1. Bundesliga
BHC gegen Gummersbach: Die pure Leidenschaft
Das 30:30 im packenden Duell mit dem VfL ging in Ordnung. Für beide Seiten war am Ende der Sieg möglich.

Abgeschüttelt: Gummersbachs Ellidi Vidarsson (mit Ball) konnte aber diesmal nicht alle seine Chancen nutzen – was die Teamkollegen Julian Köster (links) und Tom Jansen (rechts) hier aufmerksam beobachten – wie Noah Beyer (2) und Linus Arnesson (24) für die Gastgeber. (Foto: Michael Jäger).

Bergischer HC – VfL Gummersbach 30:30 (14:15). Sie gingen auf beiden Seiten bis an ihre Grenzen und in vielen Szenen voll ins Risiko – wie Arnor Thor Gunnarsson, der in der letzten Minute beim Stande von 30:30 und Angriff Gummersbach nach dem Ball hechtete und das Spielgerät auch für den BHC sichern konnte. Dabei krachte der Isländer mit derart viel Wucht in die Bande, dass er erst befreit und dann behandelt werden musste – um anschließend die restlichen 28 Sekunden mit einem dicken Eisbeutel auf der lädierten Seite das packende Finale zu beobachten. Dort nahm BHC-Trainer Jamal Naji 15 Sekunden vor Schluss natürlich noch eine letzte Auszeit, um vielleicht den entscheidenden Schachzug auszugeben. Praktisch gelang des den Hausherren danach aber vor 2683 Zuschauern in der offiziell ausverkauften Klingenhalle nicht mehr, den Treffer zum Sieg zu setzen. Irgendwo ging das Unentschieden unter dem Strich wohl sowieso in Ordnung, weil sich beide Seiten mit voller Intensität einen Kampf auf Augenhöhe lieferten. Trotzdem gab es die eine oder andere Szene, in der für die Gastgeber sogar der Sieg drin gewesen wäre – nicht nur wegen des Rechts auf den letzten Angriff. Aufsteiger Gummersbach, der sein Konto auf dem überzeugenden Rang neun auf 14:10 Punkte ausbaute, konnte demgegenüber mit dem Remis wohl etwas mehr anfangen als der BHC, der bei 7:15 Punkten angekommen ist und seinen Blick weiter in den Rückspiegel richten muss. Dort folgen die HSG Wetzlar und Frisch Auf Göppingen (jeweils 7:17) sowie mit einem zurzeit klaren Abstand auf den beiden Abstiegsplätzen der TSV GWD Minden und der ASV Hamm-Westfalen (beide 2:22). 

Dem VfL, beflügelt offensichtlich durchs 31:29 über die SG Flensburg-Handewitt, gelangen viele Dinge einfacher – während der BHC für seine Tore in der Regel einen hohen Aufwand treiben musste. Ab dem 4:3 (8.) legten die Gäste übers 6:4 (10.) immer wieder vor und eine Szene in der 21. Minute zeigte, was bei den Hausherren in die falsche Richtung lief: Ballverlust, Tempogegenstoß durch den VfL-Abwehrspezialisten Tom Kiesler, 8:10. Was Naji in der Auszeit kurz darauf beim Stande von 9:11 (22.) sicher nicht als Ziel ausgegeben hatte: Wenig später ereignete sich dieses Muster in der 23. Minute ein weiteres Mal: Fehlpass BHC, Tempogegenstoß, 10:13, diesmal durch Rückraumspieler Tom Jansen – der ebenfalls nicht als ausgewiesener Fachmann für diese Art der Tore gilt. Dass Najis Team bis zur Pause trotzdem wieder dran war, verdankte es nach dem 12:15 (28.) seiner nie sinkenden Moral sowie den beiden Toren von Frederik Ladefoged zum 13:15 (30.) und Noah Beyer, der vier Sekunden vor dem Ende der ersten Hälfte auf 14:15 verkürzte.

Gummersbach, in Sachen Hingabe und Einsatz ebenfalls bei hundert Prozent unterwegs, erwischte grundsätzlich den besseren Start in die zweite Hälfte, weil es das 17:17 (33.) durch drei Tore hintereinander mit dem 20:17 (39.) beantwortete. Typisch für dieses Duell: Es war alles – aber keine Entscheidung. Der BHC, lautstark angetrieben von seinen Fans, glich zum 20:20 (41.) aus und legte sogar zum 22:20 (43.) und 23:21 (45.) vor. Es kam eine von zwei weiteren Situationen, die BHC-Geschäftsführer Jörg Föste hinterher treffend benannte: „Wir kassieren zwei Zwei-Minuten-Strafen wegen Meckerns in zwei spielentscheidenden Phasen.“ Zuerst traf es Tomas Babak, der beim Stande von 23:22 (46.) und Ballbesitz BHC meinte, eine Entscheidung der Schiedsrichter kommentieren zu müssen. Direkte Folge war wenigstens der Ausgleich der Gummersbacher zum 23:23 (47.) durch Hakon Styrmisson, der mit seinem Treffer eine dramatische Schlussphase einläutete – in der das Spiel auf einer Dauer-Kippe stand. Nun reklamierte BHC-Keeper Christopher Rudeck energisch, dass die Unparteiischen nach dem Wurf von VfL-Regisseur Dominik Mappes ein Tor gaben – obwohl der Ball nach Ansicht des Torhüters die Linie nicht überschritten hatte. Aus dem 27:28 (55.) machte der BHC trotz aller Aufregung wenig später dennoch das 28:28 (56.), aus dem 28:29 (57.) das 29:29 (57.) und aus dem 29:30 (58.) das 30:30 (59.) durch Noah Beyer, der damit wie Frederik Ladefoged, Fabian Gutbrod, Tom Kare Nikolaisen und Djibril M’Bengue vier Treffer erzielte. Tragende Säulen bei den Gummersbachern waren Dominik Mappes mit neun und Kapitän Julian Köster mit sieben Toren.

Mit ein bisschen Abstand konnten dann beide Seiten das Ergebnis als positiv werten. „Ich glaube, dass es eine gerechte Punkteteilung ist“, fand BHC-Coach Naji, der den einen Zähler vorher unterschrieben hätte, „trotzdem ärgere ich mich, dass es am Ende nur ein Punkt geworden ist.“ Das hatte vermutlich auch damit zu tun, dass sich der BHC den Luxus erlaubte, drei Siebenmeter auszulassen. Im Mittelpunkt standen aus Najis Sicht vor allem die späten Puzzleteile: „Unter dem Strich ist es so, dass wir uns in den letzten zehn Minuten mit ein paar Situationen selbst schwächen, und das ärgert mich wahnsinnig. Wir haben wahnsinnig viel investiert, es war unglaublich anstrengend, mit unseren Kräften hauszuhalten. Und wir belohnen uns dann einfach nicht mit zwei Punkten.“ VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson stufte das 30:30 für Gummersbach ähnlich ein: „Ich glaube, dass das Ergebnis am Ende ein gerechtes ist. Klar ist aber auch, dass wir uns natürlich mehr erhofft hatten, als wir 90 Sekunden vor dem Ende mit einem Tor führten und die Auszeit genommen haben. Wir machen das Tor nicht, aber im Großen und Ganzen bin ich zufrieden mit meinen Jungs. Wir hatten ein hartes Spiel am Donnerstag gegen Flensburg und auch einige verletzte und angeschlagene Spieler. Ich bin glücklich und zufrieden. Wir haben gekämpft und alles reingeworfen.“

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (4), Persson (1), Weck, Gunnarsson, Ladefoged (4), Babak (2), Gutbrod (4), Schmitz, Arnesson (7/3), Bergner, Nikolaisen (4), M’Bengue (4).

VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Vidarsson (1), Köster (7), Blohme (2), Schroven, Schluroff (2), Mappes (9/4), Pregler, Styrmisson (4), Kiesler (1), Stüber, Jansen (3), Zeman (1).