1. Bundesliga
Nach Hamburg: Der Alltag hat Gummersbach eingeholt
VfL steigert sich nach Katastrophenstart, verliert aber mit 31:34 beim HSV - und liegt als Achter trotzdem noch ordentlich. Am Donnerstag kommt Schlusslicht Minden.

Netz-Ansichten: Auch Lukas Blohme war klar, dass schwache Halbzeiten in der Bundesliga wie die der Gummersbacher in Hamburg am Ende sehr teuer sind. (Foto: Thomas Ellmann)

HSV Hamburg – VfL Gummersbach 34:31 (18:11). Hätte. Wenn. Wäre. Die Gummersbacher dürften nach der am Ende erfolglosen Dienstreise an die Elbe über manche Möglichkeiten nachgedacht haben. Eine der zentralen Fragen: Was wäre denn gewesen, wenn sie sich nicht diesen katastrophalen Start mit dem 0:5 bis zur siebten Minute geleistet hätten? Oder diese insgesamt ganz schwache erste Halbzeit? Eine andere: Was wäre gewesen, wenn nicht Jonas Stüber in der 53. Minute beim Stande von 27:30 die Latte getroffen hätte? Und noch eine: Was wäre denn geworden, wenn nicht ausgerechnet Dominik Mappes anderthalb Minuten vor dem Ende beim Stande von 30:32 mit einem Strafwurf  gescheitert wäre? Ein zielgenauer Wurf des in dieser Saison treffsichersten Gummersbachers, der mit 59 Treffern weiter die Torschützenliste der HBL anführt, hätte die Karten für den Schluss-Akkord wohl noch einmal neu gemischt. So gewann Hamburgs Keeper-Legende Johannes Bitter das Siebenmeter-Duell und krönte dadurch sein offiziell 600. Bundesligaspiel mit der entscheidenden Parade. VfL-Coach Gudjon Valur Sigurdsson erwies sich natürlich als fairer Verlierer, rechnete aber ebenfalls ein bisschen nach: „Glückwunsch an Hamburg zum verdienten Sieg. Wir haben die erste Halbzeit völlig verschlafen und wir haben den Kampf gar nicht angenommen. In der Abwehr haben wir kaum Fouls geschafft und wir haben unsere Torhüter komplett im Stich gelassen. Respekt aber für meine Mannschaft für die zweite Halbzeit, in der wir ein bisschen zu unserem Spiel gefunden haben. Wir haben sogar Chancen, auf ein Tor ranzukommen. Und es wäre am Ende vielleicht sogar noch mehr drin gewesen. Trotzdem haben wir das Spiel mit der ersten Halbzeit so gut wie verloren.“

In der Tabelle liegt Aufsteiger Gummersbach mit nun 9:7 Punkten immer noch auf einem sehr ordentlichen achten Platz – im Übrigen direkt vor den Hamburgern (Neunter/8:8). Insgesamt ist der VfL nach seinem tollen Start mit 8:2 Punkten, bei denen selbst das 28:30 gegen den Deutschen Meister SC Magdeburg ein Handballfest in der Schwalbe-Arena war, schlicht und irgendwie im Bundesliga-Alltag angekommen. Am dritten Spieltag beim 29:28 über den ASV Hamm-Westfalen und am vierten beim 30:29 in Wetzlar half auch eine Portion Glück in den entscheidenden Momenten – was unter anderem bei der 28:29-Niederlage in Göppingen fehlte. Anschließend musste Gummersbach heilfroh sein, beim 36:36 gegen den SC DHfK Leipzig überhaupt einen Punkt zu retten – im Übrigen durch den Treffer sechs Sekunden vor Schluss durch Dominik Mappes, der jetzt in Hamburg kurz vor Schluss leer ausging. Unter dem Strich hat Gummersbach keins seiner vergangenen drei Spiele gewonnen (1:5 Punkte) und will nun erst recht so bald wie möglich den nächsten Erfolg einfahren.

Die Chance dazu kommt relativ schnell und deshalb richtete Sigurdsson den Blick nach der Schluss-Sirene direkt nach vorne: „Jetzt müssen wir uns auf Minden für Donnerstag vorbereiten.“ Das Heimspiel am Donnerstagabend gegen den TSV GWD Minden sieht dabei auf den ersten Blick nach einer sehr günstigen Gelegenheit aus – weil der Klub aus Ostwestfalen in der Bundesliga als einzige sieglose Mannschaft mit 0:16 Punkten und 196:268 Toren am Ende der Tabelle festhängt. In der vergangenen Woche musste die Mannschaft von Trainer Frank Carstens außerdem in der zweiten Runde des DHB-Pokals mit dem 24:25 beim Zweitligisten HC Elbflorenz Dresden (dort auf Rang 14) eine weitere schmerzhafte Niederlage hinnehmen, ehe sie nur 48 Stunden später am Samstagabend gegen den HC Erlangen lange mithielt, aber am Ende mit 25:32 den Kürzeren zog. Gummersbachs Trainer wird seine Spieler sicher sehr intensiv darauf hinweisen, dass daraus keine falschen Schlüsse zu ziehen sind und die Gummersbacher hundert Prozent Leidenschaft brauchen. Fehlen werden auf jeden Fall – und nicht nur gegen Minden, sondern längerfristig – die beiden Linkshänder Nemanja Zelenović (Rückraum/Schulter) und Mathis Häseler (Rechtsaußen/Fuß).

In Hamburg berappelte sich der VfL nach seinem Grusel-Auftakt eher sehr zögerlich und erst in der achten Minute erzielte Julian Köster mit dem 1:5 den ersten Gäste-Treffer. Beim 6:10 (18.) sah es ein klein wenig danach aus, dass Gummersbach eventuell vor der Pause den Anschluss schaffen könnte, doch der Eindruck täuschte – 6:12 (19.), 8:15 (23.), 9:18 (28.). Die beiden Tore zum 10:18 (28.) und 11:18 (30.) am Ende der ersten Hälfte schienen dann nur Ergebnis-Kosmetik zu sein, zumal die Lücke zu den Hausherren mit dem 13:21 (35.) wieder bei acht Toren lag und erneut ein Debakel drohte. Mit dem 14:21 (35.) eröffnete Ole Pregler allerdings eine Art Aufholjagd der Gummersbacher, die nichts mehr zu verlieren hatten und nun passend dazu auftraten – wie befreit. Ab dem 20:23 (42.) entwickelte sich ein zunehmend spannendes Duell, in dem der HSV jedoch meistens Antworten fand – 27:22 (46.), 29:25 (50.), 29:26 (51.), 30:27 (53.). Es folgten jenen Szenen, die den Gummersbachern noch manche Möglichkeiten eröffneten und letztlich doch ungenutzt blieben. Eine Wende wäre aber wohl tatsächlich des Guten zu viel gewesen.

VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Vidarsson (1), Kodrin (1), Köster (8), Blohme (6), Schroven, Schluroff, Mappes (1), Pregler (3), Styrmisson (1), Kiesler, Stüber (3), Jansen (4), Zeman (3).