2. Bundesliga
Zwei Trainer, ein Prinzip: Die Ruhe der Herren Hegemann und Flohr
TuSEM steht nach drei Siegen hintereinander vor der Aufgabe in Großwallstadt. Erleichterte Dormagener treten in Dresden an.

Der mit der überragenden Form: TuSEM-Keeper Lukas Diedrich wehrte zuletzt beim Sieg gegen Potsdam 45,71 Prozent aller Würfe auf sein Tor ab – was Dennis Szczesny (rechts) und die Teamkollegen sowie Trainer Michael Hegemann sehr zu schätzen wissen. (Foto: Herbert Mölleken)

Das ist einfach nicht seine Art, in Hektik oder sogar Panik zu verfallen. Michael Hegemann wirkte als verantwortlicher Trainer wie die Ruhe selbst, als es bei TuSEM Essen vor ein paar Wochen weniger prickelnd lief und die für eine beruhigende Position notwendigen Ergebnisse ausblieben. Nach dem 26:16-Auftaktsieg über den HC Empor Rostock ging Essen sechs Mal hintereinander trotz guter Ansätze leer aus und stand plötzlich gefährlich nah an den Abstiegsrängen. Dann hat es neun Tage und drei Siege in Folge gebraucht, um TuSEM mit dem 30:27 gegen den TuS N-Lübbecke, dem 30:27 bei der HSG Konstanz und dem 28:20 über den VfL Potsdam in Richtung Mittelfeld zu hieven – wo aktuell 8:12 Zähler und Platz 13 schon viel angenehmer aussehen. Und Hegemann bleibt sich treu: Er rastet jetzt, wo es besser funktioniert, eben nicht aus vor Euphorie und er leitet erst recht keine höheren Ansprüche daraus ab: „Das ist im Moment ein Teil der Entwicklung. Es bestätigt, dass wir jede Mannschaft schlagen können. Im Moment kriegen wir eine hohe Effektivität sowie ein gutes Torhüterspiel und eine gutes Zusammenspiel mit der Deckung hin. Wir tun gut daran, weiter von Spiel zu Spiel zu schauen.“ Im Prinzip heißt das: Eine Garantie auf weitere Erfolge gibt es nicht – auch nicht für die Aufgabe am Sonntag beim etwas günstiger postierten Neunten TV Großwallstadt (Achter/12:10 Punkte).

Der TVG, ein Traditionsklub wie der TuSEM, verlor vor der Saison in Savvas Savvas (ASV Hamm-Westfalen) und Tom Jansen (VfL Gummersbach) zwei wurfstarke Rückraumspieler, die sich in die 1. Bundesliga veränderten. „Sie haben Leute sehr clever dazugeholt“, findet Hegemann – womit er unter anderem Finn Wullenweber (HSV Hamburg) und Adrian Kammlodt (EHV Aue) meint. Die prominenteste Neuverpflichtung steht allerdings an der Seitenlinie: Trainer ist inzwischen die kroatische Kreisläufer-Legende Igor Vori, der in seiner aktiven Zeit als Handballer alles erreicht hat – etwa als Weltmeister, Olympiasieger, Champions-League-Sieger und Deutscher Meister. Natürlich hoffen die Essener, dass es ihnen trotz allen Respekts vor dem Kontrahenten gelingt, den gerade vorhandenen Trend zu festigen, zumal ja bis Weihnachten insgesamt sieben weitere anspruchsvolle Aufgaben warten. Nach Großwallstadt geht es zum HSC Coburg (25. November), zu den Eulen Ludwigshafen (5. Dezember), gegen den VfL Eintracht Hagen (9. Dezember), zum HC Elbflorenz Dresden (14. Dezember), gegen den TSV Bayer Dormagen (17. Dezember) und zum TV Hüttenberg (26. Dezember).

Immer fest überzeugt von seinem Team war auch Matthias Flohr, der Trainer des TSV Bayer Dormagen. Und er strahlte – wie der Kollege Hegemann – jene Souveränität aus, die sich besonders in der bisher schwierigsten Phase der Saison bezahlt machte. Dormagen landete nach 4:2 Punkten vom Auftakt durch drei Niederlagen hintereinander bei 4:8 Zählern, verschaffte sich anschließend mit dem überraschenden 29:28 bei der SG BBM Bietigheim etwas Luft und verlor direkt wieder zweimal in Folge. Dass die Dormagener zuletzt den VfL Eintracht Hagen mit 30:24 bezwangen, war für alle eine große Erleichterung – weil das Ergebnis überzeugend ausfiel, weil der Sieg gegen einen Kontrahenten aus dem unteren Drittel gelang, weil der TSV zum zweiten Mal in der laufenden Serie und zum ersten Mal in eigener Halle die 30-Treffer-Marke erreichte. Alles zusammen lässt die Lage nun wesentlich günstiger aussehen: Von Dormagen, mit 8:12 Punkten auf Rang 13, bis zu den Hagenern direkt dahinter mit 6:16 Punkten auf Platz 14, sind mittlerweile vier Zähler Differenz da – wie im Übrigen auch zum HC Elbflorenz Dresden (6:16), der als 16. den letzten Nicht-Abstiegsplatz einnimmt und nun am Sonntag die Dormagener erwartet.

Schwerpunkt der bereits am Samstag beginnende Dienstreise bleibt der handballerische Auftrag, obwohl sich vielleicht bei einem gemeinsamen Spaziergang die eine oder andere Sehenswürdigkeit in der Landeshauptstadt Sachsens entdecken lässt – wozu unter anderem der in der ganzen Welt bekannte Dresdner Zwinger gehören könnte, der aber mit einem ursprünglich unter dieser Bezeichnung gemeinten Teil einer Festungsanlage nichts zu tun hat. Und ein- oder aussperren lassen wollen sich die Dormagener sowieso nicht – obwohl Flohr dem Gegner mit viel Respekt begegnet: „Dresden ist sicher eine Mannschaft, die enorm viel abrufen kann.“ In HC-Mittelmann Sebastian Greß sieht Flohr den immer zu beachtenden „Entscheidungsspieler“ der Gastgeber, die momentan in Rechtsaußen Lukas Wucherpfennig den nach Toren (82/33 per Siebenmeter) erfolgreichsten Spieler der 2. Bundesliga stellen. Ein Vergleich: Mislav Grgic (38) und Joshua Reuland (35), die beiden besten Dormagener, kommen in der Addition nur auf 73 Tore. Was eventuell für den TSV Bayer spricht: Dresden konnte erst zwei seiner sechs Heimspiele gewinnen (2:12 Punkte) und beide Resultate liegen schon zwei Monate zurück (34:32 am ersten Spieltag gegen die Wölfe Würzburg, 27:26 am dritten gegen die HSG Nordhorn-Lingen). Am Sonntagabend gegen 19 Uhr wird feststehen, ob Flohrs Mannschaft daraus irgendeinen Vorteil ziehen konnte.