1. Bundesliga
Oktober-Trend: Die neuen Leiden des BHC
Geschwächtes Team von Trainer Jamal Naji verliert nach 15:10 mit 27:30 in Erlangen. Es ist die vierte Niederlage in Folge und die Drei-Wochen-Pause kommt gerade richtig.

Suchender: Tomas Babak fand auch sechs Mal eine Lücke in des Gegners Deckung, konnte damit aber die Niederlage des BHC in Erlangen auch nicht verhindern. (Foto: Michael Jäger)

HC Erlangen – Bergischer HC 30:27 (10:13). Wer beim BHC Galgenhumor mitbringt, wird dem Abend wenigstens ein Gutes abgewinnen. Schließlich verlor die Mannschaft von Trainer Jamal Naji nicht schon wieder mit nur einem Tor Unterschied – wie vorher insgesamt bereits drei Mal und zuletzt zweimal auf besonders bittere Art mit dem 26:27 gegen die Rhein-Neckar Löwen oder dem 26:27 beim TVB Stuttgart. Wer gleichzeitig mit dem BHC leidet, erlebte trotzdem erneut sehr bittere 60 Minuten, an deren Ende wiederum kein im Grunde dringend benötigtes Erfolgserlebnis stand, sondern die vierte Niederlage hintereinander, verbunden mit dem Abrutschen auf Rang 15 und einem Kontostand von 4:12 Zählern. Komfort sieht anders aus – vor allen Dingen mit dem Blick auf die Fortsetzung der Meisterschaft in drei Wochen. Dann muss die Mannschaft von Trainer Jamal Naji am 29. Oktober bei den Füchsen Berlin (Dritter/11:1) antreten, die gerade vor dem Spiel am Sonntag beim Zweiten THW Kiel (12:0) ungeschlagen sind. Dass die zunächst für den 23. Oktober angesetzte Partie gegen den Deutschen Meister SC Magdeburg (Fünfter/10:2) auf einen bislang unbestimmten Termin verlegt wurde, dürfte dem BHC gerade recht kommen. Magdeburg nimmt vom 18. bis 23. Oktober in Saudi-Arabien an der Klub-Weltmeisterschaft teil und bietet Najis gerade kräftig durchgeschütteltem Aufgebot die Chance, Kräfte und sich selbst zu sammeln.

Die Niederlage in Erlangen, das jetzt als Vierter (11:3 Punkte) endgültig auf einen Traum-Saisonstart blickt, war einerseits extrem ärgerlich bis unnötig – weil der BHC über rund 35 Minuten lang dominierend auftrat und wenig auf eine Kehrtwende hindeutete. Dass neben den  Rekonvaleszenten Csaba Szücs und Fabian Gutbrod in Noah Beyer und Tom Bergner (krank) zwei weitere Spieler fehlten und andere angeschlagen waren, wirkte sich zunächst kaum aus. Auch das weitgehende Fehlen von Linus Arnesson (nur bei zwei Siebenmetern eingesetzt) blieb vorerst ohne negative Folge, weil Tomas Babak auf der Regieposition alles unter Kontrolle hatte. Sein Treffer zum 5:1 (11.) zwang HC-Coach Raul Alonso früh zur ersten Auszeit und deutlichen Worten: „Wie wir dieses Spiel spielen müssen, sehen wir bei denen in den roten Trikots.“ Gemeint waren die Gäste, die angesichts eingeschränkter personeller Möglichkeiten entgegen ihrer sonstigen Spielidee auf das höchste mögliche Tempo verzichteten und lieber überlegt aufbauten – gestützt durch einen hier starken Keeper Christopher Rudeck. Das gesamte Paket war in sich derart stimmig, dass Erlangen sein erstes Feldtor erst mit dem 3:7 (16.) durch den früheren Essener Tim Zechel erzielte. Und obwohl der BHC bei der hohen Quote an Fehlwürfen und sonstigen Fehlern mitmachte, entwickelte er oft richtige Ideen – nicht zwingend aber nach einer eigenen Auszeit (28.). Arnesson nutzte zwar den Siebenmeter nach dem Foul an Babak zum 13:9 (29.), doch die folgende letzte Minute brachte nicht das erhoffte Ergebnis. Im Gegenteil: Der HC kam noch einmal an den Ball und verkürzte auf ein zu diesem Zeitpunkt schmeichelhaftes 10:13.

Die Hoffnungen der Gäste auf mehr blieben in der zweiten Halbzeit völlig intakt, zumal Lukas Stutzke direkt zum 14:10 (31.) und 15:10 (33.) erhöhen konnte. Nach dem Erlanger 15:16-Anschluss (37.) lediglich gut vier Minuten später beriet der BHC in seiner zweiten Auszeit, wie der Trend zu stoppen sein könnte. Fazit: Irgendwie gar nicht mehr, weil sich nun Ballverluste und ausgelassene Chancen trotz hohen Einsatzes mindestens in der Nähe der Belastungsgrenze häuften. Und vielleicht war es am Ende tatsächlich genau diese Phase im Anschluss ans 19:18 (40.), die Najis Mannschaft um die Früchte ihrer Arbeit brachte: Erlangen verliert den Ball (41.), der Angriff des BHC ist zu schwach (42.) und Erlangen verliert direkt noch einmal den Ball (42.). Dann eilt Linksaußen Tim Nothdurft bei einem Tempogegenstoß aufs Erlanger Tor zu, taucht völlig frei vor Keeper Bertram Obling auf – und scheitert mit seinem Wurf.

Im nächsten Angriff gleicht Nico Büdel zum 19:19 (42.) aus und sorgt zusätzlich dafür, dass Stutzke eine Zeitstrafe kassiert. Mit dem 20:22 (46.) beginnt das entscheidende Viertel, in dem sich der BHC mit allen an diesem Abend zur Verfügung stehenden Mitteln wehrt – 24:24 (50.), 25:24 (51.), 26:25 (55.). Dass Frederik Ladefoged für die Aktion gegen Büdel mit einer Zeitstrafe belegt wird, regt die Gäste auf, hält jedoch den HC Erlangen nicht vom  26:26 (55.) und 27:26 (56.). ab. Auf diesen Rückstand antwortet Nothdurft, der den Ball sehenswert selbst erobert hat, mit dem Gegenstoß zum 27:27 (58.), doch der BHC verliert nun ein Stück weit den Überblick (zwei schwache Würfe, einer daneben) und Erlangen nutzt die Gunst der Stunde zum 29:27 (60.) aus. Naji probiert es anschließend mit einer offenen Manndeckung – vergebens. „Gerade in der ersten Halbzeit bin ich mit unserer Abwehr sehr zufrieden“, erklärte der Coach nachher, „dass es eng würde, war durch unsere kleine Rotation fast klar. Wir hatten nicht die Wechselmöglichkeiten und deshalb auch ein bisschen auf unser Tempospiel verzichtet. Die Erlanger kamen über ihre Breite und auch schnell zum Anschluss, wenn wir vorne getroffen haben. Wir haben dann die Kreis-Kooperation mit Tim Zechel nicht mehr gut verteidigt bekommen und Nico Büdel hat uns auch sehr weh getan. So kann man sagen, dass Erlangen am Ende des Tages verdient gewinnt.“ Richtig falsch lag er damit nicht. 

Bergischer HC: Rudeck (1), Johannesson – Persson, Schönningsen, Nothdurft (4), Weck (4), Gunnarsson, Ladefoged (4), Fraatz (2), Babak (6), Arnesson (2/2), Nikolaisen, M’Bengue (2), Stutzke (2).