13. Januar 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist die vielleicht spannendste Spielklasse in der Harzhelden-Region – was vor allem an den vielen Fragezeichen rund um den Klassenerhalt liegt. Weil nach den Durchführungsbestimmungen des Verbandes bis zu sechs Absteiger möglich sind, steckt die halbe Oberliga Mittelrhein im Kampf um den Verbleib in der Klasse. Aber auch das Aufstiegsrennen hat vor Weihnachten noch einmal einen neuen Reiz bekommen, nachdem der bis dahin punktverlustfreie Spitzenreiter SSV Nümbrecht erst mit dem 29:29 gegen den MTV Köln einen Zähler ließ und dann beim ASV SR Aachen mit dem 27:29 sogar die erste Niederlage kassierte. Die Oberbergischen stehen zwar nach wie vor auf dem ersten Tabellenplatz, sind aber bei 27:3 Punkten längst nicht mehr in einer anderen Welt zu Hause. Im Gegenteil: Die Konkurrenz wittert ihre Chance und wird alles daransetzen, im Jahr 2023 anzugreifen.
Allen voran folgt den Nümbrechtern der TSV Bayer Dormagen II (26:4 Punkte) und die Mannschaft von Trainer Martin Berger könnte die Tabellenspitze bereits am 22. Januar aus eigener Kraft erobern: Dann erwartet der TSV die Oberbergischen in der eigenen Halle zum Rückspiel. Vorher steht am Sonntag allerdings die ebenfalls nicht einfache Aufgabe gegen den Vierten Longericher SC II (21:7) an. Berger ist mit der Bilanz seines Teams aus der Hinrunde jedenfalls zufrieden und prophezeit der Liga tatsächlich Spannung bis zum Ende: „Ich habe vorher schon gesagt, dass man mit acht, neun oder zehn Minuspunkten aufsteigen kann. Daran haben sich auch alle gehalten – bis auf Nümbrecht, abgesehen vom letzten Spieltag. Dementsprechend ist das völlig offen.“ Der Aufstieg ist bei den Dormagenern auch kein Muss, zumal der Verein (wie in den vergangenen Jahren) immer personell zwischen der zweiten Herrenmannschaft und dem A-Jugend-Bundesligateam jongliert. Manch ein Akteur muss teilweise sogar mal bei der ersten Mannschaft in der 2. Bundesliga aushelfen, sodass Planung und Belastungssteuerung für Berger ein Teil der Tätigkeitsbeschreibung sind. „Wir müssen darauf aufpassen, dass die Jungs nicht mehr als zwei Spiele am Wochenende machen. Das wird organisatorisch eine große Aufgabe für uns“, erklärt der Coach.
Sollten die beiden Top-Teams Federn lassen, stehen in der HSG Siebengebirge (22:8), Longerich und dem TV Birkesdorf (21:9) Mannschaften parat, die vielleicht bereit sind, den Spitzenplatz zu übernehmen. Vor allem Regionalliga-Absteiger Siebengebirge hat nach einer durchwachsenen Anfangsphase immer besser in die Saison gefunden und nach zuletzt neun Spielen ohne Niederlage (sieben Siege, zwei Unentschieden) vermutlich ausreichend Selbstbewusstsein. „Ich glaube, es wird noch spannend und der Aufstieg ist noch lange nicht abgesegnet. Wir versuchen natürlich alles, um da oben dranzubleiben, aber vor allem, um uns weiterzuentwickeln“, meint LSC-Trainer Frederic Rudloff. Die Kölner beschäftigen sich mit dem Gedanken an den Aufstieg tatsächlich nicht, sind aber natürlich immer in der Lage, jeden Gegner zu ärgern.
Wenn es etwas wie ein gesichertes Mittelfeld gibt, dann bildet dies vermutlich der MTV Köln (19:11 Punkte) gemeinsam mit dem TuS 82 Opladen II und dem TV Rheinbach (beide 15:15). Dahinter beginnt auf Platz neun mit dem ASV SR Aachen (13:17) bereits das Feld der Teams, die den Blick nach unten richten müssen. Die Ausgangsposition ist dabei schwierig und klar nur, dass die Liga von 16 Mannschaften wieder auf 14 Teilnehmer reduziert werden soll. Dafür braucht es selbst im günstigsten aller Fälle drei Absteiger. Für jede Mannschaft, die zusätzlich aus der Regionalliga in den Bereich der Oberliga Mittelrhein absteigt, erhöht sich die Anzahl der Absteiger entsprechend. Die gute Nachricht mit dem Blick auf die Tabelle der vierten Liga: Dort stehen am Ende des Klassements im Neusser HV, dem MTV Rheinwacht Dinslaken und dem Bergischen HC II derzeit ausschließlich Vertreter aus dem Bereich Niederrhein. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass hier womöglich gar keine Mannschaft vom Mittelrhein den Gang nach unten antreten muss.
Das größte Fragezeichen steht dafür hinter einem Team, das seit über einem Jahr überhaupt nicht mehr existiert: Es ist der Leichlinger TV. Im Januar 2022 zog sich der damalige Drittligist vom Spielbetrieb zurück, weil ihm nach der Flutkatastrophe 2021 sowohl eine eigene Spielstätte als auch später das Personal fehlten. Der Verein meldete im Sommer trotzdem für die Regionalliga, um sofort nach dem Meldeschluss wieder zurückzuziehen. Was damals schon als ziemliche Posse daherkam, hatte auch ein juristisches Nachspiel. Der Verband entschied letztlich, den LTV als „zusätzliche“ Mannschaft in die Regionalliga aufzunehmen, wo er – ohne in der Tabelle geführt zu werden – versteckt als erster Absteiger gilt. Da Leichlingen zum Gebiet des Mittelrheins gehört, könnte das Team wohl für die Oberliga melden. Dass der LTV tatsächlich wieder eine spielfähige Mannschaft an den Start bringt, darf zwar als ausgeschlossen gelten, trotzdem sollten alle aktuellen Oberligisten einkalkulieren, dass die Leichlinger den Abstieg in der aktuellen Saison beeinflussen könnten. Nach jetzigem Stand müssten dann vier Mannschaften den Gang in die Verbandsliga antreten.
Der heißeste Kandidat dafür ist aktuell Schlusslicht Stolberger SV. Der Aufsteiger hat bei 1:29 Punkten noch keinen Saisonsieg und braucht selbst im Optimalfall ein mittelschweres Wunder, um über den Strich zu kommen. Davor kämpfen im HC Weiden II, den HBD Löwen Oberberg, dem TV Jahn Köln-Wahn und Fortuna Köln vier Teams mit jeweils 9:21 Punkten um den Klassenerhalt. Auch der TV Palmersheim ist mittendrin und steht bei 10:18 Zählern nur marginal besser da. Der Pulheimer SC (12:18) hat sich nach einem schwachen Saisonstart gefangen und dürfte – falls alles normal verläuft – personell zu stark besetzt sein, um ernsthaft in Gefahr zu geraten. Möglich ist jedoch alles und die Oberliga Mittelrhein vielleicht wirklich die spannendste Klasse in der Harzhelden-Region.