1. Bundesliga
Bruchlandung in Hamm für grausame Gummersbacher
VfL verliert Duell der Aufsteiger nach einer schwachen ersten und noch schwächeren zweiten Halbzeit verdient mit 21:22.

Glücklich sieht anders aus: Trainer Gudjon Valur Sigurdsson wird mit seinen Gummersbachern nach dem völlig missratenen Auftritt in Westfalen manches zu besprechen haben. (Foto: Thomas Schmidt)

ASV Hamm-Westfalen – VfL Gummersbach 22:21 (10:12). Wie peinlich. Es war über 60 Minuten ein einziges Gekrampfe – was sich aus Sicht der tief im Keller feststeckenden Hausherren noch nachvollziehen ließ und ihnen letztlich sowieso fast gleichgültig sein konnte. Ob dem ASV der zweite Saisonsieg, gleichzeitig der erste nach dem 32:28 vom 8. Oktober 2022 gegen Frisch Auf Göppingen, im Kampf um den Klassenerhalt wirklich noch viel bringt, wird sich aber erst zeigen müssen – weil die zusammen mit dem VfL in die 1. Bundesliga aufgestiegenen Gastgeber bei 5:37 Punkten weiter Letzter sind. Neuer Mut und mehr Schwung für die immerhin 13 zu absolvierenden restlichen Saisonspiele könnten es ja sein. Und Gummersbach? Lieferte in erster Linie über weite Strecken einen sportlichen Offenbarungseid ab. Mit dem verletzten Regisseur Dominik Mappes fehlte dabei an allen Ecken und Enden jene ordnende Hand, die Hinweise auf die richtige Richtung in dieser Partie hätte geben können. Und wenn Trainer Gudjon Valur Sigurdsson später derart deutliche Worte in ein Mikrofon spricht, muss es ohnehin echt schlimm gewesen sein. „Ich bin fast sprachlos. Etwas muss ich falsch gemacht haben in der vergangenen Woche. Was wir in der zweiten Halbzeit verschießen, ist nicht erstligatauglich. Das war maximal ein Zweitligaspiel, wenn überhaupt“, fand der Isländer, den nicht mal ein mögliches Unentschieden besänftigt hätte: „Unsere Leistung war absolut unterirdisch.“ Ganz nebenbei ist Gummersbach mit jetzt 18:22 Punkten endgültig im breiten Mittelmaß angekommen – Tendenz fallend im Moment.

Den Gummersbachern fehlten im Aufsteiger-Duell von Beginn an jene Ideen und jene Leidenschaft, die ihnen am Anfang der Saison 8:2 Punkte eingebracht, später zum spektakulären 31:29 über die SG Flensburg-Handewitt geführt und spannende Krimis gegen die Rhein-Neckar Löwen (29:32) oder die Füchse Berlin (28:30) ermöglicht hatten. Offensiv blieb der VfL über die gesamten 60 Minuten mit vielen Fehlern oder bestenfalls halb konsequent abgeschlossenen Versuchen in einem Bereich hängen, mit dem sich in der 1. Bundesliga wenig gewinnen lässt. Die 21 erzielten Tore waren am Ende noch schlechter als der bisherige Minusrekord vom 22:28 aus dem vergangenen November bei der MT Melsungen. Dahinter klafft im Übrigen bereits eine große Lücke zu den anderen Partien, in denen der VfL nie weniger als 26 Treffer erzielte (26:22 gegen TSV GWD Minden aus dem späten Oktober). Im Durchschnitt steht Sigurdssons Mannschaft nach 20 absolvierten Partien bei 28,95 Treffern (Torverhältnis 579:584).

Dass diese Marke kaum zu erreichen sein würde, deutete sich in Hamm schnell an – obwohl die Gäste mit dem 3:2 (5.) zunächst im Normbereich lagen und bis zum 6:3 (12.) das Heft des Handelns trotz bereits hier zahlreich vorkommender Unzulänglichkeiten (auf beiden Seiten) in die Hand zu nehmen schienen. Die 14. Minute war kurz darauf allerdings ein typisches Beispiel dafür, wie und warum der VfL einen komplett gebrauchten Abend erwischen würde. Ellidi Vidarsson hatte völlig frei die Chance zum 7:3 – und scheiterte an ASV-Keeper Vladimir Bozic, ehe der folgende Gegenstoß den Hausherren das 4:6 brachte. Ein weiterer Beleg für die Gummersbacher Probleme: Der VfL führte mit 11:10 (24.), als ein rätselhafter technischer Fehler von Julian Köster dem ASV den Ballbesitz brachte. Anschließend verordneten sich beide Seiten vielleicht nach einer geheimen Absprache eine Art strenger Tor-Diät – die erst Ole Pregler sieben Minuten später mit dem 12:10 (29.) zum Ende der ersten Halbzeit abbrach.

Die Schluss-Strecke des ersten Abschnitts war für die Gäste bereits schmerzhaft genug, doch es kam noch schlimmer. Mit dem schnellen 13:10 (32.) durch den von Hakon Styrmisson verwandelten Siebenmeter trat jedenfalls keine Besserung ein – im Gegenteil: Hamm erzielte vier Tore hintereinander, Gummersbach fand für siebeneinhalb Minuten gar nicht mehr statt und lag plötzlich mit 13:14 (39.) hinten. Mit dem 15:14 (43.), 16:15 (45.) und 18:17 (49.) kam dennoch eine Art Happy End in Frage, zumal der Tabellenletzte dem VfL im längst zum Abnutzungskampf gewordenen Treffen genügend Gelegenheiten dazu bot: So konnten Lukas Blohme und Tilen Kodrin das 19:21 (56.) übers 20:21 (58.) zum 21:21 (59.) ausgleichen für Gummersbach, das inzwischen mit dem siebten Feldspieler unterwegs war. In seiner letzten Auszeit (60.) entwickelte Hamms Coach Michael Lerscht nun eine hörbar auf den früheren Gummersbacher Yonatan Dayan zugeschnittene Idee – die wenig später tatsächlich das 22:21 brachte. Auch der VfL nahm noch eine Auszeit und entschied sich hier fürs Risiko, über einen Kempa-Trick versuchsweise zumindest das Unentschieden zu retten. Weil jedoch Lukas Blohme erkennbar im Kreis stand, konnte der Treffer von Ole Pregler richtigerweise nicht zählen. Direkt danach war die Pleite amtlich – ausgerechnet vor einer Phase der Saison, in der wieder besonders dicke Brocken folgen. Der VfL muss in den nächsten Wochen die Aufgaben gegen Melsungen (2. März), in Berlin (16. März), in Magdeburg (26. März), beim SC DHfK Leipzig (30. März), gegen den THW Kiel (2. April) und bei den Rhein-Neckar Löwen (9. April) bewältigen. Das sieht nach einer schwierigen Zeit aus.

VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Ohl, Vidarsson, Kodrin (2), Köster (1), Blohme (4), Schroven, Häseler, Schluroff (1), Pregler (3), Styrmisson (5/4), Kiesler, Stüber, Jansen (3), Zeman (2).

Eine schwierige Zeit hatte zuletzt auch der Bergische HC – allerdings eher eingegrenzt auf die 60 Minuten am vergangenen Sonntag bei der SG Flensburg-Handewitt, wo die Mannschaft von Trainer Jamal Naji eine 17:30-Packung bezog. Unter dem Strich profitiert der BHC momentan trotzdem von den 12:4 Punkten aus dem November und Dezember 2022 sowie vom 28:27 im ersten Spiel 2023 gegen die MT Melsungen. Deshalb geht es für Najis Team jetzt allgemein um eine Wiedergutmachung für den miserablen Auftritt in Flensburg und um die Rückkehr zu vorheriger Stabilität. Gelingt das, ist eine Festigung der aktuellen Position elf (18:20 Punkte) durchaus möglich – und im Grunde auch zwingend geboten, denn der BHC bekommt es ab jetzt fünf Mal in Folge mit hinter ihm platzierter Konkurrenz zu tun. Es beginnt mit zwei Heimspielen am Sonntag gegen den TVB Stuttgart (Platz 15/10:30 Punkte) und am 2. März gegen den TSV GWD Minden (17/6:32). Danach geht es am 19. März zur HSG Wetzlar (16/9:33), am 23. März gegen den ASV Hamm-Westfalen (18/5:37) und am 2. April zu Frisch Auf Göppingen (14/12:28).  Verkehrt wäre es wohl nicht, mit einer entsprechenden Ausbeute im Rücken am 6. April gegen den Deutschen Meister SC Magdeburg (zurzeit Vierter/31:5) anzutreten.