Oberliga Mittelrhein
Dormagener Schwung und Kölner Gegensätze
TSV Bayer II ist nach 42:33 in Palmersheim der erste Verfolger des Spitzenreiters Nümbrecht. Wahn holt mit "dreckigem" 25:23 gegen Weiden II wichtige Punkte. Fortuna fällt beim 27:33 gegen Birkesdorf auseinander.

Drei unter Druck: Torwart Tom Keller und Weiden II liegen auf Rang 14 immerhin noch vor Vincent Gremmelspacher (90) und Fabian Hofmann (beim Wurf), die mit der Kölner Fortuna erst auf Platz 15 folgen. Wäre jetzt Schluss, müssten beide Teams absteigen. (Foto: Thomas Schmidt)

Es kann nur einen geben. Einen, der aus der Oberliga Mittelrhein in die Regionalliga Nordrhein aufsteigen wird. Im Moment hat seinen Hut in den Ring geworfen vor allem der Spitzenreiter SSV Nümbrecht – der beim 35:27 über den Stolberger SV zum neunten Mal hintereinander gewann und das Feld mit makellosen 18:0 Punkten anführt. Und es kann im TSV Bayer Dormagen II wohl auch nur einen geben, der für den Tabellenführer aus dem Oberbergischen vielleicht zur echten Gefahr wird – trotz der 22:32-Niederlage vom zweiten Spieltag in Nümbrecht. Dass die Mannschaft von TSV-Trainer Martin Berger inzwischen deutlich stabiler unterwegs ist, beweisen die 13:1 Zähler aus den folgenden sieben Begegnungen, die in der Summe zu 15:3 Punkten und dem zweiten Tabellenplatz führen. Den neuen Schwung der Dormagener bekam nun auch der Aufsteiger TV Palmersheim zu spüren, der beim 33:42 nicht den Hauch einer Chance hatte – und trotzdem hinterher gemeinsam mit den Gästen begeistert war, weil die Zuschauer für eine tolle Atmosphäre gesorgt hatten. „Kompliment an unsere Fans, die bis zum Schluss Stimmung gemacht haben“, stellte TV-Trainer Peter Trimborn fest, „das hat sich von daher angefühlt wie ein Sieg.“ Gäste-Coach Martin Berger zeigte sich ebenfalls beeindruckt: „Das ist der Wahnsinn, was hier für eine Stimmung herrscht, was der TV Palmersheim da in der 5. Liga macht. Das ist eine Bereicherung für die Liga. Das hat richtig Spaß gemacht – und natürlich hat es noch mehr Spaß gemacht, dass unsere Mannschaft sehr gut gespielt hat.“

Der Erfolg des Favoriten zeichnete sich ab dem 10:9 (15.) immer deutlicher ab und bis zum 23:17 (30.) am Ende der ersten Halbzeit kam Palmersheim (Zwölfter/6:12 Punkte) kaum noch hinterher. „Dormagen hat uns gezeigt, wie das funktioniert, wenn der eine Fehler produziert, wie man auch vorne im gebundenen Spiel relativ einfach Tore macht. Ich glaube, 23 Tore in einer Halbzeit haben wir noch nie kassiert.“ Kleiner Trost für die Gastgeber: Nach dem 23:33 (42.) konnten die den Rest des Abends mit einem 10:9 sogar für sich gestalten. „Dormagen hat zu keiner Zeit was anbrennen lassen, der Sieg geht auch in der Höhe in Ordnung“, meinte Trainer Trimborn, „was ich wieder positiv herausheben muss, ist die Moral unserer Jungs, sie haben immer weiter gefightet.“

Hartnäckig auf Rang drei hält sich der MTV Köln (14:4 Punkte) nach dem 31:29 über den Pulheimer SC, der seinen Blick als Elfter (6:12) weiter nach unten richten muss. Die Entscheidung in der lange umkämpften Partie fiel erst in den letzten zehn Minuten, nachdem die Gäste ein 19:23 (39.) zum 25:25 (46.) ausgeglichen hatten – und dem MTV jetzt vier Treffer hintereinander zum 29:25 (53.) gelangen. „Wir waren heute in der Abwehr nicht präsent, hatten überhaupt keinen Zugriff und können uns bei unserem Torwart bedanken, dass wir nie den Anschluss verloren haben“, stellte Pulheims Coach Kelvin Tacke fest, „dazu war unser Umschaltspiel nicht gut. Im sechs gegen sechs haben wir immer gute Lösungen gefunden, waren aber immer wieder in entscheidenden Phasen zu unkonzentriert. Das reicht dann nicht, um zu punkten.“ MTV-Kollege Moritz Adam hatte mehr Grund zur Freude: „Das war eine sehr gute Mannschaftsleistung mit großer taktischer Disziplin. Das Ergebnis ist hinten raus so knapp, weil wir häufig noch an einem sehr guten Oliver Middell scheitern. Aber rundum bin ich sehr zufrieden. Wir haben das sehr, sehr gut gelöst heute.“

Die wohl packendste Partie des Spieltags lieferten sich der Aufsteiger TV Jahn Köln-Wahn und der HC Weiden – für die es jeweils um den Klassenerhalt geht. Letztlich überwiesen die Kölner mit dem 25:23 beide Punkte auf ihr Konto – was sie selbst nicht richtig nachvollziehen konnten. „Am Ende ist es, wie immer zu Hause,  ein Krimi und wir drehen das Spiel in den letzten vier, fünf Minuten. Das sind enorm wichtige Punkte, die nehmen wir gerne mit. Aber ich muss auch ganz klar sagen, dass war ein unfassbar dreckiger, unverdienter Sieg. Wir haben vielleicht zehn Minuten Handball gespielt und uns ansonsten nur einen zurechtgewurschtelt“, gab Jahn-Trainer Thomas Radermacher zu, dessen Team jetzt auf Rang neun (8:10 Punkte) ganz gut dasteht, während Weiden auf Platz 14 (4:14) stärker gefährdet bleibt. HC-Trainer Philipp Havers wirkte mit anderen Vorzeichen ebenso fassungslos wie Radermacher: „Das war die bislang unnötigste Niederlage der ganzen Saison. Obwohl wir ohne gelernten Kreisläufer angetreten sind und unseren Linkshänder Sven Xhonneux an die erste Mannschaft ausgeliehen haben, konnten wir das Spiel von Anfang an dominieren. Nach der Pause folgte unsere stärkste Phase, als wir uns zum 18:11 absetzen konnten. Niemand hätte gedacht, dass die Partie noch einmal eine Wende nehmen könnte.“ Bis fünf Minuten vor Schluss war Weiden mit dem 23:21 (56.) auf dem Weg zum Sieg, ehe die letzten vier Treffer von Köln kamen. Simon Broexkes und Torhüter Paul Rotscholl machten durch zwei Treffer in der letzten Minute aus dem 23:23 (58.) noch den erstaunlichen Erfolg.

Erstaunlich lief auch das Duell der beiden Regionalliga-Absteiger TV Rheinbach und HSG Siebengebirge, das die Gäste klar mit 28:18 für sich entschieden. Die Hausherren (Siebter/11:7 Punkte), zuletzt immerhin sechs Mal hintereinander ungeschlagen (hier 11:1 Punkte), kamen praktisch von der ersten Minute an nicht für etwas Zählbares in Frage und waren schon am Ende der ersten Halbzeit (8:14) aus dem Rennen. Jan Hammann, der mit Dietmar Schwolow das Trainerteam der Rheinbacher bildet, war ehrlich: „Da muss man nicht drumrumreden, das war heute eine sehr schwache Leistung von uns. Wir haben nicht die nötige kämpferische Einstellung und den Willen gezeigt, der in so einem Derby nötig ist.“ Für die HSG, die sich auf Rang vier (12:6) festgesetzt hat, sah Coach Lars Degenhardt überwiegend Positives: „Es entwickelte sich wider Erwarten ein relativ einseitiges Spiel. Grundlage für den Erfolg ist auf jeden Fall eine sehr bewegliche und aggressiv spielende Abwehr. Dazu haben wir in der ersten Halbzeit einen überragenden Lüko Fischer im Tor.“

Nahezu fassungslos war Roman Stabauer, der sonst als spielendes Vorstandsmitglied den SC Fortuna Köln gerne aktiv unterstützt, aber diesmal noch nicht wieder fit war und der Partie gegen den TV Birkesdorf von der Bank aus zusehen musste. Was er dort als „Offizieller C“ sah, war kein besonders großes Vergnügen – weil die Fortuna glatt mit 27:33 verlor und auf Platz 15 (4:14 Punkte) weiter im Keller der Tabelle festhängt. „Heute war ein erneuter schwarzer Tag für unsere Mannschaft, urteilte Stabauer, „zur Halbzeit kann ich mir selbst nicht erklären, warum Birkesdorf nur mit drei Toren geführt hat. In der zweiten Halbzeit kommen wir auf zwei Tore ran, fallen dann aber komplett auseinander. Für mich ist es erschreckend, dass wir auch mit vollem Kader spielerisch, offensiv wie auch defensiv, so wenig auf die Platte bekommen. Ich hoffe, es ist jedem bewusst, dass es so mit dem Klassenerhalt extrem schwierig wird.“ Von derlei Sorgen sind die Birkesdorfer als Fünfter (12:6 Punkte) meilenweit entfernt – und Sportvorstand Luca Feistkorn konnte mit dem Auftritt der Mannschaft sehr gut leben: „Das war gute Torwart-Abwehr-Leistung. Und es war nach den letzten Wochen mit den ganzen Rückschlägen und Verletzungen eine sehr geschlossene, souveräne und seriöse Mannschaftsleistung.“ Herausheben wollte er dabei Jakob Ernst, der im Angriff mit neun Treffern (darunter ein Siebenmeter) der erfolgreichste Werfer des Spiels war. Bis zum 19:16 (41.) musste Birkesdorf ein bisschen aufpassen, ehe der Sieg mit dem 29:21 (52.) feststand.

Frust schoben – wie die Fortuna – auch der Longericher SC II nach der 26:29-Niederlage beim TuS 82 Opladen II und der ASV SR Aachen nach dem 28:33 gegen die Löwen Oberberg. Die Entscheidung in Opladen fiel, als die nach dem frühen 1:0 (1.) von Nick Meuser immer vorlegenden Gastgeber in der zweiten Halbzeit aus dem 21:19 (42.) zunächst das 25:20 (52.) machten. Longerich verkürzte zwar noch auf 24:25 (58.), doch der TuS 82 antwortete – 26:24 (58.), 27:24 (59.). „Auch von der Einstellung her hatte ich das Gefühl, dass nach der Niederlage gegen Nümbrecht die Köpfe ein wenig unten waren. Jetzt müssen wir wieder zu unserer Form finden, nicht satt sein, immer Bock haben, den letzten Schritt zu gehen – und einen mehr. Das muss unser Ziel sein ab Montag, damit wir wieder in die Spur kommen“, erklärte Longerichs Coach Frederic Rudloff. Mit 11:7 Punkten und Platz sechs hat der LSC II nach der zweiten Niederlage hintereinander (vorher 22:33 in Nümbrecht) den Kontakt nach ganz vorne verloren. Logisch: Die auf Rang acht angesiedelten Opladener können mehr damit anfangen, dass ihr Konto wieder ausgeglichen ist (9:9).

Die Runde der vor allem Frustrierten komplettierte der Zehnte ASV SR Aachen (8:10 Punkte) mit seinem 28:33 gegen die vorher erst bei 3:13 Zählern stehenden Löwen Oberberg (jetzt 5:13/Platz 13). Trainer Cornelius Hesse äußerte sich sehr deutlich und kritisierte auch sich selbst scharf: „Das war heute gar nichts. Wir haben zehn, 15 Minuten am Anfang eine wirklich gute Abwehr gespielt. Wir haben nur leider im Tempospiel vor dem Tor kläglich versagt. Unser Angriff hat uns in dieser Phase das Spiel vergeigt. Wir stellen die Abwehr auf offensiv um, sind da aber zu still und zu ängstlich. Heute waren wir alle vom Kopf nicht da – der Trainer eingeschlossen. Wir hatten nicht die Spannung und den absoluten Willen. Es war ein Tag zum Vergessen.“

TV Rheinbach – HSG Siebengebirge 18:28 (8:14).

TV Rheinbach: Thürnau, Hoven – T. Schwolow, Engel, Klassen (1), Stürmann (3), Eusterholz (4), Schmitz (4/1), Hoffstadt (3), L. Kazimierski (1), J. Kazimierski (2).

HSG Siebengebirge: Fischer, Burgunder – Andrassy, Runge (4), Hayer, Lopez de Carvalho (2), Marcinkovic (5/4), Ghussen (2), Krefting (2), Koch (3), Picard (2), Gebel (4), Al-Zaidi, Sivanathan (4).

 

MTV Köln – Pulheimer SC 31:29 (15:15).

MTV Köln: Schmitz, Vieker – Bonstein (5), Kalisch (4), Hilbert (2), Göddertz (1), Herzhoff, Diederich, Discher (2), Jebbink (4), Ziegler (3), Bathen, König (5), Becker (5), Ziegler.

Pulheimer SC: O. Middell, T. Giesen – Heinen, T. Middell (7), Semeraro (1), Jacoby (5), J. Giesen (3), Jäckel (7/1), Zank, Bleckat, Romberg, Mokris (6).

 

TV Palmersheim – TSV Bayer Dormagen II 33:42 (17:23).

TV Palmersheim: Trimborn, M. Königshoven – Hensel (1), Schöller, Blesse, Lönenbach (13/4), Adolph (2), Schouren (1), Mayer (2), Schneider (1), Maeser (6), J. Grevelding, N. Grevelding (3), L. Königshoven (4).

TSV Bayer Dormagen II: Müller, Dobiey – Pedack (2), Boehnert (11/5), Fenkl, Emmerich (6), Szabo (1), Träger (10), M. Schmidt (3), Kremp (2), J.-C. Schmidt (4), Weber, Pauli (2), Sondermann (1).

 

Fortuna Köln – TV Birkesdorf 27:33 (10:13).

Fortuna Köln: Musacchi0 (1), M. Hoffmann – Lux (2), Surlemont (8), Eiben, Künkele (1), Stutzki (2), Dickopf (1), Lammer (2/1), Kötzle (2), F. Hofmann (3), Kruse (1), Gremmelspacher (4).

TV Birkesdorf: Kipsieker, Schroven – A. Ernst (4), J. Ernst (9/1), Ihmer (3), Risteski (4), Strücker (8), Grings, Schroven, Meise, Heinze (3), Bünten (2), Janiec.

 

ASV SR Aachen – HBD Löwen Oberberg 28:33 (11:14).

ASV SR Aachen: Vitz, Bockwinkel – M. Monteiro Pai (4), Happersberger (5/2), Signon, Huckemann (3), Schumacher (1), Aguilera Lintz (7/1), Kuckelkorn (2), Arancibia Diaz (6), K. Monteiro Pai.

HBD Löwen Oberberg: Caber, Bauch – Mlynczak (9), Schiefer, Köster (1/1), Starcevic (6), Basic (3), Soldanski (4), Hudak-Domokos, Welke (4), Fraunhoffer, Krause (6), Bockhacker.

 

TuS 82 Opladen II – Longericher SC II 29:26 (15:10).

TuS 82 Opladen II: Trögel, Kümper – Flemm (11/5), Nitsche (7/1), Preiss, Bosdorf (2), Maurer, Kreutzer (3), Völl (1), Schuster, Munkel, N. Meuser (3), Dambacher (2), Ißling.

Longericher SC II: Kromberg, Fischbach – Dibowski (1), Beste, Matysiak (3), Schiefer (1/1), Quetting (6), Kröger (1), Boeing, Malolepszy (6/5), Gottlob (7), Keil (1), Hoffmann, Falkenreck.

 

TV Jahn Köln-Wahn – HC Weiden II 25:23 (11:14).

TV Jahn Köln-Wahn: Jung, Rotscholl (2) – Hinteresch (2), Eberlein (1), Fromme (1), Jäger (1), Alesius, Kluge (2), Broexkes (7/4), Welter, Giacobbe (4), Rüll, Westmeier (5/1).

HC Weiden II: Keller, Reiter – Schröder, Kemper (5), T. Lütz (3), K. Lütz (3/1), Schuffelen, Pieper (3), Kraus (2), Langhammer, Leonhardt, von den Driesch, Havers (4), Signon (3/3).

 

SSV Nümbrecht – Stolberger SV 35:27 (16:12).