2. Bundesliga
Vier Weihnachtspunkte: Dormagen und Essen feiern
TSV Bayer gewinnt gegen HSG Nordhorn-Lingen mit 29:25, TuSEM nach Krimi mit 31:30 beim TV Hüttenberg.

Lasst euch umarmen: Sören Steinhaus (53) war mit acht Toren nicht zum ersten Mal der beste Feldtorschütze der Dormagener. Teamkollege Jakub Sterba kam auf zehn Treffer – darunter waren aber sieben per Siebenmeter. (Foto: Bianca Fleuth)

TSV Bayer Dormagen – HSG Nordhorn-Lingen 29:25 (15:11). Es waren dann irgendwie tatsächlich die allerletzten Tropfen, mit denen sich die Dormagener die beiden Punkte zum Abschluss des Jahres 2022 sicherten. Die Mannschaft von Trainer Matthias Flohr hatte schon in der Trainingswoche zuvor nur sehr eingeschränkte personelle Möglichkeiten gehabt und am Ende trat der TSV mit elf Feldspielern an – darunter die Nachwuchsakteure Daniel Stein (23) und Luis Pauli (18) sowie die Zwillinge Maximilian und Jan-Christian Schmidt (17). Dass Alexander Senden (44.) und Aron Seesing (58.) jeweils nach ihrer dritten Zeitstrafe mit der Roten Karte vorzeitig runter mussten, machte die Sache zusätzlich schwieriger und den Sieg über den Tabellensechsten letztlich umso wertvoller. Die Dormagener stockten durch den Sieg ihr Konto auf 14:18 Punkte auf und verbesserten sich zum Jahreswechsel auf Platz 13. Die Abstiegsränge, die bei der HSG Konstanz beginnen (17./9:25), sind ein gutes Stück entfernt – auch wenn das Polster natürlich noch nicht reicht, um sich darauf komplett auszuruhen.

In der sehr zerfahrenen Anfangsphase hatten die Hausherren zunächst Probleme, richtig ins Spiel zu kommen. Senden sah sehr früh die ersten beiden Zeitstrafen (4./7.) und auch Seesing (10.) musste kurz darauf zum ersten Mal zusehen. Aus dem Spiel heraus gelang dem TSV wenig und für Zählbares war zu Beginn ausschließlich Jakub Sterba per Strafwurf zuständig. Bis zum 4:3 (12.) gingen alle vier Bayer-Treffer auf das Konto des Rechtsaußen, der seine Versuche vom Siebenmeterstrich sämtlich verwandelte. Das 5:5 durch Sören Steinhaus (14.) war das erste Feldtor der Gastgeber, die sich danach aber über das 8:6 (17.), 10:7 (19.) und 12:8 (22.) erste kleine Vorteile erarbeiten konnten.

Nach dem Seitenwechsel machte eine Serie von Patrick Hüter (32.), Steinhaus (33.) und Senden (34.) in nicht einmal zwei Minuten aus dem 15:12 das 18:12. Diesen Vorsprung verteidigten die Dormagener in der Folge mit Leidenschaft, obwohl die Gäste ihrerseits natürlich alles probierten und beim 20:17 (40.) wieder dran waren. Auch auf die Rote Karte gegen Senden und den Nordhorner Treffer zum 22:19 direkt im Anschluss (45.) fand der TSV die richtige Antwort – 23:19 (47./Sterba per Siebenmeter) und 24:19 (48./Steinhaus). Bis in die Schlussphase hinein wurde der Vorsprung nie enger als vier Tore. Erst mit dem 28:25 kamen die Gäste bis auf drei Treffer heran (58.), ehe Sterbas 29:25 (59.) für die Entscheidung sorgte.

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Broy, Simonsen – Stein, Senden (6), M. Schmidt, Zurga (1), I. Hüter (1), Pauli (1), P. Hüter (1), Sterba (10/7), J.-C. Schmidt, Seesing (1), Steinhaus (8).

 

TV Hüttenberg – TuSEM Essen 30:31 (10:17). Die Essener gehen nach diesem Happy End im Weihnachtskrimi, in dem sie nach einer klaren Führung am Ende fast noch den Sieg hätten abgeben müssen, definitiv mit einem guten Gefühl ins neue Jahr – und gleichzeitig mit dem Bewusstsein, dass sie sich in Summe auf dem richtigen Weg befinden. Die Mannschaft von Trainer Michael Hegemann, die sich vor ziemlich genau zwei Monaten nach einer Serie von sechs Niederlagen hintereinander in einer schwierigen Situation befand und einen Stammplatz in der gefährdeten Zone gebucht zu haben schien, ist mittlerweile auch nicht mehr dieselbe wie jene in den schwierigen Wochen damals. Doppelte Punktverluste gab es nach dem 29:30 vom 28. Oktober beim Spitzenreiter HBW Balingen-Beilstetten nur noch im Dezember bei den Eulen Ludwigshafen (Zweiter/26:27) und beim HC Elbflorenz Dresden (Platz 14/20:21). Unter dem Strich brachten die vergangenen zehn Spiele allerdings 16:4 Zähler – und durch den Erfolg in Hüttenberg verbesserte sich Hegemanns Team bei inzwischen 18:16 Punkten sogar um zwei Positionen von Rang elf auf den neunten Platz – was eine sehr anständige Basis für die Fortsetzung der Meisterschaft am 3. Februar gegen den nicht sorgenfreien VfL Lübeck-Schwartau (Platz 15/12:22 Punkte) gelten darf. Darauf wird sich TuSEM nach einer Pause zur Aufladung der Akkus ab der zweiten Januar-Woche intensiv vorbereiten.

Dass es beim TVH überhaupt noch einmal derart spannend bis hektisch werden würde, ließ sich nach zwei Dritteln des Duells nicht mal im Ansatz erkennen – weil die Gäste das Geschehen dank einer überzeugenden Leistung nach dem frühen 2:0 (4.) überzeugend beherrschten. Dass Rechtsaußen Felix Klingler beim Stande von 10:6 die Rote Karte sah (16./Siebenmeterversuch als Gesichtstreffer bestraft) steckte Essen ziemlich unbeeindruckt weg – 15:8 (25.), 16:9 (27.), 17:10 (29.). In der zweiten Halbzeit lag TuSEM beim 23:15 (40.) und 24:16 (42.) sogar mit jeweils acht Treffern vorne, ehe Hüttenberg auf 19:24 (44.) verkürzen konnte – was Tim Rozman aber bald mit dem 25:19 (45.) beantwortete: Weiter sah alles nach einem entspannenden zweiten Weihnachtstag aus. Das änderte sich schlagartig nach dem 25:20 (47.), als zuerst Dennis Szczesny (47.) nach seiner dritten Zeitstrafe die Rote Karte sah – und die Schiedsrichter Finn Wolfram kaum eine halbe Minute später mit der direkten Roten Karte ebenfalls von der Platte schickten. Kein Wunder: Hüttenberg nutzte die Überzahl zum 23:25 (49.) und es begann für inzwischen um drei Spieler dezimierte Essener eine Zitter-Endphase – 28:28 (57.), 29:29 (59.), 30:30 (60.). Zwei Sekunden standen noch auf der Uhr, als TuSEM einen Siebenmeter bekam. Das Problem: Erst-Kandidat Klingler saß bereits lange draußen, Zweit-Kandidat Justin Müller gerade wegen einer kurz zuvor verhängten Zeitstrafe, Eloy Morante Maldonado hatte zuvor einen Strafwurf vergeben. Also einigten sich die Essener auf ihr Talent Nils Homscheid als Werfer – und der 21-Jährige vollendete zum (nur von den Gästen) gefeierten Sieg.

Klar: Im Essener Bus herrschte auf der Rückfahrt aus Mittelhessen ins Ruhrgebiet prächtige Laune. „Wir freuen uns erst mal überragend über diesen Sieg. Ich denke, es waren zum Jahres-Ausklang noch mal zwei ganz wichtige Punkte, die uns natürlich sehr guttun. Wir hatten uns vorgenommen, gerade in der ersten Halbzeit, was das Thema Emotionen und Leidenschaft angeht und Einsatzbereitschaft, einfach besser zu sein als Hüttenberg. Das haben wir tatsächlich auch gemacht. Wir waren gerade im Angriff sehr präsent und in der Abwehr mit einem starken Lukas Diedrich dahinter jederzeit auf der Höhe, sodass wir verdient mit plus sieben Toren in die  Halbzeit gegangen sind. Dann waren wir aufgrund mehrerer Zwei-Minuten-Strafen auch mit Roten Karten, unter anderem gegen Dennis Szczesny, kaum noch in der Lage, einen Innenblock zu stellen. Wir haben da relativ lange mit Luis Buschhaus verteidigt, der das als A-Jugendlicher wirklich überragend gut gemacht hat.“ Dass die Wahl beim finalen Siebenmeter auf den jungen Nils Homschied fiel, war für den TuSEM-Coach fast logisch – weil eben die etablierten Kräfte fehlten, weil Homscheid in der zweiten Mannschaft (Regionalliga) für diese Versuche sowieso zuständig ist und weil er dort nach der offiziellen Statistik mit 85 Prozent eine gute Quote zu verzeichnen hat. Dass er die jetzt bestätigte, war für Hegemann auch keine riesige Überraschung mehr: „Er hat das Ding souverän reingemacht.“

TuSEM Essen: Fuchs, Bliß, Diedrich – Ellwanger (2), Rozman (3), Wolfram (1), Homscheid (1/1), Eißing (5), Szczesny, Buschhaus (1), Müller (7/1), Morante Maldonado (4), Klingler (3/2), Mast (4), Werschkull.