2. Bundesliga
Warum Dormagen enttäuscht ist und Essen gewarnt
TSV Bayer verliert mit 30:33 gegen Großwallstadt und muss nun nach Dessau. TuSEM muss in Rostock aufpassen - obwohl so viel fürs Team von Trainer Michael Hegemann spricht.

Manchmal war guter Rat teuer: Christian Ole Simonsen, Co-Trainer André Niklas, Mislav Grgic, Trainer Matthias Flohr, Kapitän Patrick Hüter und Alexander Senden (von links) fanden mit ihren Dormagenern am Ende ein paar Lösungen zu wenig gegen Großwallstadt. (Foto: Thomas Ellmann)

TSV Bayer Dormagen – TV Großwaldstadt 30:33 (14:16). Dormagen verpasste den dritten Sieg in Folge und somit die Chance auf ein ausgeglichenes Punktekonto. Nach dem 29:25 gegen die HSG Nordhorn-Lingen vor der langen WM-Pause und dem 24:22 vom vergangenen Freitag beim HC Empor Rostock rutschte das Team von Trainer Matthias Flohr durch die Niederlage gegen Großwallstadt (18:18 Punkte), das an Bayer vorbeizog und sich auf Rang elf verbessern konnte, auf den 13. Tabellenplatz ab (16:20). „Die Enttäuschung ist riesig. Wir konnten in den letzten Wochen kaum mit dem ganzen Team trainieren, deshalb waren wir nicht so eingespielt wie sonst. Dies hat dann auch dazu geführt, dass viele Abläufe in Angriff und Abwehr nicht gepasst haben. Wir wussten, dass der TVG eine gute Mannschaft ist – und dann wird es für uns natürlich schwer“, sagte Flohr, der aufgrund vieler Ausfälle zuletzt vor einer halben Ewigkeit den kompletten Kader an Bord hatte.

Bereits nach 40 Sekunden eröffnete der TVG die Partie mit dem 1:0, das die Gastgeber durch Joshua Reuland aber direkt beantworten – 1:1 (2.). Weil TSV-Schlussmann Martin Juzbasic  nach den ersten fünf Minuten schon vier freie Würfe abgewehrt hatte, lagen die Hausherren beim 3:2 (7.) noch vorne. Da die Gäste ihre Chancen in der Folge allerdings besser nutzten, setzten sie sich bald etwas ab und Flohr musste beim Stande von 6:9 seine erste Auszeit nehmen (16.). Im Anschluss daran schafften die Dormagener, die von zwei Zeitstrafen (17./18.) für den Großwallstadt profitierten, durch Jan Reimer den 10:10-Ausgleich (19.), konnten diese gute Phase aber gegen einen wieder vollzähligen Kontrahenten nicht weiterführen –  14:16 (30.). Dormagen glich dann zwar unmittelbar nach der Pause zum 17:17 (33.) aus, doch die Gäste zeigten sich unbeeindruckt und stellten mit dem 21:18 (38.) die alten Verhältnisse her.

Beim Stande von 20:24 (42.) nahm Flohr seine zweite Auszeit, die wenig bewirkte – und der Rückstand wuchs auf 23:28 (49.) an. Ian Hüter verkürzte wenig später noch auf 26:29 (53.), doch Großwallstadt blieb cool und sicherte über das 31:27 (55.) und 33:29 (59.) den verdienten Sieg. Viel Zeit, den Rückschlag in eigener Halle zu verarbeiten, bleibt den Dormagenern nun nicht: Am kommenden Sonntag steht die Aufgabe beim Dritten Dessau-Roßlauer HV (27:11 Punkte) auf dem Programm – die vermutlich sogar schwieriger wird als jene letztlich nicht gelöste gegen Großwallstadt. Für ein ordentliches Ergebnis wird der TSV Bayer vermutlich eine deutliche Steigerung brauchen.

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Simonsen – Böhnert, Reuland (7/3), Meuser (3), Senden (3), M. Schmidt, Zurga, Rehfus (2), I. Hüter (1), Reimer (7/1), Grgic, P. Hüter (1), Sterba (3), J.-C. Schmidt, Steinhaus (3).

Wenn es nach der reinen Statistik geht, müsste sich ein kleiner Vorteil für TuSEM Essen ergeben. Zuletzt genügte dem Team von Trainer Michael Hegemann ja eine durchaus bescheidene Treffer-Ausbeute zum 23:22 über den VfL Lübeck-Schwartau. Und so einfach ist es ja insgesamt nicht, mit nur 23 erzielten Treffern überhaupt ein Spiel in der 2. Bundesliga zu gewinnen – was den Essenern vorher auch noch nicht gelungen war. Hegemanns Erleichterung war deshalb nachvollziehen: „„Alles in allem sind wir unfassbar glücklich, dass wir gewonnen haben. Das wird uns für die zukünftigen Aufgaben eine Menge geben.“ Wie genau diese Menge aussehen könnte, können die Essener am Freitag in der Partie beim HC Empor Rostock nachweisen, der als Vorletzter (8:26 Punkte) noch stärker vom Abstieg bedroht ist als jene Lübecker und bisher in Heimspielen (4:14) mit zwei Siegen und sieben Niederlagen weder Angst noch Schrecken verbreiten konnte – kürzlich beim 22:24 gegen die Dormagener ebenfalls nicht. Größte Gefahr bei der Dienstreise an die Ostsee für TuSEM (20:16), das grundsätzlich den aktuellen Rang acht festigen will: Die Gastgeber haben, obwohl noch die Hälfte der Saison vor ihnen liegt, nahezu nichts mehr zu verlieren. 

Essen auf der anderen Seite hat aus den vergangenen elf Begegnungen eine Bilanz von 18:4 Punkten im Rücken, sodass der durchaus ziemlich schwierige Saisonstart mit 2:12 Zählern inzwischen einer längst vergessenen Epoche anzugehören scheint. Damals gab es sechs Niederlagen hintereinander – nach einem Sieg zum Start in die Saison. Gegner damals: Rostock, das beim 15:26 in der Halle Am Hallo chancenlos war. Bereits damals mehr als deutlich zu erkennen: TuSEM sieht in erster Linie dann gut aus, wenn die Abwehr an ihr Limit kommt. Mit  bisher 461 Gegentreffern (Durchschnitt 25,61 pro Partie) verfügt TuSEM aktuell hinter dem Zweiten ThSV Eisenach (455/25,27) und dem Sechsten HSG Nordhorn-Lingen (456/25,33) über den drittbesten Wert in der 2. Bundesliga. Dazu wollen die 489 (27,16) selbst erzielten Tore nicht so recht passen: In diesem Bereich liegen lediglich sechs Mannschaften hinter den Essenern und am weitesten wenig überraschend die von manchen personellen Problemen geplagten Rostocker, deren 449 Tore (24,94) der Minusrekord in der Klasse sind. Wenn demnach die drittbeste Abwehr auf den bisher schwächsten Angriff trifft, sollte ein Sieg der Anspruch der Essener sein. In der Theorie jedenfalls. Die praktische Umsetzung muss TuSEM auf der Platte liefern.