Regionalliga Nordrhein
Derbysieg: TVK setzt Jagd auf Ratingen fort
Auch Außenseiter Neuss kann mit dem 27:32 gegen Korschenbroich einiges anfangen. Zurück liegen beide noch - der eine oben, der andere unten.

Applaus, Applaus! Maximilian Eugler, Lukas Bark und Oliver Brakelmann (von rechts) fanden den Korschenbroicher Auftritt insgesamt ebenso ordentlich wie Trainer Gilbert Lansen (links), der aber in der 56. Minute lieber noch eine Auszeit nahm. (Foto: Sven Frank)

Neusser HV – TV Korschenbroich 27:32 (16:17). Für die Neusser gab es im Nachholspiel mal wieder keine Punkte, schon zum 13. Mal hintereinander. Und inzwischen braucht es viel Phantasie, um für die Mannschaft von Trainer Julian Fanenbruck noch eine Chance auf den Klassenerhalt auszurechnen. Trotzdem waren die Gastgeber nach der Niederlage im Derby keineswegs am Boden zerstört – im Gegenteil. „Ich muss wirklich sagen, dass mir das Spiel richtig viel Spaß gemacht hat. Ich glaube, dass war für Neusser und Korschenbroicher ein schöner Handballabend. Ich habe eine Mannschaft gesehen, die diese Lust auf Handball heute ans Tageslicht gebracht hat“, fand Fanenbruck, dessen Team tatsächlich über die 60 Minuten viele Lebenszeichen sendete und damit den Nachweis, dass sie im weiteren Verlauf der Saison das Beste aus der sehr schwierigen Situation machen will. Der Weg ans rettende Ufer wird allerdings sehr kompliziert, weil bei 2:30 Zählern selbst der Rückstand auf den Vorletzten MTV Rheinwacht Dinslaken (7:23) bereits beachtlich ist. Freundlicher sieht die Welt der Korschenbroicher aus, die nun bei 26:4 Punkten stehen und sich erneut ein kleines Stück an den Spitzenreiter Interaktiv.Handball (30:2) heranrobben konnten. TVK-Trainer Gilbert Lansen hakte den Abend relativ gelassen ab: „In der ersten Halbzeit tun wir uns ein bisschen schwer. Der Angriff läuft relativ gut, aber da machen wir viele technische Fehler. In der zweiten Halbzeit machen wir es besser, im Angriff und in der Abwehr. Neuss kann es aber trotzdem halten, am Ende natürlich auch mit sehr viel Kampf. Ich denke, es war ein schönes Derby. Wir haben zwei Punkte und jetzt heißt es, sich auf Samstag und Weiden zu konzentrieren.“ Beim Zehnten HC Weiden (11:21) schließt Korschenbroich nach dem 36:28 bei der HSG Refrath/Hand und dem Sieg in Neuss am Samstag seine englische Woche ab.

Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase erarbeitete sich Neuss kleine Vorteile – 6:4 (11.), 9:7 (17.). Das 9:10 (19.) und 10:11 (20.)  drehten die Hausherren wieder in eine eigene Führung, ehe sie nach dem 16:14 (26.) bis zur Pause noch drei Gegentreffer kassierten und direkt danach zwei weitere – 16:19 (34.). Korschenbroich nutzte die Gunst der Stunde, um sich übers 23:18 (38.) und 27:21 (44.) ein beruhigenderes Polster zu verschaffen, doch der Außenseiter kam zurück – 24:27 (51.), 27:29 (56.). In einer direkt folgenden Auszeit fand TVK-Coach nun offensichtlich zusammen mit seiner Mannschaft die richtigen Worte und Mittel: David Klinnert verwandelte einen Siebenmeter zum 30:27 (57.), bevor Maximilian Eugler das 31:27 (59.) erzielte und Mats Wolf mit dem 32:27 (59.) den Schlusspunkt setzte. „Es freut  mich wirklich, dass wir nach der Auszeit hingekriegt haben, uns von minus sechs auf minus zwei heranzukämpfen“, fand NHV-Trainer Fanenbruck, „darauf möchten wir aufbauen und jedes Spiel gegen jede andere Mannschaft zu einem Spiel gegen Korschenbroich machen. Ich glaube und hoffe, dass wir das hinkriegen, dass wir dann eventuell noch mal ein bisschen was Zählbares holen.“ Den nächsten Anlauf in diese Richtung unternehmen die am kommenden Wochenende spielfreien Neusser am 11. Februar erneut als Außenseiter beim Fünften HC Gelpe/Strombach (20:12 Punkte).

Neusser HV: Schroif, Wiese – Merten (4), Menze, Neumann, Rosendahl (1), Murawski, Küpper Ventura, Zwarg (8/5), Rothkopf (2), Franz (6), Bauer (2), Kauwetter (4), Brockmann.

TV Korschenbroich: Schoolmeesters, Krüger – Schiffmann (5), Bark (1), Klinnert (5/4), Eugler (4), Klause (4), Ingenpaß (2), Brinkhues (3), Zidorn, Wolf (4), Tobae, Neven (4), Brakelmann.

 

Interaktiv, das natürlich nicht ernsthaft an einen Patzer seines einzigen Verfolgers geglaubt hatte, kann nach dem glücklichen 36:36 zuletzt gegen die TSV Bonn rrh. noch einmal in Ruhe darüber nachdenken, wie es den Rest der Saison mit weiteren zehn Aufgaben bestreiten will. Weil der Tabellenführer am kommenden Wochenende selbst nicht im Einsatz ist, kann er zudem sorgfältig beobachten, was die demnächst im Weg stehende Konkurrenz anstellt. Dabei werden Trainer Filip Lazarov und der spielende Co-Trainer Alexander Oelze besonders beim OSC Rheinhausen hinsehen, der als Dritter mit 21:11 Punkten zurzeit das restliche Feld hinter den beiden Spitzenteams anführt. Eine Überraschung waren die 15:1 Zähler der Rheinhausener aus acht Begegnungen hintereinander ohne Niederlage – und eine Überraschung war zuletzt auch das 29:30 beim Vorletzten MTV Rheinwacht Dinslaken. Rheinhausen, das sich gemeinsam mit der HG Remscheid (20:10) und dem HC Gelpe/Strombach (20:12) um Rang drei bewirbt, kommt am 12. Februar nach Ratingen und erwartet jetzt zunächst den Aufsteiger HSG Refrath/Hand (Achter/14:16 Punkte). Weil die Halle des OSC an der Krefelder Straße nur 25 Kilometer von der Interaktiv-Heimat an der Gothaer Straße entfernt liegt, bietet sich eine Dienstreise der Ratinger zu Spionagezwecken förmlich an. Im Übrigen können sowohl Rheinhausener als auch Refrather ziemlich befreit auf die Platte gehen – weil es für keinen von beiden nach ganz oben gehen wird und keiner von beiden Probleme mit dem Klassenerhalt bekommen wird. Da sieht es momentan viel eher nach einem Zweikampf zwischen dem Vorletzten MTV Rheinwacht Dinslaken (7:23 Punkte) und dem leidenden Letzten Neusser HV (2:30) aus, falls die Neusser denn wirklich die für eine Art Wunder erforderliche Motivation zusammenkratzen können. 

Ob den Dinslakenern der Erfolg über Rheinhausen nachhaltigen Schwung verleiht, dürfte bereits die Aufgabe beim Sechsten SG Langenfeld (18:14 Punkte) zeigen, für die der MTV mit Trainer Marius Timofte aber als Außenseiter gelten muss. Um den Abstand zum Elften Bergischer HC II und zum Zwölften TSV Bonn rrh. (beide 10:20) zu reduzieren, hilft nur ein Sieg. Und gleichzeitig müssen die Dinslakener hoffen, dass der BHC II gegen Gelpe/Strombach und die Bonner gegen Remscheid möglichst leer ausgehen – wovon allerdings HC-Trainer Markus Murfuni und HGR-Coach Alexander Zapf bestimmt wenig halten. Die beiden Mitglieder des Trios hinter den Aufstiegskandidaten hatten in der vergangenen Saison in der Abschlusstabelle die Ränge vier und fünf belegt – wie jetzt, nur in umgekehrter Reihenfolge. Dass beide nicht das geringste Interesse daran haben, sich vom Mittelfeld aufsaugen zu lassen, gilt als sicher – und das gilt womöglich noch ein Stück mehr für Remscheids Trainer Zapf, der am Ende der Saison im Bergischen aufhört und künftig für den Zweitligisten VfL Eintracht Hagen arbeitet. Dort kümmert er sich ab dem Sommer um die zweite Mannschaft (U 23), die sich als Zweiter (28:4 Punkte) der Oberliga Westfalen mit dem Spitzenreiter TSG Altenhagen-Heepen (29:3) einen Zweikampf um die Meisterschaft liefert. In Hagen wird Zapf zum Beispiel auf Torhüter Nils Torben Schmidt treffen, der früher unter anderem bei der einstigen SG Ratingen, beim Longericher SC und beim TuS 82 Opladen zwischen den Pfosten stand.

Obwohl sich Bonner und BHC II bei jeweils zehn Zählern in relativer Sicherheit befinden, wollen/werden sie in der zweiten Saisonhälfte weiter alles geben – alleine, um den eigenen Ansprüchen zu genügen. Das gelang den Bonnern etwa jüngst mit dem beachtlichen und keineswegs schmeichelhaften 36:36 in Ratingen, während die Solinger mit dem 34:24 in Neuss eine lange Negativ-Serie beendeten (acht Spiele ohne Erfolg mit 1:15 Punkten). Beim Blick nach vorne sehen sie vor allem den Neunten BTB Aachen (11:17) und den Zehnten HC Weiden (11:21), die bisher im neuen Jahr beide keinen Zähler einfahren konnten. Die Aachener, die insgesamt viermal hintereinander den Kürzeren zogen (zweimal im Dezember 2022, zweimal im Januar 2023), würden nun gerne bei TuSEM Essen II die Wende einleiten – das sich allerdings im neuen Jahr sehenswert gefangen hat. Nach acht Spielen ohne doppelten Punktgewinn (2:14 Punkte) im Oktober, November und Dezember 2022 machte die Mannschaft von TuSEM-Trainer Lukas Ellwanger seit der Fortsetzung der Meisterschaft viel Boden gut – 34:32 beim Bergischen HC II, 31:26 gegen Neusser HV, 35:32 beim HC Gelpe/Strombach. Daraus folgt: Die Aachener werden vermutlich ihr Maximum auf die Platte bringen müssen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen – wie ja auch die Weidener gegen Korschenbroich.

Dass im Keller der Tabelle ein eher begrenzter Kreis an echten Abstiegskandidaten da ist, liegt einerseits an den amtlichen Durchführungsbestimmungen und hat andererseits mit der 3. Liga zu tun. Demnach würde, falls der Jetzt-Stand eingefroren würde und am Ende weiter Gültigkeit hätte, selbst der MTV Rheinwacht Dinslaken die Klasse halten. Die Ursache dafür ist nicht kompliziert: Weil zurzeit in der 3. Liga kein Verein aus dem Einzugsgebiet der Regionalliga akut vom Abstieg bedroht ist (theoretisch kommen höchstens noch der TV Aldekerk und der TuS 82 Opladen in Frage), gäbe es von dort keinen Absteiger und entsprechend lediglich zwei aus der Regionalliga in die Oberliga. Wie gehabt: Einer davon steht im zurückgezogenen Leichlinger TV bereits fest und deshalb ist der vorletzte Platz durchaus für den einen oder anderen ein erstrebenswertes (Minimal-) Ziel.