2. Bundesliga
Essen atmet auf, Dormagen schlägt sich selbst
TuSEM beendet Negativserie mit 32:29 gegen TuS N-Lübbecke. TSV Bayer verliert mit 24:29 gegen Coburg und den am Knie verletzten Artur Karvatski.

So nämlich! Torhüter Lukas Diedrich, Justin Müller, Tim Mast, Jonas Ellwanger und Co-Trainer Marvin Wettemann (von links) fuhren mit TuSEM nach einer langen Durststrecke mal wieder einen Sieg ein. (Foto: Herbert Mölleken)

TuSEM Essen – TuS N-Lübbecke 30:27 (16:15). Die Essener wirkten wie von Zentnerlasten befreit und das Herabfallen der dicken Gesteinsbrocken müsste in ganz Nordrhein-Westfalen zu hören gewesen sein. Nach bisher nur einem Sieg und dann sechs Niederlagen hintereinander war das Team von Trainer Michael Hegemann trotz guter Ansätze in vielen Spielen bis in die direkte Gefahrenzone gerutscht – und es wäre ohne die beiden Punkte gegen Nettelstedt auch zum ersten Mal auf einen der drei Abstiegsplätze zurückgefallen. Beruhigend ist die Lage jetzt mit 4:12 Zählern und Rang 16 gerade noch vor dem VfL Eintracht Hagen (4:14), den Wölfen Würzburg (2:14) und dem HC Empor Rostock (2:14) weiter nicht – und wie wichtig der Sieg über den TuS war, zeigen die anderen Ergebnisse. Konkurrenten wie Hagen (35:33 beim TV Großwallstadt), HSG Konstanz (Rang 15 mit 5:11 Punkten/28:26 beim TV Hüttenberg) oder VfL Lübeck-Schwartau (Platz 14 mit 5:11 Punkten/29:28 gegen SG BBM Bietigheim) taten ebenfalls viel fürs eigene Konto. Die bevorstehende Aufgabe der Essener am Samstag in Konstanz ist nun für beide Seiten wichtig – und sie wird vermutlich zeigen, wer eher den Anschluss an die etwas weniger beunruhigende Zone finden kann.

Essen eröffnete das Duell mit N-Lübbecke durch das 1:0 (4.) von Finley Werschkull, geriet aber übers 4:4 (12.) zunächst mit zwei Treffern ins Hintertreffen – 4:6 (13.). Die direkt folgende Auszeit wirkte und es gab bis zum Ende der ersten Halbzeit eine komplett ausgeglichene Partie, in der Hegemanns Team jeden Rückstand sofort ausglich und aus dem 10:11 (23.) durch drei Tore hintereinander die eigene 13:11-Führung (25.) machte. Nettelstedts 15:15 (30.) beantwortete Felix Klingler mit der letzten Aktion vor der Pause, als er einen Siebenmeter zum 16:15 verwandelte – was als ordentliche Basis für den zweiten Durchgang dienen sollte.

Eine besonders gute Phase brachte direkt nach der Pause durch Justin Müller (34.), Klingler (35.) und Linksaußen Werschkull (36.), der diesmal mit sieben Treffern der erfolgreichste Essener Werfer war, einen 19:15-Vorsprung. Wichtig für die Hausherren: Das Polster von vier Toren konnten sie zunächst halten und einmal sogar ausbauen – 22:18 (43.), 24:20 (46.), 25:20 (47.), 25:21 (48.). Eine spannende Schlussphase gab es trotzdem, weil der Fünfte aus Ostwestfalen (12:6 Punkte) natürlich nicht aufgab, sondern alles für eine Wende probierte. Beim 25:24 (52.), 26:25 (54.) oder 27:26 (56.) behielt TuSEM jedoch die Ruhe – und durfte wenig später aufatmen. Die beiden Treffer von Jonas Ellwanger zum 28:26 (58.) und 29:26 (59.) machten den Weg frei zu zwei Punkten, zu denen auch Keeper Lukas Diedrich wertvolle Beiträge lieferte: Die offizielle Statistik der HBL führte ihn später bei 15 Paraden und einer Quote von 37,5 Prozent an gehaltenen Würfen auf seinen Kasten. Trainer Hegemann bescheinigte den Essenern insgesamt eine Steigerung – unter anderem im Vergleich zur nicht schlechten Leistung zuletzt beim Spitzenreiter HBW Balingen-Weilstetten (29:30). „Wir haben den Aufwärtstrend mitnehmen können, über das gesamte Spiel gut angegriffen und uns in der zweiten Halbzeit nochmals steigern können“, fand der TuSEM-Coach, „insgesamt sind das zwei verdiente Punkte.“

TuSEM Essen: Fuchs, Bliß, Diedrich – Ellwanger (5), Wolfram, Dangers (1), Homscheid, Eißing, Szczesny (1), Müller (5), Seidel, Morante Maldonado (2), Klingler (7/5), Mast, Werschkull (7), Schoss (2).

 

TSV Bayer Dormagen – HSC 2000 Coburg 24:29 (12:13). Es war ein gebrauchter Abend für die Dormagener, die zwar verdient, aber insgesamt unnötig zwei Punkte liegen ließen, die im weiteren Verlauf der Saison für mehr Sicherheit bestimmt ziemlich wertvoll gewesen wären. Zu allem Überfluss wird der TSV möglicherweise länger auf Artur Karvatski verzichten müssen. Der Rückraumspieler stieg in der 36. Minute in die Luft und verwertete ein Kempa-Zuspiel sehenswert zum 14:15-Anschlusstreffer, kam bei der Landung aber unglücklich auf und verletzte sich schwerer. Eine knappe Viertelstunde später wurde die Partie dann kurz unterbrochen, damit Karvatski unter dem aufmunternden Applaus der knapp 700 Zuschauer im Bayer-Sportcenter aus der Halle gefahren werden konnte. So verpasste er eine Schlussphase, in der sich seine Mannschaft insgesamt zu viele Fehler leistete und am Ende mit leeren Händen dastand. TSV-Kapitän Patrick Hüter sah kurz nach dem Abpfiff vor allem die Dormagener Chancenverwertung als entscheidenden Faktor: „Wir müssen uns den Schuh leider selber anziehen, wie viele Fehlwürfe wir hatten, da nehme auch ich mich in die Verantwortung. Ich als Kapitän darf und möchte nicht so eine Leistung bringen. Wir haben eigentlich ganz gut ins Spiel gefunden, finden auch Lösungen. Am Ende war es einfach die Konzentration, die Ruhe, der Mut, die Bälle dann reinzumachen. Wir dürfen jetzt die Köpfe nicht hängen lassen, es geht am Samstag direkt wieder los.“

Was am frühen Abend noch keiner ahnen konnte: Das 2:1 durch Jaka Zurga (4.) sollte die einzige Bayer-Führung in der gesamten Partie bleiben und nach dem 2:5 (10.) liefen die Hausherren immer einem Rückstand hinterher. Dormagen fand im Angriff zu selten die passenden Lösungen und scheiterte oft an Jan Kulhanek: Mit 21 Paraden und einer Quote von 47,73 Prozent gehaltener Bälle war der Coburger Keeper eindeutig der Mann des Abends. Unter anderem an ihm lag es, dass der TSV gegen Ende der ersten Hälfte mal über sieben Minuten ohne eigenen Treffer blieb und aus dem 7:8 (19.) das 7:11 (24.) wurde. Dass die Gastgeber kurz darauf wieder dran waren, hatte auch mit ein bisschen Glück zu tun, denn beim 9:12 durch Alexander Senden (27.) sahen die Schiedsrichter den Ball hinter der Linie – eine knappe Entscheidung. Durch zwei schnelle Ballgewinne in der Abwehr verkürzten Jan Reimer (28.) und Aron Seesing (29.) auf 11:12 und beim 12:13 zur Pause schien wieder alles offen zu sein.

Dormagen ließ sich nach dem Seitenwechsel noch nicht abschütteln und kam nach dem 15:18 (38.), 16:19 (40.) und 18:21 (44.) wieder ran. Ian Hüter markierte das 20:21 (48.), bevor kurz darauf Reimer per Siebenmeter die Chance zum Ausgleich hatte. Direkt nach dem Pfiff unterbrachen die Schiedsrichter allerdings die Begegnung für einige Minuten, damit der verletzte Karvatski aus der Halle transportiert werden konnte. Ob es daran lag, wird im Nachhinein wohl keiner sagen können, aber im Anschluss scheiterte Reimer an Kulhanek (49.). Statt des Ausgleichs gab es nun einen weiteren harten Bruch im Bayer-Spiel, denn die Hausherren agierten vorne zu hektisch und luden Coburg teilweise zu einfachen Toren ein. Die Folge waren fünf HSC-Treffer zum entscheidenden 20:26 (56.). Durch die Niederlage stehen die Dormagener jetzt in der Tabelle bei 6:10 Punkten auf Platz zwölf und der Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz beträgt gerade einmal zwei Zähler (derzeit VfL Eintracht Hagen/4:14). Die Möglichkeit zur Wiedergutmachung hat der TSV am Samstag beim TuS N-Lübbecke. Klar: Der Fünfte (12:6) wird eine ähnlich hohe Hürde und ebenfalls nichts zu verschenken haben, erst recht nicht nach der 27:30-Niederlage in Essen.

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Böhnert, Reuland (1), Meuser (1), Senden (2), Sondermann, Karvatski (2), Zurga (3), I. Hüter (2), Reimer (4/2), Grgic (2), P. Hüter (2), Träger (1), Seesing (3), Steinhaus (1).