30. November 2022 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Das, was in die Kategorie einfache Gegner fällt, gibt es in der 1. Bundesliga sowieso nicht – für die etablierten Teams nicht und für die Aufsteiger erst recht nicht. Auf der einen Seite ist der VfL Gummersbach als Klub aber kein Klassen-Neuling, weil er der höchsten deutschen Klasse einst als einer der Leuchttürme mit Wirkung in die ganze Welt angehörte – bis er den allgemeinen Abwärtstrend am Ende der Saison 2018/2019 endgültig nicht mehr bremsen konnte und die Bundesliga zum ersten Mal in seiner Geschichte wieder verlassen musste. Der 9. Juni 2019 war es, der das Oberbergische nach dem 25:25 bei der SG BBM Bietigheim in ein Tal der Tränen stürzte. Welcher Spieler von damals noch dabei ist, wer das Drama am letzten Spieltag miterlebt hat? Kein einziger. Daraus folgt: Auf der anderen Seite ist es mittlerweile längst das völlig umgebaute Gummersbach 2.0, das vor ein paar Monaten unter der Federführung des 2020 gekommenen Trainers Gudjon Valur Sigurdsson die Rückkehr ins Konzert der Großen schaffte. Unter diesen gibt es dann eben ein paar ganz Große – wie den amtierenden Deutschen Meister SC Magdeburg (Fünfter), gegen den die Gummersbacher vor inzwischen fast drei Monaten nach einem großen Kampf mit 28:30 den Kürzeren zogen, wie die SG Flensburg-Handewitt (Vierter), die der VfL vor rund drei Wochen in einer ausverkauften und euphorisierten Schwalbe-Arena mit 31:29 bezwingen konnte, wie den Rekordmeister THW Kiel (Zweiter), bei dem Gummersbach erst am vergangenen Sonntag nach einer guten Vorstellung relativ knapp mit 28:31 unterlag. Falls sich daraus eine gewisse Gesetzmäßigkeit ableiten ließe, wäre der VfL nun wieder mit einem Sieg dran – und die Rhein-Neckar Löwen müssten sich am Donnerstag sehr warm anziehen. Ganz im Ernst ist der auf dem neunten Platz geführte VfL (14:12 Punkte) aber fürs Duell mit dem Tabellendritten (21:7) der Außenseiter.
Nach dem makellosen Start mit 14:0 Punkten erzielten die Löwen mit ihrem neuen Trainer Sebastian Hinze (vorher Bergischer HC) zwar nur noch eine ausgeglichene Bilanz, doch ein echter, wie aus heiterem Himmel kommender Ausrutscher war nicht dabei. Hinzes Team unterlag ab dem achten Spieltag nur in Kiel (29:32), beim Zehnten HSV Hamburg (37:40) und gegen den Spitzenreiter Füchse Berlin (32:34). Hinzu kam ein Unentschieden beim Meister Magdeburg (32:32). Gummersbach hat insgesamt trotzdem nicht vor, sich in größter möglicher Bescheidenheit zu üben und die Punkte freiwillig abzugeben – im Gegenteil. Dabei baut Sigurdssons Mannschaft auch auf seinen Heimvorteil, denn nach jener Niederlage gegen die Magdeburger gab es fünf Heimspiele mit 9:1 Punkten – und natürlich wissen die Löwen genau um alle Stärken der Gummersbacher, die sich allerdings mit ein paar personellen Baustellen beschäftigen müssen.
Nemanja Zelenovic und Matthis Häseler fallen bereits seit einigen Wochen aus, während Regisseur Dominik Mappes erst jüngst in Kiel fehlte – und Julian Köster dort im Spiel wegen einer Fußverletzung aussteigen musste. Müsste Gummersbach im schlimmsten Fall der Fälle gleich auf beide Führungskräfte verzichten, wäre die bevorstehende Aufgabe noch schwieriger, obwohl die Löwen ebenfalls einige Ausfälle beklagen. Der frühere Nationalmannschafts-Kapitän Uwe Gensheimer und Halil Jaganjac waren schon nach dem 33:20 kürzlich beim HC Erlangen auf der Ausfall-Liste zu finden, in der sich jetzt in Niklas Michalski auch ein aus dem eigenen Nachwuchs aufgerücktes Talent findet. Keiner der drei wird in Gummersbach an Bord sein und allein die 129 Treffer von Gensheimer/Jaganjac muss Löwen-Coach Hinze irgendwie ersetzen. Ohne Mappes/Köster, die zusammen auf 132 Treffer kommen, wären Sigurdsson und der VfL noch eine Kleinigkeit schlechter dran. Langes Lamentieren ist aber beider Sache nicht und beide wollen das Beste draus machen. Und das Oberbergische hätte, soweit es sich für Handball begeistert, wenig dagegen, wann dieses Beste erneut zwei nicht einkalkulierte Punkte einbringt.