Regionalliga Nordrhein
Korschenbroicher Jagd und Neusser Scheinlösung
Der Zweite TVK steht in Aachen vor einer schwierigen Aufgabe, der Erste Interaktiv in Refrath. Unten droht Schlusslicht Neuss an dieser Formel zu verzweifeln: Halle ja, Harz nein.

Viel Betrieb: Für Maxmilian Eugler (Nummer 10) und Til Klause (rechts) geht es mit dem TV Korschenbroich darum, ganz oben gut im Geschäft zu bleiben. Alexander Breenkötter (vorne) und Aaron Exner (hinten, beim Wurf) wollen mit dem BHC II eher wieder festen Boden unter die Füße bekommen. (Foto: Michael Jäger)

Natürlich werden sich die beiden Hauptdarsteller ab jetzt erst recht mit Argusaugen beobachten. Seit dem vergangenen Wochenende weist die Tabelle ja auch sehr konkret aus, dass der Kreis der Kandidaten für den Aufstieg nicht ganz überraschend auf zwei Bewerber beschränkt ist. Ganz vorne liegt mit einer weißen Weste von inzwischen 22:0 Punkten bereits seit einer ganzen Weile der Dauer-Titelfavorit Interaktiv.Handball, der bisher noch alle Angriffe der Konkurrenz abwehrte – unter anderem mit einem 25:24 jenen des TV Korschenbroich am ersten Spieltag in dessen Waldsporthalle. Seit dieser Niederlage am 2. September sind zwar auch die Korschenbroicher mit ihrem neuen Trainer Gilbert Lansen ungeschlagen, aber sie konnten bei einem terminlichen Hindernislauf durch die Saison innerhalb von drei Monaten erst weitere sieben Partien austragen. Trotzdem kletterte der bei 14:2 Zählern angekommene TVK am vergangenen Wochenende durch das ungefährdete 37:30 über den HC Gelpe/Strombach auf den zweiten Platz – vorbei am bisherigen Zweiten HG Remscheid (13:7), der sich eine 27:31-Niederlage gegen den BTB Aachen einfing, und vorbei am vorherigen Dritten Gelpe/Strombach (13:9). Die Positionsverschiebungen haben noch einmal sehr deutlich auf den Punkt gebracht, dass hinter den beiden Top-Teams erst mal eine ganze Weile wenig kommt – jedenfalls keine Gefahr nach vorne, sondern eher ein extrem breites Mittelfeld.

Korschenbroich legt am Samstagabend vor – und muss dabei sicher an seine Leistungsgrenze gehen, denn die Aufgabe beim Neunten BTB Aachen (10:10 Punkte) ist durchaus sehr anspruchsvoll. Die mit drei Spiele ohne Sieg und 1:5 Zählern in die Saison gestartete Mannschaft um BTB-Trainer Simon Breuer wirkt inzwischen gefestigt und verlor nach dem durchwachsenen Start nur noch zwei Mal – 31:33 in Gelpe/Strombach, 37:39 gegen Interaktiv. Zuletzt gab es dafür in Remscheid einen so nicht zu erwartenden 31:27-Erfolg, der für den Konto-Ausgleich und Zuversicht mit dem Blick auf die restlichen Wochen in diesem Jahr sorgte. Dass es zu einer weiteren Überraschung kommt, wird allerdings der TVK verhindern wollen/müssen, um an den Ratingern dranzubleiben. Interaktiv steht dann 20 Stunden später zum Abschluss des 13. Spieltages vor einer vergleichbar schwierigen Aufgabe – beim Aufsteiger HSG Refrath/Hand, der als Achter wie die Aachener inzwischen auf 10:10 Zähler blickt, als Klassen-Neuling längst in der Regionalliga angekommen ist und vor allen Dingen in der Halle Steinbreche stark aufzutrumpfen vermag (8:2 Punkte aus fünf Spielen ohne Niederlage).

Dass die HSG mit erst 269 Gegentreffern (Durchschnitt 26,9 pro Partie) die bislang beste Defensive der Regionalliga stellt, macht das Duell doppelt spannend. Die Ratinger kommen schließlich mit dem besten Angriff (377 Tore/Durchschnitt 34,27) und dem Führenden in der Torjägerliste: Ante Grabavac war bereits 83 Mal erfolgreich und er erzielte bislang 7,55 Treffer pro Spiel. Wenn alleine dieser Wert ein Maßstab wäre, müsste die HSG eigentlich hauchdünn gewinnen: Ihr Rückraumspieler Lennart Niehaus hat zwar „erst“ 68 Tore geschafft, dafür aber nur neun Spiele gebraucht. Sein Durchschnittswert: 7,56. HSG-Trainer Christopher Braun kündigt jedenfalls entschlossenen Widerstand der Hausherren an: „Wir werden alles dafür tun, um zu Hause weiter ungeschlagen zu sein. Das ist natürlich eine Riesenbrett gegen eine Supermannschaft aus Ratingen. Trotzdem wollen wir da auch in der aktuellen personellen Situation die Stirn bieten und versuchen, das Spiel möglichst lange offenzuhalten und am Ende vielleicht für eine Überraschung zu sorgen.“

Für Remscheid und Gelpe/Strombach geht es jetzt zunächst darum, die immer noch guten Positionen zu behaupten – und in Duellen mit gefährdeten Kontrahenten den eigenen Ansprüchen zu genügen. Zusätzliche Erschwernis für die HG: Sie muss am wenig geliebten Sonntagvormittag um 11.15 Uhr beim Vorletzten MTV Rheinwacht Dinslaken (3:17 Punkte) antreten, der im Kampf um den Klassenerhalt dringend auf jeden Zähler angewiesen ist. Dasselbe gilt für den Drittletzten HC Weiden (5:13), der zuletzt grundsätzlich auf einem guten Weg zu sein schien – weil er mit dem 31:30 gegen TuSEM Essen II und dem 28:28 beim Bergischen HC II drei Zähler aus zwei Spielen ohne Niederlage eingefahren hatte. Dann löste sich aber die Hoffnung in ein Nichts auf, durch einen Heimsieg über den Letzten Neusser HV (2:16) einen weiteren Schritt nach vorne zu machen: Weil im Team von Trainer Marc Schlingensief zu viele Krankheitsfälle aufgetreten waren, wurde die Partie letztlich abgesagt und soll nun an einem erst festzulegenden Termin nachgeholt werden. Schlingensiefs Wunsch schon kurz nach der Absage: „Ich hoffe, dass meine Mannschaft nächste Woche wieder einigermaßen wettbewerbsfähig ist.“ Strapaziös wird die Aufgabe im Oberbergischen beim HC Gelpe/Strombach bestimmt, zumal die Distanz zwischen beiden Klubs mehr als 100 Kilometer beträgt. Dass der HC unter diesen Umständen trotz eigener personeller Probleme und im Jahres-Endspurt nachlassender Akkus als Favorit gilt, ergibt sich von selbst.

Die größte mögliche Problemzone in der Regionalliga ist aber weder in Dinslaken noch in Neuss zu Hause, sondern in Neuss. Dort erkennt der Neusser HV seine sportliche Zukunft momentan eher schemenhaft – was mit der prekären sportlichen Lage beginnt, denn das Team mit Trainer Josip Jurisic und Co-Trainer Julian Fanenbruck hält mit lediglich einem Sieg und 2:16 Punkten die Rote Laterne in Händen. Richtig bitter wurde es allerdings vor rund zwei Wochen mit der kurzfristigen Sperrung der Halle Hammfeld für Reparaturarbeiten (Schäden am Boden durch eingedrungenes Wasser). Das für den 19. November vorgesehene Derby gegen den TV Korschenbroich wurde deshalb verlegt (Nachholtermin offen) und die neue Lage stürzte Team und Trainer in mittelschwere Verzweiflung, sodass die Absage des für den Klassenerhalt wichtigen Spiels in Weiden nicht mal ungelegen kam. Nun ist dem NHV eine Lösung gestattet worden, die beim genaueren Hinsehen maximal eine Scheinlösung oder viel eher gar keine Lösung ist.

„Wir können seit dieser Woche wieder in die Halle rein“, sagt Fanenbruck, „allerdings ohne Harz trainieren – und am Wochenende mit Harz spielen. Jeder, der sich im Handball ein bisschen auskennt, weiß, dass diese Entscheidung keinen Sinn macht. Vor allem macht es uns das Leben jetzt nicht einfacher. Eine wirklich reale Vorbereitung auf ein Spiel haben wir da nicht, aber wir müssen das erst mal so hinnehmen. Und wir werden natürlich weiterhin alles versuchen und wir werden uns auf Bonn vorbereiten, so gut wir können. Wir wollen mit aller Macht versuchen, aus dem Tabellenkeller rauszukommen, und wir wollen zeigen, dass wir uns nicht kleinkriegen lassen.“ Die Partie gegen die TSV Bonn rrh. gehört dabei ebenfalls zu den unten besonders wichtigen – was für beide Seiten gilt: Bonn mit Trainer Frank Berblinger ist als Elfter mit 7:13 Punkten ebenfalls sehr daran interessiert, das eigene Konto aufzubessern. Nach 3:1 Zählern aus den beiden vergangenen Begegnungen spricht der Trend auch eher für die TSV, die zudem über ein ausgeglichenes Torverhältnis verfügt (306:306).

Auf der Suche nach der alten Stabilität scheint der Aufsteiger Bergischer HC II zu sein, der nach dem ordentlichen Beginn mit 7:5 Punkten kein einziges Spiel mehr für sich zu entscheiden wusste (ein Unentschieden, vier Niederlagen) und mit 8:14 Zählern auf den achten Platz direkt vor die Abstiegszone gerutscht ist. Zuletzt holte die Mannschaft von Trainer Mirko Bernau selbst gegen zwei Klubs aus dem Keller keinen Erfolg – 28:28 gegen Weiden, 27:31 in Bonn. Erstes Ziel ist es nun, diesen möglicherweise gefährlich werdenden Trend im Duell gegen den Nachbarn SG Langenfeld (Sechster/11:11) zu bremsen. Parallele zu den Solingern: Der Drittliga-Absteiger TuSEM Essen II hat ebenfalls keins seiner vergangenen fünf Spiele gewonnen (drei Niederlagen, zwei Unentschieden). Weil das Team von Trainer Lukas Ellwanger aber sehr gut gestartet ist (8:2), hält es sich bei 10:10 Punkten als Siebter weiter in dem Bereich auf, der als Sicherheitszone gilt. Abwechslungsreich dürfte die nächste Aufgabe trotzdem werden, denn es steht das Ruhrgebietsderby gegen den OSC Rheinhausen auf dem Programm (Fünfter/12:8).