Regionalliga Nordrhein
Albtraum abgehakt – und Essen bildet „nur“ aus
TuSEM II sieht sich nicht als direkten Konkurrenten für Interaktiv.Handball oder TV Korschenbroich. Die Titelfavoriten sind vor allem auf Rhythmussuche.

Klare Richtung: Lukas Ellwanger, bis vor Kurzem auch noch Jugend-Koordinator, ist aus voller Überzeugung als Trainer der Essener Regionalliga-Mannschaft im Einsatz. (Foto: Thomas Ellmann)

Es ist der 21. Mai, kurz vor 21 Uhr. Und es sind ein paar Sekunden, die für TuSEM Essen II bis heute was von einem Albtraum haben. Am letzten Spieltag der Abstiegsrunde der 3. Liga 2021/2022 erzielt Nils Homscheid in der Partie bei der TSG Haßloch per Siebenmeter den Treffer zur 30:29-Führung – und Essen würde jetzt drinbleiben. Beide Mannschaften nehmen noch eine Auszeit. Trotzdem verpasst TuSEM das Happy End, denn praktisch in die heruntertickende Uhr hinein gelingt den Gastgebern das 30:30 – und Essen ist draußen. „Das war ganz, ganz bitter“, sagt Trainer Lukas Ellwanger, „das haben die Mannschaft und ich lange mit uns rumgetragen.“ Ellwanger, damals Jugend-Koordinator des Zweitligisten und für den im März freigestellten Nelson Weisz eingesprungen, weiß an jenem Abend auch noch nicht, ob er als Chefcoach der Zweiten weitermachen wird – wozu er sich allerdings etwas später doch entscheidet, weil er irgendwie gar nicht anders kann. „Das ist für mich wirklich eine Herzensangelegenheit“, sagt Ellwanger, „ich habe da selbst lange gespielt. Das hat mir sehr viel gegeben.“ Und weil das Unternehmen den vollen zeitlichen Einsatz verlangt, hat er inzwischen aufgrund einer neuen beruflichen Orientierung mit erhöhtem Aufwand das Amt des Jugend-Koordinators abgegeben (an Janina Helmecke), um sich sportlich ganz auf die Saison mit der zweiten Mannschaft in der Regionalliga zu konzentrieren. Dort sind die Essener mit 6:2 Punkten aus den ersten vier Partien zurzeit der erste Verfolger des Meisterschaftsfavoriten Interaktiv.Handball (6:0), auf den sie nach der Saison-Unterbrechung durch die Herbst-Schulferien am 23. Oktober treffen werden.

Essen begann die Serie 2022/2023 mit der 24:28-Niederlage gegen den Aufsteiger Bergischer HC II, holte aber anschließend drei relativ glatte Siege – 29:24 beim Neusser HV, 34:24 gegen HC Gelpe/Strombach, 32:27 beim BTB Aachen. Ansprüche auf etwas Höheres leitet daraus weder Ellwanger noch sonst einer der Verantwortlichen im Verein ab: „Es gibt andere Mannschaften, die sind ein bisschen erfahrener als wir.“ Gemeint sind damit selbstverständlich die führenden Ratinger oder der aktuelle Fünfte TV Korschenbroich, der ebenfalls offensiv den Aufstieg als Saisonziel in seine To-Do-Liste aufgenommen hat. „Talent-Schmiede“ nennen sie in Essen alles, was in der Zweiten oder in der Jugend stattfindet – und für Lukas Ellwanger ist es die passende Bezeichnung: „Wir sollen nicht absteigen, aber wird haben kein direktes Saisonziel. Wir sind natürlich auch zur Ausbildung der jungen Leute da.“ Unter anderem Spieler wie Jona Reidegeld (20), Nils Homscheid (19) oder Luis Buschhaus (18), die längst intensiven Kontakt zum Profikader haben, stellten schon hinreichend unter Beweis, dass sie ein sehr hohes Tempo vortragen können – das die Gegner hin und wieder vor unlösbare Rätsel stellt. Das alles bietet zwar selbst in der Summe längst keine Garantie für den vierten Sieg hintereinander, aber fürs bevorstehende Heimspiel gegen den Vorletzten MTV Rheinwacht Dinslaken (0:4 Punkte) muss TuSEM II als Favorit gelten.

Über ein positives Konto verfügt jetzt auch der ebenfalls mit einer Niederlage gestartete Aufsteiger HSG Refrath/Hand. Nach dem 24:25 beim HC Weiden, dem 29:28 gegen die TSV Bonn rrh. und dem 25:23 über den OSC Rheinhausen nimmt das Team von Trainer Christopher Braun mit 4:2 Zählern auf Rang sieben die letzte zur oberen Tabellenhälfte gehörende Position ein – mit der sie bei der HSG als End-Ergebnis für die gesamte Saison gut leben könnten. „Wir fühlen uns in der Liga ein Stück weit angekommen mit den zwei wichtigen Heimsiegen“, sagt Braun, der trotzdem mit viel Respekt ins Spiel beim Dritten SG Langenfeld (5:3 Punkte) geht: „Wir wissen um die schwere Auswärts-Aufgabe gegen Langenfeld, die aus meiner Sicht einen sehr guten Saisonstart hingelegt haben. Das wird ein ganz, ganz schweres Spiel für uns, da zu bestehen. Wir haben einige Krankheiten und Verletzungen diese Woche, die es auszukurieren gilt. Wir bereiten uns wie immer detailliert auf den Gegner vor. Wir hoffen natürlich, mit einem Auswärtssieg sehr zufrieden in die Herbstpause gehen zu können.“ Anschließend geht es am 16. Oktober weiter – gegen die Essener von Lukas Ellwanger.

Pausieren durften/mussten zuletzt die in die 3. Liga strebenden Interaktiv.Handball und TV Korschenbroich, sodass beide nun vor allem wieder ihren Rhythmus finden wollen – und eine Woche darauf erneut untätig sind. Die Ratinger können (wie in jeder Partie) davon ausgehen, das sie beim OSC Rheinhausen auf eine zu größtem Widerstand bereite Mannschaft treffen. Und einfach wird die Aufgabe für die Korschenbroicher beim punktlosen Letzten TSV Bonn rrh. sicher ebenfalls nicht, zumal die Bonner aus dem jüngsten 27:32 bei der HG Remscheid sogar viel Zuversicht gezogen haben. Trainer Frank Berblinger zeigte sich danach jedenfalls optimistisch: „Wir werden weitermachen und nächste Woche haben wir gegen Korschenbroich die nächste Möglichkeit, den Bock umzustoßen – was wir auch machen werden. Davon bin ich überzeugt.“ Dass die Hürde hoch und nicht am Punktestand zu messen ist, sieht TVK-Coach Gilbert Lansen genauso: „Der Blick auf die Tabelle täuscht. Bonn wird von der Leistungsstärke her nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Vor allem zu Hause in der Sporthalle Ringstraße ist der TSV unglaublich stark. Uns erwartet ein wirklich hartes Spiel.“