Regionalliga Nordrhein
Siebenmeter-Drama: Keeper Karic rettete Ratinger Sieg
Der Spitzenreiter gewinnt den Krimi gegen den gleichwertigen Verfolger TV Korschenbroich hauchdünn mit 30:29.

Wir machen Druck: Die acht Tore von Henrik Schiffmann (rechts) reichten dem TVK aber nicht, um Keeper Denis Karic (links), Dusan Maric (Mitte) und die Ratinger insgesamt in die Knie zu zwingen. (Foto: Thomas Ellmann)

Interaktiv.Handball – TV Korschenbroich 30:29 (15:16). Grundsätzlich passte schon wieder kein Blatt Papier zwischen die beiden Mannschaften. So war es ja bereits zum Auftakt der Saison, als der TV Korschenbroich sein Heimspiel gegen Interaktiv knapp mit 24:25 verloren hatte. Diesmal trieben es die beiden einzigen Titelkandidaten in der Regionalliga Nordrhein noch intensiver und in der letzten Minute sogar auf die Spitze: Ante Grbavac, vor allem nach der Pause die treibende Kraft bei den Hausherren, hatte den ungeschlagenen Spitzenreiter Ratingen zunächst mit 30:29 (57.) durch eine ziemlich spektakulären Distanzwurf mit voller Wucht in Führung gebracht – und so den Krimi noch einmal auf eine höhere Spannungsstufe gehoben. Die Restzeit wurde zu einem fast verzweifelten Anrennen der Korschenbroicher, die sich zuerst durch unglückliche Angriffs-Aktionen nicht aus der Bahn werfen ließen und sehr spät dank der großartigen Parade ihres Keepers Mika Schoolmeesters gegen den frei vor ihm auftauchenden Jonas Perschke noch einmal in Ballbesitz kamen. Des Dramas Höhepunkt: In der tatsächlich letzten Sekunde sprachen die bisweilen arg kleinlich pfeifenden Unparteiischen den Gästen nach einem Foul an Maximilian Eugler einen treffenden Siebenmeter zu – und die Gelegenheit zum Ausgleich war bei bereits abgelaufener Spielzeit da. Kurz darauf bebte die Halle an der Gothaer Straße, aber freuen konnten sich nicht etwa die Korschenbroicher über das 30:30 – sondern die Hausherren über die Parade ihres Torhüters Denis Karic gegen den TVK-Schützen David Klinnert. Bei den Ratingern brach auf einmal so etwas wie Karneval aus, während bei den Korschenbroichern viele Blicke vor Enttäuschung ins Leere gingen. Und sicher werden sie beim TVK erst verarbeiten müssen, dass sie die erste Niederlage nach zehn Siegen in Folge kassierten und nun bei 20:4 Punkten stehen. Damit ergibt sich gleichzeitig, dass Interaktiv nun bei 27:1 Zählern aus zwei Partien mehr relativ klar führt, den direkten Vergleich sowieso gewonnen hat und vielleicht im weiteren Kampf um den Aufstieg zur 3. Liga nicht mehr einzuholen ist. Einfache Rechnung: Selbst dann, wenn der TVK bis zum Ende keinen einzigen Punkt mehr abgibt, kann sich Interaktiv eine Niederlage und ein Unentschieden erlauben – und bliebe doch vorne.

TVK-Trainer Gilbert Lansen fasste es trotz großer Enttäuschung richtig zusammen: „Wir waren meiner Ansicht nach in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft, aber wir haben es nicht geschafft, unseren Vorsprung zu verwalten. Wir haben ein gutes Spiel, aber später unsere Dinger nicht gemacht.“ Da gab es nicht erst auf der Zielgeraden ein paar Szenen, die Korschenbroich in der Nachbearbeitung immer noch schmerzen müssen: Sie zeigen, dass bei mehr Konsequenz auch mehr drin gewesen wäre. Was es bei den Gästen dafür nicht gab, waren etwa Vorwürfe gegen den finalen Fehlwurf, auf den sich vielleicht alles zuspitzen ließe. Für den Sieger konnte der spielende (Co-) Trainer Alexander Oelze zwar den Frust der Gäste nachvollziehen, doch die beiden Punkte behielt Interaktiv nachvollziehbar gerne. „Es war ein Spiel zweier Mannschaften auf Augenhöhe, wie im Hinspiel“, stellte Oelze fest, „das hätte auch anders ausgehen können. Ante Grbavac hatte heute einen guten Tag, er hat uns mit seinen einfachen Toren sehr geholfen.“ Elf Treffer standen später auf dem Konto des vom Zweitligisten TSV Bayer Dormagen gekommenen Rückraumspielers, den die Korschenbroicher (wie Ratingen personell nicht in stärkster Besetzung) deutlich zu oft deutlich zu frei zum Wurf kommen ließen – wobei sich Grbavac, ausgestattet mit hohen Wurfqualitäten, meistens nicht zweimal bitten ließ.

So nämlich: Interaktiv-Torhüter Denis Karic hatte am Ende seinen ganz persönlichen Glücks-Moment. (Foto: Thomas Ellmann)

Besonders den Start gestalteten beide Seiten zäh – und weit entfernt vom Niveau, das sie sonst auszeichnet. Besonders wild war die Phase nach dem 5:3 (7.) und 6:4 (10./Siebenmeter) für Korschenbroich durch Henrik Schiffmann und Lukas Bark: Erst verlor Ratingen das Spielgerät, Sekunden darauf der TVK, dann warf Stanko Sabljic für Interaktiv zweimal in Folge frei drüber – und alles passierte in der elften Minute. Die bessere Fortsetzung schaffte danach Korschenbroich, das übers 8:8 (17.) und 9:9 (19.) trotzdem beim 9:10 (20.) zum ersten Mal in Rückstand geriet. In ihrer stärksten Phase wirkte Lansens Mannschaft bis zum 14:11 (24.) dann derart zügig und konsequent, dass sie auf dem Weg zu etwas mehr Komfort zu sein schien – was sich mit dem 14:14 (28.) wieder erledigt hatte. Die drei Tore Vorsprung waren anschließend sowieso das höchste der Gefühle an Polster für einen der Kontrahenten – die sich fortan einen engen Schlagabtausch mit wechselnden Führungen lieferten. Bis zum 18:17 (33.) lagen die Gäste vorne, vom 19:18 (35.) bis zum 21:20 (40.) jeweils die Ratinger, beim 26:25 (51.) erneut der TVK, bevor ab den 26:26 (52.) jene Eigenschaft der Hausherren klar sichtbar wurde: Sie kümmerten sich zumindest nicht erkennbar darum, dass jetzt jede Kleinigkeit entscheiden sein könnte.

Auf jeden Ausgleich der Korschenbroicher folgte die aus Sicht der Ratinger richtige Antwort – 27:26 (52.), 28:27 (54.), 29:28 (55.), 30:29 (57.). Dass dem TVK selbst die nicht wenigen guten Paraden ihres Torhüters Mika Schoolmessters für zumindest einen Punkt genügten, lag am einen oder anderen Ballverlust zu viel – ausgerechnet in jener Phase, in der solche „Kleinigkeiten“ besser nicht passieren. Ein Beleg: Beim Stande von 29:30 hatte Korschenbroich den Ball und es drohte ein Zeitspiel. Kurz darauf war der Ball ohne Torwurf-Versuch wirklich weg – ein echtes Geschenk für die Ratinger, die wenig später von einem erneuten technischen Fehler des TVK profitierten und nach der Schoolmeester-Parade gegen Grbavac wiederum um den Sieg bangen mussten. Fazit: Wer solche Duelle trotzdem gewinnt, hat beste Chancen auf den Sprung in die 3. Liga. 

Interaktiv.Handball: Büttner, Karic – Grbavac (11/3), Perschke (3), Claussen (1), Stock (7), Korbmacher, Oelze, Maric (5), Mensger, Engh, Wasse, Poschacher (1), Sabljic (2). 

TV Korschenbroich: Schoolmeesters, Krüger (1) – Schiffmann (8), Schneider, Bark (4/1), Klinnert (1/1), Eugler (1), Klause (3), Ingenpaß (2), Brinkhues (1), Zidorn, Wolf (2), Tobae (3), Neven (3).