1. Bundesliga
Wo Gummersbach besser ist als Erlangen
VfL beginnt Jahres-Endspurt am Donnerstag in Erlangen, der Bergische HC am Sonntag in Düsseldorf gegen die SG Flensburg-Handewitt.

Zweite Etage: Dass die Gummersbacher in Erlangen ein paar Tore vom Tom Jansen (beim Wurf) gut gebrauchen können, wissen auch Regisseur Dominik Mappes (ganz links) und Kreisläufer Ellidi Vidarsson (rechts). Für die Abwehr des BHC mit Linus Arnesson (Nummer 24) und Frederik Ladefoged (14) gibt es andererseits gegen Flensburg auf jeden Fall wieder viel zu tun. (Foto: Michael Jäger)

Die Unterschiede sind doch nur unter Zuhilfenahme einer Lupe zu erkennen. Hier ist der Gastgeber HC Erlangen, der bei 15:15 Punkten auf dem achten Platz zu Hause ist – trotz einer Serie von zuletzt fünf Niederlagen hintereinander. Dort kommt der VfL Gummersbach nach Mittelfranken, der nach einem furiosen Saisonstart mit 8:2 Zählern inzwischen als Zehnter bei 14:14 Zählern steht und als Aufsteiger immer noch über eine anständige Bilanz verfügt – aber eher im rauen Alltag unterwegs ist. Die versammelte Konkurrenz hatte ja immer schon geahnt, dass die Gummersbacher viel Potenzial mitbringen und deshalb kaum ein Kandidat für den direkten Kampf um den Klassenerhalt werden dürften. Zuletzt überzeugte die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson als Außenseiter auch gegen drei Top-Klubs: Das 31:29 vor knapp vier Wochen am 10. November gegen die SG Flensburg-Handewitt (Fünfter) war dabei ein echter Paukenschlag. Anschließend lag der VfL weder beim 28:31 in Kiel (Zweiter) noch beim 29:32 gegen die Rhein-Neckar Löwen (Dritter) sehr weit weg von den Favoriten. Falls sich aus dem Quervergleich mit Erlangen ein Vorteil herauslesen lässt, dann gewinnt ihn jedenfalls der VfL. Der HC verlor in Flensburg mit 29:31, gegen den THW Kiel mit 27:34 und gegen die Löwen mit 30:33. Anschließend fiel das 27:34 beim TBV Lemgo (Rang 13) ein bisschen aus dem Rahmen – mehr als das 28:30 gegen die Füchse Berlin (Erster).

Erlangen ist für Gummersbach der Start in einen sehr herausfordernden Jahres-Endspurt, den drei Heimspiele hintereinander komplettieren – am 15. Dezember gegen den TSV Hannover-Burgdorf (Siebter), am 18. Dezember gegen Spitzenreiter Berlin und am 27. Dezember direkt nach Weihnachten gegen den HSV Hamburg (Neunter). Ein Pluspunkt: Die Schwalbe-Arena war zuletzt zweimal in Folge ausverkauft und im Schnitt kann sich der VfL bisher auf 3568 Zuschauer pro Heimspiel verlassen. Liegt Gummersbachs Abwehrspezialist Tom Kiesler mit seiner Einschätzung richtig, dann wissen alle genau, was auf sie zukommt und warum die Partie nicht unwichtig ist: „Wir sind alle heiß und wollen die zwei Punkte mitnehmen. Das wird aber ein harter Fight.“ So ähnlich war es beim bisher letzten Aufeinandertreffen im Februar, als Gummersbach (damals noch Zweitligist) gegen den HC nach einem 27:27 kurz vor Schluss knapp mit 27:29 den Kürzeren zog. Zu den besten Werfern der Erlanger gehörten damals Simon Jeppsson (acht Tore) und der deutsche Nationalspieler Christoph Steinert (fünf). Beide sind diesmal ebenfalls im Kader – und auf den VfL kommt am Donnerstagabend definitiv ein Berg an Arbeit zu.

Das sieht für den zuletzt fünf Mal in Folge unbesiegten Bergischen HC nicht anders aus, dessen Trainer Jamal Naji es inzwischen in dem Bereich zu einer erstaunlichen Fertigkeit gebracht hat, die er unter dem Titel „Belastungssteuerung“ zusammenfasst. Obwohl der BHC (Zwölfter/12:16 Punkte) in den vergangenen Wochen immer wieder verletzte oder erkrankte Spieler zu ersetzen hatte, überstand er den für ihn besonders wichtigen November mit 7:1 Punkten nahezu unbeschadet. Am vergangenen Sonntag gab es nach dem 24:23 über die HSG Wetzlar, dem 30:30 gegen Gummersbach, dem 31:27 beim ASV Hamm-Westfalen und dem 28:26 gegen Frisch Auf Göppingen praktisch als Zugabe ein hart erkämpftes 22:22 bei der MT Melsungen (Sechster/16:14) aus der oberen Tabellenhälfte, das die Gäste trotz einer Flaute in der letzten Viertelstunde (nur zwei Tore erzielt) sehr gerne mitnahmen. „Der Punkt fühlt sich wirklich gut an“, fand Naji, der sich nun mit seiner Mannschaft auf die Partie gegen die SG Flensburg-Handewitt freut. Sicher ist dabei im Moment höchstens eins: Die Partie findet weder in der Klingenhalle noch in der Wuppertaler Unihalle statt, denn der Verein zieht für dieses Duell am Sonntag-Nachmittag in den viel größeren PSD Bank Dome in Düsseldorf um. Der bietet nicht maximal 2800 Zuschauern Platz – wie die Klingenhalle, die in dieser Saison noch nicht ausverkauft war und allein gegen Gummersbach eine Auslastung von mehr als 90 Prozent erreichte (95,82).

Die Flensburger schienen vor der Saison wieder einen festen Platz im elitären Kreis der Großen gebucht zu haben, kommen zurzeit allerdings nicht ganz so groß daher: Das 29:31 in Gummersbach eingeschlossen, erzielte das Team um Trainer Maik Machulla in den vergangenen fünf Auftritten nur vergleichsweise bescheidene 5:5 Zähler und am vergangenen Sonntag gab es auf den letzten Drücker eine 30:31-Niederlage beim SC DHfK Leipzig. In der Addition müssen sich die Flensburger deshalb mit ihren 20:10 Zählern hinter den Füchsen Berlin (27:3), dem THW Kiel (26:4), den Rhein-Neckar Löwen (23:7) und dem SC Magdeburg (21:5) anstellen. Dass Star-Regisseur Jim Gottfridsson, zurzeit einer der besten Handballer der Welt, nach einer Verletzung vorübergehend wieder auf die Platte konnte, brachte der SG wohl das 29:25 über den TVB Stuttgart, sie aber ansonsten kaum weiter. Am Dienstagabend hatte Flensburg beim 38:32 in Benidorm (Spanien) außerdem einen mit hohem Aufwand verbundenen Einsatz in der European League zu bestreiten – ohne Gottfridsson (Magen-Darm-Infekt) und ohne Kapitän Johannes Golla (Fuß/umgeknickt). Was das fürs Duell mit dem BHC konkret heißt, muss sich erst zeigen. Als Favorit wird Najis Team trotzdem auf keinen Fall gelten. Das waren die Gummersbacher allerdings vor ein paar Wochen auch nicht.