3. Liga
Von Krefeld bis Opladen: Die Wochen der Wahrheit
Eagles brauchen für Platz zwei vor Rekordkulisse einen Sieg gegen Aldekerk. Auch Panther und Longerich stehen vor Top-Spielen. TuS 82 kann Klassenerhalt klarmachen.

Jeder kämpft für sich: Matija Mircic will mit Krefeld in die 2. Bundesliga oder wenigstens in die Aufstiegsrunde dorthin, Birger Dittmer (links) und Jan Jagieniak (rechts) streben mit dem TuS 82 Opladen „nur“ den Klassenerhalt in der 3. Liga an. (Foto: Herbert Mölleken)

Hin und wieder schien es in den vergangenen Wochen tatsächlich wichtiger zu sein, wie viele Zuschauer am Ende da sein werden: 6000, 7000 oder vielleicht sogar 8000 – wonach es zurzeit aussieht, weil die HSG Krefeld Niederrhein in dieser Woche bereits mehr als 7800 abgesetzte Eintrittskarten meldete. Insofern hat sich der Umzug aus der gewohnten Halle Glockenspitz in die große Multifunktionshalle Yayla-Arena als Werbemaßnahme gelohnt, denn die Eagles treffen am Samstagabend vor einer Rekordkulisse auf den TV Aldekerk. Weil die beiden Teams nur knapp 20 Kilometer voneinander entfernt zu Hause sind, geht die Partie mit Recht als Niederrhein-Derby durch – in das die beiden Kontrahenten allerdings unter völlig verschiedenen Voraussetzungen starten. Es dreht sich in erster Linie für die Eagles um zwei extrem wichtige Punkte: Alles andere als ein Erfolg wäre ein herber Rückschlag und die ungewöhnliche Kulisse dann plötzlich gar nicht mehr so berauschend. Alles hat mit der Lage im Kampf um den zweiten Tabellenplatz zu tun, der am Ende wie der durch den TV Emsdetten (37:3 Zähler) besetzte Rang eins zur Teilnahme an der Zweitliga-Aufstiegsrunde berechtigt. Fünf Runden vor dem Ende der Saison in der Gruppe West gibt es vier Kandidaten für die Vizemeisterschaft: Bergische Panther (31:11), Krefeld (31:11), Longericher SC (29:13) und TuS Spenge (26:14/ein Spiel weniger). Einfache Rechnung: Die Eagles, in diesem Jahr bisher mit übersichtlichen 4:6 Punkten ausgestattet, können sich keine weitere Niederlage mehr leisten nach dem 23:40 in Spenge, dem 31:33 in Emsdetten und dem 27:34 in Longerich. Eine Woche vor dem Spitzenspiel am 3. März bei den Panthern hat die HSG deutlich mehr Druck als Aldekerk – das grundsätzlich als klarer Außenseiter zu sehen ist.

Hauptgrund dafür, dass der TVA trotzdem eine Gefahr für den Favoriten werden könnte: Der Aufsteiger hat seit zwei Wochen den sich seit Langem anbahnenden Klassenerhalt hundertprozentig in der Tasche. Die Mannschaft um den spielenden Trainer Tim Gentges hat damit Unerwartetes geschafft – vor allem, was den frühen Zeitpunkt der erreichten Sicherheit angeht. Weil die Aldekerker, die in der Hinrunde knapp mit 30:32 gegen die HSG unterlagen, dennoch weiter heiß sind auf ihr Restprogramm mit Auftritten in Krefeld, in Emsdetten (4. März), in Longerich (18. März), beim TuS 82 Opladen (25. März) und zum Abschluss gegen die Panther (1. April), ist ihnen eine Überraschung jederzeit zuzutrauen. Gentges, wie Keeper Paul Keutmann oder Kreisläufer Marcel Görden einst im Trikot der Krefelder unterwegs, fiebert mit seinem Team der kurzen Dienstfahrt zur HSG entgegen. „Auf das Spiel vor einer tollen und besonderen Kulisse freuen sich eine Menge Menschen, die komplette Mannschaft, der ganze Verein und das ganze Dorf. Das wird ein Erlebnis, das sollte man in vollen Zügen genießen“, betont Gentges. Gleichzeitig betont er, dass immer noch der Sport und das, was auf der Platte passiert, im Vordergrund stehen: „Natürlich fahren wir in erster Linie dahin, um Handball zu spielen. Wir haben uns normal vorbereitet. Die Trainingswoche war sehr, sehr gut. Man merkt, dass die Jungs richtig Bock haben. Weil durch den geschafften Klassenerhalt eine Menge Last von unseren Schultern gefallen ist, sind wir wirklich befreit. Wir haben uns dieses Spiel ein Stück weit selber erarbeitet – und dass wir mit unserem Handball Leute begeistern können. Wir haben dafür trainiert, für Krefeld ein unfassbar unangenehmer Gegner zu werden. Wir werden alles reinschmeißen, was wir haben. Über die Qualität von Krefeld, eine der besten Mannschaften der Liga, muss man ja nicht reden. Wir haben aber auch auf dem Schirm, dass man sie schlagen kann.“

Die beiden zentralen Anliegen der Krefelder für den Samstag sind gleichzeitig nicht schwierig nachzuvollziehen. Erstens: Sie wollen ihre eigene Pflicht erfüllen und gegen Aldekerk gewinnen. Zweitens: Sie hätten wenig dagegen, wenn die hartnäckigsten Konkurrenten irgendwie aus dem Tritt kämen – wogegen die Panther und die Longericher nachvollziehbar alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen werden. Das Ausgabenpaket sieht diesmal allerdings, beginnend bei den Longerichern, happig aus: Der LSC, der zuletzt in Spenge (26:26) und gegen die Eagles (34:27) seine starke Form bestätigte, tritt im Emsland beim Tabellenführer auf den Prüfstand. Es ist ein echtes Spitzenspiel, in das die Beteiligten aber mit klar verteilten Rollen gehen, und ein Duell zweier Serientäter – hier mit Emsdetten, das seine bislang einzige Niederlage in dieser Saison vor vier Monaten am 22. Oktober 2022 in Krefeld erlitt (29:33) und nach dem 30:30 vom 1. November in Longerich keinen einzigen Punkt mehr abgab (22:0), dort mit den Longerichern, die nach dem Unentschieden gegen Emsdetten ebenfalls gar nicht mehr verloren und acht von neun Begegnungen siegreich gestalteten (16:2 Punkte). Dabei war nicht zuletzt der 34:27-Erfolg gegen Krefeld mit der herausragenden Leistung direkt vor der Pause über Karneval fast eine Kampfansage an die Konkurrenz vorne. Größter Nachteil des LSC: Er geht von Rang vier aus mit „nur“ 29:13 Punkten in den Endspurt, der ihn über Emsdetten zu den Opladenern (3. März), gegen den TV Aldekerk (18. März) und zu den Panthern (24. März) führt. Andererseits ist den Longerichern in diesen Wochen und Monaten ebenfalls beinahe alles zuzutrauen.

Das gilt im vergleichbaren Umfang für die Panther, die der aktuelle Platz zwei selbst am meisten überrascht. Nach jenem 30:34 vom 11. November gegen Emsdetten musste das Team von Trainer Marcel Mutz in den folgenden zehn Partien bei 18:2 Zählern bloß eine einzige Niederlage hinnehmen (23:27 bei den SG Schalksmühle/Halver Dragons) und brachte es dabei zu einer fast meisterlichen Bewältigung sehr knapper Spielstände. Insgesamt stehen bereits sechs Erfolge mit jeweils einem Tor Unterschied auf dem Konto der Panther, die aber auf der anderen Seite offensichtlich auch Top-Begegnungen lieben – wie sie in der Hinrunde mit dem 33:33 in Krefeld und dem 33:32 in Longerich nachwiesen. In diese Kategorie gehört jetzt die Aufgabe beim Fünften Spenge, der aus einem Zwischenstand von 13:13 Punkten inzwischen 26:14 Zähler gemacht und sich stückweise nach oben gearbeitet hat. Hier ergibt sich wieder eine einfache Formel: Gewinnen die Panther, bleiben sie der heißeste Kandidat für den zweiten Platz – den Spenge in diesem Fall abschreiben muss. Gewinnt dagegen der TuS, mischt er sich oben noch deutlicher ein. Die Panther werden allerdings alles investieren, um das folgende Heimspiel am 3. März gegen Krefeld zu einem besonderen Festtag zu machen.

Seinen eigenen Festtag könnte sich außerdem der TuS 82 Opladen verschaffen, der sich im Grunde bloß geringere Rest-Sorgen um den Klassenerhalt zu machen braucht – doch sie sind eben noch da. Das Team von Trainer Fabrice Voigt liegt bei fünf restlichen Spielen mit 19:23 Punkten acht Zähler vor dem Aufsteiger VfL Gladbeck (11:31), bei dem auf Platz elf die direkte Abstiegszone beginnt. Für den letzten Schritt zur vorzeitigen Sicherheit aus eigener Kraft müsste Opladen jetzt „nur“ bei der Ahlener SG gewinnen – was schwierig, aber definitiv nicht unmöglich sein dürfte. In der Hinrunde etwa holte der TuS 82 in der Bielerthalle einen vom Ergebnis her spektakulären 43:26-Erfolg, der sich natürlich kaum wiederholen lässt, zumal die auf Platz sieben geführte SG (21:21) damals einfach einen rabenschwarzen Tag hatte. Ein Resultat ein bis zwei Nummern kleiner wäre jetzt für den TuS 82 genauso in Ordnung. Dann könnte er ganz nebenbei das folgende Derby am 3. März gegen Longerich viel intensiver genießen.