09. Februar 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es ist angerichtet für einen ziemlich großen Handball-Abend. Und der Longericher SC, dem jecken Brauchtum schon immer in allen Bereichen sehr zugetan, hätte wenig dagegen, den eigentlich erst in einer Woche beginnenden Karneval mit dem, was der Rheinländer tolle Tage nennt, schon am Freitag einzuleiten. Trainer Chris Stark drückt es so aus: „Es knistert in Longerich.“ Das wiederum kann kaum verwundern, weil das Heimspiel gegen die HSG Krefeld Niederrhein auf dem Programm steht, die als klares Saisonziel den Einzug in die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga formuliert hat und dafür einen beträchtlichen Aufwand betreibt. Insofern liegt der aktuelle Rang zwei der Eagles nicht im Bereich der größeren Überraschungen, sondern genau im erwarteten Korridor. Dass die Mannschaft des vor der Saison gekommenen neuen Trainers Mark Schmetz bei 29:9 Zählern inzwischen deutlich hinter dem Spitzenreiter TV Emsdetten liegt (35:3), werden sie in Krefeld jedenfalls dann locker verkraften können, wenn es am Ende bei jenem zweiten Platz bleibt, der ebenfalls ein Ticket für die Aufstiegsrunde bringt. Dabei schien es lange Zeit überhaupt keine Frage zu sein, dass die Krefelder den Zweitliga-Absteiger aus dem Emsland dorthin begleiten werden, aber die Dinge haben sich ein wenig verändert: Hinter dem Top-Duo haben sich zuerst die Bergischen Panther (29:11 Punkte) immer weiter nach oben herangearbeitet – und dann kommen bereits die Longericher (27:13). „Hätte man mich in der Winterpause gefragt, ob wir überhaupt noch mal auch nur im Ansatz an die Sphären der Tabellenplätze eins und zwei mit Krefeld und Emsdetten rankommen könnten, hätte ich wahrscheinlich lächelnd abgewunken. Die Mannschaft hat sich das aber durch super Leistungen in den vergangenen Wochen absolut verdient.“
Nach dem 32:33 gegen die Bergischen Panther vom 18. November 2022 holte der LSC aus den vergangenen acht Begegnungen ohne Niederlage 14:2 Punkte. Im selben Zeitraum gaben die Krefelder insgesamt sechs Punkte ab – mit schwachen bis indiskutablen Leistungen gegen den VfL Gladbeck (30:34) und beim TuS Spenge (23:40) sowie trotz einer Hundert-Prozent-Steigerung in Emsdetten (31:33). Stark mag darauf kein besonderes Plus für den LSC ableiten – im Gegenteil. Und er führt dafür nicht zuletzt die unterschiedlichen Strukturen der beiden Kontrahenten an. „Wir sind ganz klarer Außenseiter, nicht zuletzt aufgrund der schwierigen Personallage“, findet der LSC-Coach, „um das mal zu vergleichen: Im Januar hatte sich bei Krefeld Rückraumspieler Maik Schneider verletzt und auf Halbrechts haben sie U-19-Nationalspieler Robert Krass nachverpflichtet, der aus der Jugend der Rhein-Neckar Löwen kommt. Das ist Krefeld, das sind die Verhältnisse, das ist der Anspruch, der dahintersteckt. Wir haben am Wochenende, als wir personell doch arg geschröpft waren, Fynn Malolepszy aus der zweiten Mannschaft mitgenommen.“ Beim 31:33 in Emsdetten führte sich Krass, der dem Zweitligisten ThSV Eisenach „gehört“ und mit einem Zweitspielrecht für die HSG aufläuft, mit drei Treffern gut ein. Allerdings werden sich die Longericher mit ihrem Abwehrchef Christopher Wolf, den Start zusammen mit Malte Nolting als „Herz der Defensive“ bezeichnet, nicht nur um Krass kümmern müssen. Dass beide Seiten unabhängig vom zur Verfügung stehenden Personal mit Einsatz und Leidenschaft zur Sache gehen werden, steht sowieso fest.
Sehr interessierter Beobachter des Freitags-Höhepunkts werden auf jeden Fall die Panther mit Trainer Marcel Mutz sein – die, beginnend mit jenem 33:32 in Longerich vor fast drei Monaten, sogar 16:2 Zähler sammelten, dabei nur einmal verloren (23:27 bei den SG Schalksmühle/Halver Dragons) und nun die wohl einmalige Chance bekommen, gar nicht wie aus dem Nichts zumindest vorübergehend den zweiten Platz zu übernehmen. Erstens: Natürlich sieht die Aufgabe der Panther am Freitagabend (ebenfalls um 20 Uhr) gegen das Team HandbALL Lippe II (Zwölfter/10:28 Punkte) angesichts der langen und überzeugenden Serie lösbar aus. Zweitens: Gewinnen die Panther, erreichen sie 31:11 Zähler – und müssen dann bloß das Parallel-Ergebnis aus Köln einzuholen, um genau Bescheid zu wissen. Drittens: Um vorzurücken, braucht Mutz‘ Mannschaft gleichzeitig ein entsprechendes Ergebnis beim LSC. Mutz wird mit seinem Team vorab sicher nicht den Fehler machen, den eigenen Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern energisch die eigenen Hausaufgaben in den Vordergrund rücken. Bei den Panthern werden sie wohl erst später darüber nachdenken, was ein immerhin mögliches Vorrücken auf den zweiten Platz für den Rest der Serie bedeuten könnte.
Was für den TuS 82 Opladen nach dem 27:25 über die SG Schalksmühle/Halver Dragons und dem 39:27 über den ASV Hamm-Westfalen II ein dritter Heimsieg hintereinander im dritten Heimspiel 2023 bedeuten würde, liegt auf der Hand. Das Team von Trainer Fabrice Voigt, das auf der Zielgeraden 2022 aufgrund erheblicher personeller Probleme eine lange Durststrecke zu überstehen hatte, ist im Kampf um den Klassenerhalt als Siebter grundsätzlich auf einem sehr guten Weg – aber wie die ebenfalls mit 19:21 Punkten ausgestatteten Ahlener SG und LIT 1912 II bei acht Zählern Vorsprung auf die heiße Gefahrenzone zumindest theoretisch noch nicht ganz durch. Und einiges spricht dafür, dass die Opladener am Samstagabend eine ganz besondere Leistung benötigen, damit der Abend ebenfalls eine Art Handball-Fest werden kann. Seine Visitenkarte gibt in der Bielerthalle schließlich Tabellenführer Emsdetten ab, der wie selbstverständlich bei 33:3 Punkten und 646:519 Toren (plus 125) das Maß aller Dinge in der 3. Liga ist. Bemerkenswert: Im Bereich Defensive folgt direkt dahinter auf Platz zwei der TuS 82 mit 541 Gegentoren in 20 Spielen. Die Chance auf ein tolles Ergebnis ist in der Summe aller Puzzleteile natürlich trotzdem da, aber die Chance auf etwas Zählbares für den TuS 82 wohl im nächsten Auswärtsspiel am 25. Februar in Ahlen ein bisschen größer.
Die Frage, ob der Aufsteiger TV Aldekerk die Klasse halten wird, ist spätestens nach dem 26:25 zuletzt beim Team HandbALL Lippe II beantwortet: Ja, er wird. Sechs Runden vor dem Ende der Saison könnte er bereits am kommenden Wochenende die letzten ohnehin eher sehr theoretischen Restzweifel beseitigen – zum Beispiel durch ein passendes Ergebnis gegen den TuS Spenge. Dafür hat sich das Team um Spielertrainer Tim Gentges mit Rang sechs und 23:17 Punkten eine brillante Basis erarbeitet – und die Aldekerker könnten für die restlichen Wochen der Serie 2022/2023, wie vor ein paar Monaten, die Genießerwochen ausrufen. Gentges fordert allerdings in einer Mischung aus Stolz über das bisher Erreichte und ungebrochenem Ehrgeiz viel lieber bis zuletzt hundert Prozent Hingabe: „Genau wie in der Hinrunde starten wir jetzt die Big-Six-Tour. Wir müssen schauen, dass wir unsere taktische Ausrichtung einhalten, diszipliniert spielen und unsere Fehlerzahl minimieren. Wenn sich eine Chance ergibt, werden wir versuchen, sie zu ergreifen. Wir werden wieder alles reinwerfen.“
Der Respekt vor dem Tabellenfünften (24:14 Punkte), der durchaus noch auf die Plätze drei und vier schielt, ist selbstverständlich groß: „Spenge ist ein körperlich sehr, sehr starkes Team. Sie verfügen über eine sehr starke und kompakte Abwehr, gerade im Mittelblock. Da musst du dir Chancen erst mal erspielen. Viele Fehler darf man sich gegen Spenge nicht erlauben, die nutzen jeden Fehler brutal aus. Auch im Angriff verfügen sie über sehr viel Qualität. Da heißt es wirklich, eine kompakte Abwehr und einen guten Torwart dagegenzustellen. Sonst ist es schwierig, irgendwie eine Chance zu haben.“ Einfacher wird es für die Aldekerker anschließend aber nicht mehr mit den Partien in Krefeld (25. Februar), in Emsdetten (4. März), in Longerich (18. März), in Opladen (25. März) und gegen die Panther (1. April).