnevalsstimmung – ein Beleg für die riesengroße Erleichterung über zwei extrem wichtige Zähler und eine Belohnung für eine intensiv geführte Partie der Gastgeber. Die haben zwar in dieser Saison nicht vor, nach oben anzugreifen, aber sie haben auch nicht vor, sich zu irgendeinem Zeitpunkt in den direkten Kampf um den Klassenerhalt verwickeln zu lassen. Darum ist ja der Blick in den Rückspiegel aktuell beruhigend: Lemgo hängt nun weiter ohne Sieg auf Rang 13 und dahinter folgen fünf weitere Klubs mit einem noch komplett leeren Konto. Kein Wunder: BHC-Trainer Jamal Naji war mehr als nur einverstanden mit dem Lauf des Abends: „Die zwei Punkte tun uns natürlich gut, aber mir hat auch die Art und Weise, wie wir heute agiert haben, sehr gut gefallen.“ Einen eher sehr traurigen Eindruck machte auf der anderen Seite der Kollege Florian Kehrmann, der mit dem TBV im Juni 2021 durch den denkwürdigen 29:28-Sieg (nach 11:18 zur Halbzeit) über den THW-Kiel den DHB-Pokal gewonnen hatte. „Glückwunsch an den BHC für den verdienten Sieg. Von der Körpersprache wollte er die zwei Punkte heute einfach ein bisschen mehr“, fand Kehrmann. Dass der Erfolg in Ordnung ging, war tatsächlich unstrittig. Und dass Najis Team über 60 Minuten leidenschaftlich unterwegs war, stimmte ebenfalls.

Einer der wesentlichen Faktoren, die das Pendel schnell zugunsten des BHC ausschlagen ließen: Keeper Peter Johannesson, just zu dieser Saison aus Lemgo ins Bergische gewechselt, gewann das Torhüter-Duell um Längen. Das begann früh in der ersten Halbzeit, als der Schwede gegen die frei vor ihm auftauchenden Gedeon Guardiola (6.) und Samuel Zehnder (9.) rettete. Das setzte sich früh in der zweiten Halbzeit fort, als Niels Versteijnen (34.) und wiederum Zehnder (36.) auf ähnliche Art scheiterten. In der Bilanz des Schlussmanns stand später eine Quote von 32,35 Prozent an abgewehrten Würfen, während bei Lemgo der zunächst zwischen den Pfosten stehende Urh Kastelic gar keine Hand an irgendeinen Ball bekam und Finn Zecher bei übersichtlichen 19,05 Prozent landete. Nicht mal enthalten in Johannessons Bilanz waren Szenen wie der Gegenstoß-Pass auf Linksaußen Tim Nothdurft, der daraus das 9:6 (13.) machte.

Dreh- und Angelpunkt der Hausherren war allerdings Spielmacher Tomas Babak – nicht allein wegen seiner sieben Tore, die er oft in den für den BHC besonders wichtigen Momenten einstreute. Bis zum 7:4 (10.) in der schwungvollen Anfangsphase hatte Babak bereits drei Mal selbst getroffen und kurz darauf wies er nicht zum letzten Mal besonders beeindruckend sein gutes Auge für die jeweilige Situation auf der Platte nach – mit dem Anspiel auf Tom Kare Nikolaisen, der auf 10:6 (14.) erhöhen konnte. Weiter weg kam Najis Team nicht mehr und beim 14:12 (24.) hatte der TBV durch Lukas Zerbe plötzlich die Chance zum Anschluss-Treffer – den Johannesson mit der nächsten starken Parade verhinderte. Die Antwort des BHC waren eine Auszeit und direkt danach drei Treffer hintereinander zur 17:12-Führung (30.), die allerdings immer noch keine Entscheidung war.

Zweite Etage: Lemgos Rückraumspieler Niels Versteijnen (Nummer 25) war eins der Themen, das der BHC nicht immer in den Griff bekam. (Foto: Michael Jäger)

Lemgo, vor dieser Saison personell umgebaut, war zu oft alleine auf die Wurfqualitäten seiner wurftstarken Rückraumspieler Lukas Hutecek und Versteijnen (jeweils sieben Tore) angewiesen, die der BHC nicht immer in den Griff bekam. Nach Versteijnens 15:17 (32.) und dem 16:17 (33.) von Hutecek schien die Partie kippen zu können, doch der BHC fand nun in dieser kritischsten und bisweilen wilden Phase wieder richtige Antworten – dank einer guten Abwehrleistung und der Treffsicherheit von Linksaußen Tim Nothdurft, der mit seiner Dreierserie auf 18:16 (34.), 19:16 (37.) und 20:16 (38.) erhöhte. Den Rest der Partie hatte der BHC, der sich manchmal fast an sich selbst berauschte, relativ gut im Griff – 23:18 (43.), 25:20 (49.), 28:24 (54.). Selbst Lemgos 27:29 (57.) brachte keine größere Gefahr mehr, zumal Linus Arnesson (58.) und Yannick Fraatz (58.) anschließend innerhalb von 52 Sekunden auf 31:27 erhöhten. Naji weiß jetzt natürlich, dass der BHC aus allen Komplimenten mit dem Blick auf die nächste Aufgabe am 22. September beim HSV Hamburg eher nur geringe Garantien auf zwei weitere Zähler ableiten darf, aber Kehrmanns Hinweis auf den größeren Willen zum Sieg tat richtig gut. Und an dieser Eigenschaft will sich sein Team gerne messen lassen.

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer, Persson (1), Schönningsen (4), Nothdurft (7), Weck (1), Gunnarsson, Ladefoged (5), Fraatz (1), Babak (7), Arnesson (2), Bergner, Nikolaisen (1), M’Bengue, Stutzke (3).

 

Der mit überzeugenden Ergebnissen und 4:2 Punkten in die Saison gestartete Aufsteiger VfL Gummersbach könnte – obwohl die Saison gerade erst begonnen hat – den nächsten wertvollen Schritt auf dem Weg zum Saisonziel Klassenerhalt hinter sich bringen. Nach dem 30:26 in Lemgo, dem 28:30 gegen den Deutschen Meister SC Magdeburg und dem nicht weniger dramatischen 29:28 gegen den Mit-Aufsteiger ASV Hamm-Westfalen wartet auf die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson am Sonntag erneut eine Reifeprüfung: Die HSG Wetzlar mit Trainer Benjamin Matschke und acht Neuzugängen im Kader steht zwar als Drittletzter bei 0:6 Zählern, zog sich zuletzt aber mit dem 28:32 in Magdeburg ordentlich aus der Affäre und steht insgesamt sicher nicht im Verdacht, im Spiel auch nur einen Millimeter freiwillig abzugeben. Besonders gut weiß das vermutlich Gummersbachs Keeper Tibor Ivanisevic, der von seinem Wechsel zum VfL im Sommer 2021 immerhin drei Jahre für Wetzlar aktiv war. Das Duell scheint insgesamt völlig offen zu sein.