21. November 2022 | Zurück zur Artikelübersicht » |
HC Elbflorenz Dresden – TSV Bayer Dormagen 25:26 (13:11). Matthias Flohr bleibt sich selbst treu und dabei, dass er sich vom reinen Ergebnis nicht blenden lässt. Das „Wie“ steht für den Dormagener Trainer (fast) immer im Vordergrund – weil er eine Entwicklung in der Mannschaft sehen will. Aber es gibt in dieser Denkart auch Ausnahmen, die mit den Erfahrungen aus dem bisherigen Saisonverlauf zu tun haben. Da passierten zum Beispiel am 30. September ein 23:24 gegen den VfL Potsdam, am 8. Oktober ein 27:30 beim Spitzenreiter HBW Balingen-Weilstetten oder am 5. November ein 22:23 beim TuS N-Lübbecke. Für so etwas darf es aus Sicht von Flohr auf Dauer gerne nicht nur Komplimente aufgrund einer sehr anständigen Leistung geben, sondern wenigstens mit der Zeit auch einen Ausgleich in Form von Punkten. Einer jener besonders wertvollen Last-Minute-Siege war bereits am 28. Oktober das 29:28 bei der SG BBM Bietigheim – als der TSV zumindest in der ersten Halbzeit bis zum 17:12 eine sehr starke Leistung zeigte. Obwohl nun in Dresden etwas Ähnliches nicht mal im Ansatz gelang, konnten die Dormagener mit dem Ausgang erneut sehr gut leben: „Das war von uns kein gutes Spiel, das haben wir auch hinterher in der Kabine so besprochen. Aber wir nehmen diesen dreckigen, schmutzigen Sieg gerne mit.“ In der Tabelle blickt der TSV bei jetzt 10:12 Zählern von Rang 13 aus auf ausreichend Abstand nach unten, denn die Lücke bis zum HC Elbflorenz Dresden (Rang 17/6:18) auf dem ersten Abstiegsplatz beträgt sechs Zähler – was etwas Druck von der Aufgabe am nächsten Samstag gegen den Fünften Eulen Ludwigshafen (15:7) nimmt.
Dass die Dormagener in Sachsen am Ende überhaupt für einen oder zwei Punkte in Frage kamen, war in der von beiden Seiten sehr wechselhaft geführten Partie durchaus nicht abzusehen. Flohrs Team legte zwar das 3:1 (4.) und 4:2 (5) vor, verabschiedete sich nun allerdings für fast zehn Minuten und erzielte seinen nächsten Treffer erst mit dem 5:5 (14.). Mit dem 6:5 (19.) und 9:8 (24.) führten die Gäste wieder, doch auf der Zielgeraden der ersten Halbzeit kamen sie nach dem 10:9 (25.) das nächste Mal vom Kurs ab – 10:11 (26.), 11:13 (30.). Den größeren Durchhänger hatte sich der TSV allerdings für den Start in den zweiten Durchgang aufgehoben, weil er sich hier mit Nachdruck selbst aus dem Spiel zu katapultieren schien: Aus dem 12:14 (32.) wurde das 12:17 (35.) und beim 14:19 (39.) oder 16:21 (43.) deutete alles auf eine schmerzhafte Pleite hin. Es war das nun folgende Nicht-Aufgeben, für das Flohr seiner Mannschaft ein dickes Lob aussprach: „Ganz im Ernst, nach dieser Anfangsphase ist es zum Glück noch einmal spannend geworden. Das war eine sensationelle kämpferische Leistung.“
Nach dem 20:23 (48.) war beim 23:23 (53.) erneut alles offen und mit dem 24:23 (54./Siebenmeter) von Joshua Reuland lag Dormagen wieder vorne – woraus Aron Seesing sogar das 25:23 (57.) machte. Lukas Wucherpfennig brachte Dresden auf 24:25 (58.) heran und Sebastian Greß glich in der letzten Minute zum 25:25 aus, als die Uhr noch 34 Sekunden Rest-Spielzeit zeigte. Reaktion: Flohr legte zum letzten Mal die grüne Karte für eine Auszeit – 13 Sekunden vor Schluss. Vermutlich wusste er ja, dass es in seinem Team einen Spezialisten für die ganz, ganz späten Treffer gibt – und Ian Hüter traf tatsächlich anderthalb Sekunden vor dem Ende zum 26:25 und beförderte Dormagen ins große Glück. Es war fast wie gut drei Wochen zuvor in Bietigheim. Unterschied: Damals war Hüter viel früher mit dem 29:28 zur Stelle – vier Sekunden vor Schluss. Anders gerechnet: Diese beiden Tore alleine waren/sind für Flohrs Team zwei Punkte wert.
TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Reuland (7/4), Meuser (4), Kremp, Senden (1), Zurga, Rehfus, I. Hüter (4), Reimer (1), Grgic (2), P. Hüter (1), Sterba (1), Seesing (2), Steinhaus (3).
TV Großwallstadt – TuSEM Essen 18:25 (6:9). Es ist nicht unbedingt selbstverständlich, in der 2. Bundesliga mit 25 Treffern ein Auswärtsspiel zu gewinnen. Es ist aber auch nicht unbedingt selbstverständlich, der Heim-Mannschaft nur 18 Törchen zu gönnen. Und es ist dann erst recht nicht selbstverständlich, wenn ein Keeper eine traumhafte Vorstellung abliefert – und in der offiziellen Statistik der HBL mit einer Quote von 51,72 Prozent an gehaltenen Würfen auftaucht. Schon im vergangenen Heimspiel hatte Lukas Diedrich beim 28:20 gegen den VfL Potsdam mit einem ebenfalls exzellenten Wert von 45,71 Prozent entscheidend am deutlichen Sieg mitgewirkt – und dass er seine Marke noch einmal würde steigern können, lag außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit nach den vorherigen 37,50 Prozent vom 30:27 gegen den TuS N-Lübbecke und den 37,84 Prozent vom 30:27 bei der HSG Konstanz. Dass die Essener auf die Serie von sechs Niederlagen hintereinander jetzt schon mit dem vierten Erfolg hintereinander antworteten, geht nicht zuletzt auf das Konto des 22 Jahre jungen Torhüters, der momentan in Zusammenarbeit mit der Deckung vor ihm höchsten Ansprüchen genügt. In der Tabelle brachte Essens defensive Qualität den Sprung auf den elften Tabellenplatz und bei inzwischen 10:12 Zählern auch ausreichend Abstand nach unten. Das Polster zum HC Elbflorenz Dresden (Rang 17/6:18) auf dem ersten Abstiegsplatz beträgt sechs Zähler – was unter anderem für die Aufgabe am nächsten Freitag gegen den Achten HSC Coburg (13:11) noch mehr Ruhe gibt.
Essen legte durch den von Eloy Morante Maldonado verwandelten Siebenmeter das 1:0 (4.) vor und geriet anschließend über die gesamte Dauer kein einziges Mal in Rückstand. Die allgemeine Trefferarmut verursachte lange Phasen, in denen gar kein Tor fiel – 2:1 (6.), 3:1 (10.). Nach dem 7:3 (15.) konnte Großwallstadt beinahe furios auf 6:7 (22.) verkürzen, weil TuSEM die Produktion vorübergehend trotz klarer Chancen ganz eingestellt hatte. In den restlichen neun Minuten vor der Pause bis zum Essener 9:6 (30.) ging dafür Großwallstadt leer aus – immer wieder scheiternd an Keeper Diedrich und seiner starken Abwehr, die dann in der Anfangsphase der zweiten Halbzeit den 9:9 (34.)-Ausgleich zulassen musste. Weil direkt darauf der Angriff den Ball verlor, bekam der TVG sogar die Möglichkeit zur Führung, wusste sie jedoch nicht zu nutzen – und durfte so nur bis zum 11:11 (39.) auf eine Wende hoffen. TuSEM nahm mit dem 14:11 (42.) und 15:12 (43.) erneut das Heft in die Hand, ehe kurz darauf Großwallstadts Finn Wullenweber mit der dritten Zeitstrafe (46.) die Platte räumen musste – nachdem er kurz zuvor durch seinen fünften Treffer auf 14:16 (45.) verkürzt hatte. „Das hat uns noch einmal in die Karten gespielt“, gab TuSEM-Trainer Hegemann zu.
Auf der Zielgeraden der Partie ließen die Essener anschließend nichts mehr anbrennen und sie nutzten die Gelegenheit, sich weiter abzusetzen – 19:15 (51.), 22:16 (55.), 24:17 (58.). Aus Hegemanns Worten war der Stolz über den anhaltenden Trend mit Schritten nach vorne herauszuhören: „Wir haben es tatsächlich wieder geschafft, einen überragenden Verbund aus Abwehr- und Torhüterleistung zu stellen. Das Problem war, dass wir vielleicht in der ersten Halbzeit von den klaren Chancen, die wir hatten, einige noch nicht genutzt haben. Wir kommen dann leider nicht ganz so gut aus der Kabine, wir verspielen ein bisschen unseren Vorsprung. Das war der Moment, in dem das Spiel auch kippen konnte. Wir fangen uns aber rechtzeitig und schaffen es, wieder viel besser zu spielen. Dann haben einfach verdient gewonnen. Toll war, zu sehen, dass die Jungen wie Philipp Homscheid und Alexander Schoss uns wieder geholfen haben. Da wächst etwas zusammen.“
TuSEM Essen: Fuchs, Bliß, Diedrich – Ellwanger, Rozman (4), Dangers (1), Homscheid (2), Eißing (2), Szczesny, Müller (1), Seidel, Morante Madonado (5/2), Klingler (7/1), Mast, Werschkull (1), Schoss (2).