1. Bundesliga
Happy End: Der BHC und sein dreckiger Sieg
Tomas Babak und der Pfosten verhelfen dem Team von Trainer Jamal Naji nach fünf Niederlagen hintereinander zum wertvollen 24:23 über die HSG Wetzlar.

Geht doch! Torhüter Christopher Rudeck hatte mit einer starken Leistung keinen kleinen Anteil am Zittersieg des BHC. (Foto: Michael Jäger)

Bergischer HC – HSG Wetzlar 24:23 (12:9). Draußen ist es wirklich nass und ungemütlich – was irgendwie beinahe zur Partie des BHC passte, der diesmal in der Wuppertaler Uni-Halle mindestens hin und wieder ein Spiel mit dem Feuer treibt. Und es hätte nicht viel gefehlt, dass es fürs Team von Trainer Jamal Naji ebenfalls richtig unangenehm geworden wäre, denn das Spiel steht in der Schlussphase beim Stande von 23:23 (59.) auf der Kippe – nachdem die Hausherren lange alles ganz ordentlich kontrolliert haben. Dann wirft Regisseur Tomas Babak erneut Übersicht, Leidenschaft und Energie in die Waagschale – 24:23 in der 60. Minute, 42 Sekunden vor dem Ende. Wetzlar, der Nachbar aus dem unteren Drittel der Tabelle, hat natürlich noch einen letzten Angriff und aus Sicht der Gastgeber quälend viel Zeit für den Ausgleich. Am Ende steht Jonas Schelker für die HSG tatsächlich dicht vor dem 24:24 und der starke BHC-Keeper Christopher Rudeck (Quote gehaltener Würfe bei 34,38 Prozent) hätte nicht mehr viel tun können. Das Glück, das den Hausherren in den vergangenen Wochen nicht wirklich oft zur Seite stand, hilft diesmal: Schelker trifft nur den Pfosten. Und der Rest ist ein einziger Freudentaumel des BHC – weil alle wissen, wie wichtig dieser Sieg mit dem Blick auf die nächsten Wochen ist. Und wer vorher fünf Mal hintereinander zum Teil sehr knapp verloren hat, fragt anschließend nachvollziehbar sowieso nicht mehr nach der Qualität des Spiels – wie zum Beispiel Trainer Jamal Naji, dem das Niveau sonst durchaus sehr am Herzen liegt: „Für unser Gemüt war das ein ganz wichtiger Sieg. Vielleicht ist es sogar besser, mal so einen dreckigen Erfolg zu haben als einen mit sechs oder sieben Toren Unterschied.“

Der Blick auf die Tabelle belegt, wie sehr der BHC diese beiden Zähler gebrauchen kann. Auf Rang 13 steht er nun bei 6:14 Punkten vor dem TBV Lemgo (6:14) und Wetzlar (5:15), das selbst bei einem Unentschieden vor Najis Team geblieben wäre. Den letzten Nicht-Abstiegsplatz belegt als 16. der SC DHfK Leipzig (4:16) vor dem ASV Hamm-Westfalen und dem TSV GWD Minden (beide 2:18). Die Lage hat sich natürlich verbessert, aber üppig sieht das Polster nach unten weiterhin nicht aus – gerade in einer Phase der Saison nicht, in der Überraschungen normal zu werden scheinen. Dass zuvor sieglose und oft nicht konkurrenzfähig wirkende Mindener mit 32:27 gegen zuvor ungeschlagene Berliner gewinnen konnten und bis dahin auch erst einmal erfolgreiche Lemgoer den großen THW Kiel in dessen eigener Halle mit einem 33:32 verblüfften, deutet eher darauf hin, dass im Kampf um den Klassenerhalt jeder einzelne Punkt wichtig wird – und vielleicht sogar jeder einzelne Treffer. Daraus folgt: Der BHC steht unter dem Druck, in den folgenden Duellen mit den Aufsteigern VfL Gummersbach (Neunter/11:9 Punkte) am 13. November und ASV Hamm-Westfalen (Platz 17/2:18) am 19. November wieder etwas Zählbares vorweisen zu können.

Dass die Partie gegen Wetzlar eine enge Angelegenheit werden sollte, stand schnell fest – weil die allgemeine Erfolgsquote bei den Angriffen von der ersten Minute an sehr übersichtlich wirkte. BHC-Coach Naji fasste es so zusammen: „Es war sicher kein ästhetisch schönes Handballspiel, aber beide Mannschaften haben dem Gegner viele Waffen weggenommen. In der Abwehr ist uns vieles gelungen, im Angriff hingegen zu wenig.“ Immerhin traten die Gastgeber trotz aller Belastung erstaunlich ruhig und in manchen Szenen sogar selbstbewusst auf, was nach dem 6:3 (18.) und 6:5 (21.) mit drei Treffern hintereinander zum 9:5 (26.) belohnt wurde. Wichtige Stütze in dieser Phase: Alexander Weck, der bis dahin bereits vier Tore für den BHC erzielt hatte. Beim 11:7 (28.) und 12:8 (29.) betrug das Polster immer noch vier Tore, doch Wetzlar kam zurück – mit dem 9:12 (30.) vor der Pause sowie dem 10:12 (31.) und 11:12 (33.) direkt am Anfang der zweiten Halbzeit. 

Najis Mannschaft wehrte in der von beiden Seiten mit vielen Fehlern versehenen Partie zunächst alle Versuche der HSG ab – 15:14 (37.), 16:15 (39.). Als Noah Beyer (44.) und Linus Arnesson (45./Siebenmeter) aus dem 18:16 (44.) die 20:16-Führung gemacht hatten, schien der BHC sogar wieder auf dem Weg zu einem halbwegs sicheren Sieg zu sein – und darin lag dann ein großer Irrtum, weil in den nächsten zehn Minuten nur ein eigener Treffer entstand, sodass Wetzlar auf 21:21 (55.) ausgleichen konnte. Das 22:21 (56.) von Tom Kare Nikolaisen und das 23:21 (57.) von Isak Persson läuteten ein Schluss-Kapitel mit jedem denkbaren Ausgang ein, weil die HSG innerhalb von 30 Sekunden durch Lenny Rubin mit dem 22:23 (58.) und 23:23 (59.) gleichzog. „Wir hätten den Sack früher zumachen müssen“, stellte Naji fest. Dafür konnte es so wenig Widerspruch geben wie fürs Fazit des Wetzlarer Kollegen Benjamin Matschke:  „Ob das ein verdienter oder unverdienter Sieg des BHC war, lassen wir mal beiseite. Beide Mannschaften waren sehr gut aufeinander eingestellt, haben aber auch viele Fehler gemacht. Die Abwehrreihen waren sehr gut mit starken Torhütern dahinter. Wir hatten viele Chancen, das Spiel enger zu gestalten. Am Ende entscheiden Kleinigkeiten wie Pfosten und rein sowie Pfosten und raus. Das ist aber auch das Glück, das man sich erarbeiten muss.“

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (4), Persson (2), Nothdurft, Weck (4), Gunnarsson, Ladefoged (1), Babak (4), Gutbrod, Arnesson (5/3), Bergner, Nikolaisen (3), M’Bengue (1).