3. Liga
Longericher zerlegen die Eagles – und heben die Panther auf Platz zwei
LSC gewinnt Spitzenspiel gegen die HSG Krefeld Niederrhein verdient mit 34:27. Panther quälen sich zum 31:30 gegen HandbALL Lippe II.

Ich schrei vor Glück! Torhüter Valentin Inzenhofer war mit seinen Paraden nicht unwesentlich am Erfolg der Longericher gegen Krefeld beteiligt. (Foto: Thomas Schmidt)

Longericher SC – HSG Krefeld Niederrhein 34:27 (17:9). Es hätte nicht viel gefehlt und das Dach der Halle wäre weggeflogen. Und vielleicht muss ja die Geschichte, in deren Mittelpunkt der Kampf um den Aufstieg in die 2. Liga dreht, in einigen Kapiteln echt neu geschrieben werden. Klar: Ganz vorne ist der Absteiger TV Emsdetten (35:3 Punkte) auf dem direkten Weg in die Aufstiegsrunde. Aber wer das zweite Ticket für jenen Kreis an Klubs aus der Gruppe West der 3. Liga löst, die später in der Saison den Sprung nach oben probieren werden, ist auf einmal wieder völlig offen. Wenn es nach diesem Freitagabend geht, dürfen es kaum die Krefelder sein, die nahezu alle Tugenden eines Spitzenteams irgendwo am Niederrhein gelassen zu haben schienen: Spielerische Klasse jedenfalls gab es über weite Strecken kaum und so etwas wie Leidenschaft und Einsatz oder mannschaftliche Geschlossenheit allenfalls selten oder noch weniger. Alle diese Eigenschaften zeigten dafür die Longericher, die ihrer aktuell guten Form durch diesen Erfolg spektakulär die Krone aufsetzten – und doch weiterhin „nur“ Vierter sind. Der LSC hat nun aber mit seinen 29:13 Punkten die auf den dritten Platz abgerutschten Krefelder (29:11) hautnah im Blick. Gemeinsam mit den auf Rang vorgerückten Bergischen Panthern (ebenfalls 29:11) werden die Kölner auf der Zielgeraden der Saison in ihren restlichen fünf Spielen auf jeden Fall zu beachten sein, was die Position direkt hinter Emsdetten angeht. Klarer Fall: Die Hausherren und ihr begeisterter Anhang sind für den Augenblick mehr als nur einfach glücklich. „Besser als in der ersten Halbzeit kann man das nicht spielen“, stellte Stark voller Euphorie und durchaus richtig fest, „in der zweiten haben wir versucht, das im Griff zu behalten. Und das ist uns insgesamt gut gelungen. Ich bin stolz auf die Mannschaft.“ Dass der Erfolg der Gastgeber völlig verdient war und die Eagles im Grunde mit dem Ergebnis ganz gut bedient waren, stand sowieso fest.

Vor allem in den ersten 30 Minuten dominierte der von seinem Top-Torjäger Lukas Martin Schulz und von einem überragenden Keeper Valentin Inzenhofer geführte LSC nach Belieben – mit Entschlossenheit, Zielstrebigkeit und Spielwitz. Alleine die neun Schulz-Treffer vor der Pause hätten gereicht, um mit einem Unentschieden in die Kabine zu gehen. Irgendwie erinnert die Partie bisweilen an das Duell zwischen einem Hochgeschwindigkeitszug und einer betulichen Regionalbahn, die vielleicht irgendwann auch an ihr Ziel kommt. Wo dieses Ziel für sie liegen könnte, wiesen die Hausherren in jeder Sekunde nach – und deshalb gerieten sie nach dem 1:0 (2.) von Schulz auch kein einziges Mal in Rückstand. Nur beim 1:1 (3.) und 2:2 (4.) konnte Krefeld ausgleichen, ehe es im Wirbel der Longericher rat- und hilflos wirkte. Besonders enttäuschend und angesichts der hohen Ansprüche sogar beschämend war die Phase der Krefelder nach dem 9:7 (14.), als Longerich übers 10:7 (16.) bis zum 15:7 (25.) sechs Tore in Folge erzielte und sich hier den entscheidenden Vorsprung erarbeitete.

Und echte Gegenwehr des Tabellenzweiten? Fand, wenn überhaupt, eher stückweise statt – und blieb deshalb chancenlos gegen die hohen Emotionen der Kölner, denen gerade am Anfang der zweiten Halbzeit ebenfalls manches missglückte. Klarer Unterschied zum Gegner: Der LSC arbeitete sich aus dem einen oder anderen Tief heraus und er kehrte auf den Weg in ein sicheres Fahrwasser zurück. Beim 20:13 (37.) war der Vorsprung nur um ein Tor geschmolzen und selbst beim 26:20 (46.) oder 27:21 (47.) kamen nie Zweifel daran auf, wer die Partie für sich entscheiden würde. Der Versuch der Gäste, Longerichs Rückraumspieler Schulz in eine Manndeckung zu nehmen und so Sand ins LSC-Getriebe zu streuen, brachte ebenfalls eher einen begrenzten Erfolg. Den größten Unterschied zwischen den beiden Teams zeigte dann Nico Pyszora beim Stande von 31:23 in der 52. Minute, als Longerich durchaus schon einen Gang hätte herunterschalten können. Vorne hatte der LSC den Ball vertändelt und Pyszora holte das Letzte aus sich heraus, um das Spielgerät zurückzuerobern – was ihm gelang. Kurz darauf konnten aus Kölner Sicht bereits ein paar Minuten vor der Schluss-Sirene die allgemeinen Feierlichkeiten an diesem Freitagabend beginnen. In Krefeld, dem der erkrankte Torhüter Sven Bartmann als Rückhalt an allen Ecken und Enden fehlte, werden sie sich jetzt vor allem überlegen müssen, wie sie die hohen Ziele erreichen und ob sie überhaupt so bleiben dürfen. Mit Auftritten wie an diesem Abend passt das auf keinen Fall. Vielleicht muss ja die Geschichte, in deren Mittelpunkt der Kampf um den Aufstieg in die 2. Liga dreht, in einigen Kapiteln tatsächlich neu geschrieben werden.

Longericher SC: Ruch, Inzenhofer – Gerfen, Dahlke (3), Nolting, Pyszora (5), Richter (4), Lincks (1), Wolf, Zimmermann (5), Schulz (14/5), Johnen (2), Rinke.

HSG Krefeld Niederrhein: König, Hasenforther  – Krass (3), Krings (1), Pöter, Noll (5/4), Hahn (3), Schulz (8/2), Braun (1), Brüren (1), Kaysen (1), L. Jagieniak (1), Dommermuth, Obranovic, Bitzel, Mircic (2).

Bergische Panther – Team HandbALL Lippe II 31:30 (17:15). Die Panther bleiben Experten für enge Spiele: Der Erfolg über die Gäste aus Westfalen war tatsächlich bereits der sechste Saisonsieg mit lediglich einem Tor Unterschied. Für Panther-Trainer Marcel Mutz war dieser allerdings besonders hoch einzuschätzen, denn die Vorzeichen sahen alles andere als positiv aus. Mutz musste in Bjarne Steinhaus, Justus Ueberholz und Henrik Heider kurzfristig auf drei Rückraumspieler verzichten. Nicht nur deswegen war der Coach besonders beeindruckt: „Ich glaube, dass es aufgrund des gesamten Spielverlaufs verdient ist, dass wir heute gewonnen haben, wenn auch wieder mit ein bisschen Spielglück, was dazugehört. Aber das hat man halt gerade, wenn man da oben steht. Riesenkompliment an meine Jungs, welche Leidenschaft sie an den Tag gelegt haben, wie jeder einen Schritt mehr gemacht hat für den anderen. Wir haben heute auch für die Jungs gewonnen, die nicht dabei waren.“ Der Lohn: Zumindest für eine Woche kletterten die Panther auf Platz zwei (31:11 Punkte) vor der HSG Krefeld Niederrhein (29:11), die am Karnevalssamstag im Nachholspiel gegen Lippe wieder gleichziehen kann. Ein weiterer Gewinner des Abends war ganz nebenbei der TV Aldekerk, denn durch den Panther-Sieg ist dem Nachbarn vom Niederrhein der Klassenerhalt in der 3. Liga nun selbst rechnerisch nicht mehr zu nehmen.

Die Hausherren fanden schlecht in die Partie und lagen über das 0:3 (2.), 1:4 (3.) und 3:7 (9.) früh hinten. Nach und nach kämpfte sich Mutz‘ Team aber über eine immer stabilere Abwehr in die Partie und  erzielten so einfachere Tore im Tempospiel. So kamen die Panther über das 5:7 (10.) auf 7:8 (12.) ran und durch Timo Blum beim 10:10 (17.) wieder zum Ausgleich. Kurz darauf war Blum zudem für die erste Führung der Gastgeber verantwortlich – 12:11 (19.). Die Begegnung blieb bis zur Pause ausgeglichen, doch die Panther nahmen zum richtigen Zeitpunkt nach dem 15:15 (29.) durch Moritz Görgen (29.) und Simon Schlösser (30.) eine 17:15-Führung mit in die Kabine. Nach dem Seitenwechsel bauten David Bleckmann (32./34.), Simon Wolter (32.) und Jan Blum (34.) das 17:16 zum 21:16 aus.

Diesen Vorsprung verteidigten die Panther in der Folge mit Leidenschaft – und sie behielten im richtigen Moment die Ruhe. Nachdem Lippe das 25:20 (44.) zum 25:23 verkürzt hatte (48.), nahm Mutz eine Auszeit und sein Team antwortete perfekt zum 27:23 (51.). Auf das 29:27 (56.) fanden die Hausherren ebenfalls die passende Reaktion und Schlösser besorgte per Doppelpack das 31:27 (57./58., Siebenmeter). In den letzten Sekunden wurde es noch einmal richtig hektisch und die Panther verbrachten die Schlussphase nach den Zeitstrafen gegen Dorian Wöstmann (58.) und David Bleckmann (59.) in doppelter Unterzahl. Der 31:30-Anschluss der Gäste (60.) kam allerdings zu spät und am Ende brachte Mutz‘ Mannschaft den knappen Vorsprung ins Ziel.

Bergische Panther: Conzen, Eigenbrod – Lorenz, T. Blum (5), Wöstmann, Görgen (2), Elverfeld, Schlösser (10/1), J. Blum, Zulauf, Weiß (2), Padeken (1), Bleckmann (6), Wolter (4).