1. Bundesliga
Alle glücklich: BHC kämpft und Gummersbach glänzt
Team von Trainer Jamal Naji dreht Rückstand zum 34:32 gegen Minden. Der zuletzt durchhängende VfL zerlegt MT Melsungen beim 31:23 in Einzelteile.

Jaaaaaa! Torhüter Christopher Rudeck war vor allem am Anfang nicht unwesentlich daran beteiligt, dass der BHC gegen Minden später gewinnen konnte. (Foto: Michael Jäger)

Bergischer HC – TSV GWD Minden 34:32 (14:14). Schon vor dem Spiel war klar, dass der BHC vor einer schwierigen Aufgabe stehen würde, obwohl der Gegner „nur“ TSV GWD Minden hieß und als Vorletzter stark vom Abstieg bedroht ist. So sah das zum Beispiel Trainer Jamal Naji: „Das wird ein ganz enges Ding.“ Irgendwie irrte er sich. Denn es wurde tatsächlich noch enger.  Am Ende vollbrachte der BHC mit dem Sieg auch nichts Selbstverständliches, weil die Gäste aus Ostwestfalen auf der einen Seite offensichtlich an ihre Chance glaubten – und der BHC auf der anderen Seite in Sachen Belastungssteuerung beim einsatzfähigen Personal noch einmal an neuen Grenzen gelangte. Am vergangenen Sonntag hatte Najis Team gegen den TVB Stuttgart in einem wilden Finale eine unglückliche 25:26-Niederlage erlitten, obwohl die beiden für die Mannschaft grundsätzlich unverzichtbaren Spielmacher Tomas Babak und Linus Arnesson da mit an Bord waren. Die beiden waren nun fürs Duell mit GWD kurzfristig abhandengekommen – jeweils wegen muskulärer Probleme (Oberschenkel) nicht einsatzfähig. „Was mich glücklich stimmt, ist die Einstellung, die Minden allerdings auch an den Tag gelegt hat. Von beiden Mannschaften war das ein Fight“, fand Naji, „alles in allem können wir nur zufrieden sein. Wenn man bedenkt, dass neben den Ausfällen heute auch zwei Spieler gespielt haben, denen wir nur gewisse Minuten geben konnten, haben wir das nach unseren Möglichkeiten gut gemacht. Fairerweise muss man aber sagen, dass bei Minden mit Philipp Ahouansou einer der Schlüsselspieler gefehlt hat. Was wichtig ist, wir gewinnen dieses Spiel und die zwei Punkte. Heute können wir, zumindest was das Ergebnis angeht, zufrieden ins Bett gehen.“

Klar erkennbar: Die gelernten Lenker und Denker Babak und Arnesson, zudem mit überragenden individuellen Fähigkeiten ausgestattet, fehlten in der Spielsteuerung an allen Ecken und Enden. Was dem BHC wiederum nicht fehlte, war der Wille, diese schwierige Situation zu bewältigen – wie insgesamt nicht wenige kritische Phasen im Duell mit Minden. Weil sich die Hausherren durchbeißen konnten, überwiesen sie zwei weitere wertvolle Punkte auf ihr Konto, das so 20:22 Zähler aufweist. Und von Platz zehn aus besteht jetzt bereits eine Lücke von sieben Punkten etwa zu Frisch Auf Göppingen (13:31) auf Rang 15. Das Polster zum ersten Abstiegsplatz, den weiter Minden (6:34) einnimmt, ist noch einmal deutlich größer – was den BHC relativ erleichtert nach vorne blicken lässt. Dort geht es am 19. März bei der gefährdeten HSG Wetzlar (16./9:35) weiter.

Dass die Hausherren nach dem 0:1 (2.) und 1:2 (4.) nicht früh den Anschluss verloren, hatten sie den in dieser Phase vielen guten Paraden ihres Torhüters Christopher Rudeck zu verdanken. Dass die nach dem 3:5 (10.) und 4:6 (11.) die Wende schafften und mit dem 10:7 (19.) drei Tore vorne lagen, hatten sie dem allgemein erkennbaren Willen zu verdanken, alles für einen Erfolg zu investieren. Weil Ähnliches jedoch für die Gäste galt, die zuvor zwei Spiele hintereinander wegen zu vieler Krankheitsfälle hatten absagen müssen, blieb es spannend – 10:12 (24.), 13:13 (27.), 16:16 (35.). Beim 18:22 (42.) drohte den Gastgebern der Abend in der Wuppertaler Uni-Halle trotzdem komplett zu entgleiten und bis zum 23:26 (48.) lagen alle Vorteile auf der Seite des Abstiegskandidaten. Was folgte, waren nicht zuletzt weitere große Szenen von Lukas Stutzke, der aus dem 24:26 (48.) durch den Siebenmeter von Noah Beyer das 25:26 (49.) und 26:26 (50.) machte, ehe er kurz darauf auch zum 29:29 (54.) ausglich. Mit dem 31:30 (57.) von Alexander Weck und dem 32:31 (58.) von Djibril M’Bengue lag der BHC anschließend zum ersten Mal überhaupt vorne, ehe beim 32:32 (59.) erneut jedes Ergebnis möglich war. Am Ende war es ein Doppelpack von Noah Beyer zum 33:32 (59./Siebenmeter) und 34:32 (60.), der den Sieg brachte. Auch der an diesem Abend überragende Lukas Stutzke atmete tief durch: „Ich denke, am Ende haben wir es über die Abwehr geholt, was vorher gar nicht gut war. Es war ein unfassbarer Kampf für uns und wir sind unfassbar glücklich.“

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (9/4), Persson (3/1), Scholtes, Weck (5), Gunnarsson (1), Ladefoged (1), Szücs, Gutbrod (3), Gießelmann, Schmitz, Nikolaisen (1), M’Bengue (3), Stutzke (8).

VfL Gummersbach – MT Melsungen 31:23 (18:11). Das war doch nicht dieselbe Mannschaft. Aufsteiger Gummersbach, eine Woche zuvor als 21:22-Verlierer beim ASV Hamm-Westfalen allenfalls ein Schatten seiner selbst, schien irgendwie einem Jungbrunnen entsprungen zu sein und beherrschte die mit durchaus ziemlich prominentem Personal ausgestatteten Gäste aus Nordhessen von der ersten bis zur letzten Sekunde an mit einer Mischung aus Leidenschaft, Tempo und Spielwitz – also mit jenen Tugenden, durch die sich das Team von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson vor allem in der Hinrunde viel Respekt bei der Konkurrenz verschafft hatte. Nach den beiden knappen und frustrierenden Niederlagen gegen den TBV Lemgo (28:29) und in Hamm kehrte der VfL damit rechtzeitig vor schwierigen Wochen auf den Weg zu alter Stärke zurück – was sich in der Tabelle auswirkte: Der VfL zog an Melsungen (Elfter/20:24 Punkte) vorbei und gehört nun als Neunter (20:22) wieder zur oberen Hälfte. Von dort aus lässt sich das happige Programm, das mit drei Auswärtsspielen hintereinander beginnt, vermutlich etwas gelöster in Angriff nehmen. Weiter geht es am 16. März bei den Füchsen Berlin (Erster), am 26. März beim Deutschen Meister SC Magdeburg (Vierter) und am 30. März beim SC DHfK Leipzig (Achter). Am 2. April folgt der Kracher in der Schwalbe-Arena gegen den THW Kiel (Dritter) und am 9. April wartet die nicht weniger hohe Hürde bei den Rhein-Neckar Löwen (Zweiter).

Melsungen, unter anderem mit den drei deutschen Nationalspielern Kai Häfner, Julius Kühn und Timo Kastening angetreten, ging nur ein einziges Mal in Führung – beim 1:0 (3.) durch Häfner. Keine drei Minuten später hatten die gedanklich viel schnelleren und mit dem Willen zur Wiedergutmachung ausgestatteten Gummersbacher beim 4:1 (6.) allerdings schon die Wende eingeleitet. Die MT kam zwar auf 3:4 (9.) heran, wirkte aber fortan eher wie ein hilfloser Spielball des VfL, der über eine kompromisslos zupackende Deckung und einen guten Torhüter Tibor Ivanisevic die Kontrolle übernahm: Mit dem 5:3 (10.) von Tom Kiesler, dem 6:3 (12.) von Stepan Zeman, dem 7:3 (12.) und 8:3 (13.) jeweils von Lukas Blohme sowie dem 9:3 (14.) von Tilen Kodrin legte Gummersbach sehr zügig den Grundstein für den späteren Erfolg. Mit einem 4:0-Lauf vom 15:9 (23.) zum 18:9 (28.) schien Sigurdssons Team bereits ein Debakel der Gäste vorzubereiten, die bis zur Pause mit dem 11:18 (30.) ein bisschen Ergebniskosmetik betreiben konnten – und doch in der zweiten Halbzeit total chancenlos blieben. Dort kam der VfL mit dem 24:14 (42.), 26:16 (47.) und 29:19 (53.) mit jeweils zehn Treffern Unterschied zum höchsten Vorsprung. Für Sigurdsson war inzwischen längst die Zeit gekommen, unter anderem dem 20 Jahre jungen und aus der Drittliga-Mannschaft hochgezogenen Mittelmann Paul Ohl auf die Platte zu bringen. Das passende Ergebnis: Ohl setzte direkt vor dem Ende mit dem 31:23 den Schlusspunkt. Das fanden alle Gummersbacher stark – natürlich auch der sonst als Denker und Lenker fast unverzichtbare Dominik Mappes, der aufgrund seiner Rippenverletzung erneut nur Zuschauer war.

Während sie sich bei der durchaus nicht geringen Ambitionen ausgestatteten MT Melsungen über den anhaltend schlechten Trend mindestens viele Gedanken machen müssen, herrschte bei den Gummersbachern eine Mischung aus Erleichterung und Zufriedenheit. „Ich bin  stolz und glücklich mit meiner Mannschaft, wie sie das ganze Spiel über aufgetreten sind“, fand Trainer Sigurdsson, „wir haben überragend gedeckt und das, was aufs Tor kam, hat Tibor gehalten. Melsungen hat einen starken Rückraum und ich habe erst mit dem Gedanken gespielt, offensiver zu decken, aber es hat gut geklappt. Wir haben viele Bälle zum Kreisläufer abfangen können und uns einen Vorsprung herausgespielt, den wir in der zweiten Halbzeit verwalten konnten, auch wenn Melsungen ein, zwei Mal näher herankam. Teilweise mit zehn Toren zu führen, ist schon überragend. Wir hatten, wie Melsungen, auch eine schwere Zeit und vielleicht das Glück, heute zu Hause zu spielen. Ich bin froh, dass sich meine Mannschaft so da rausgekämpft hat.“

VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Ohl (1), Vidarsson (1), Kodrin (2), Köster (3), Blohme (6/1), Schroven, Häseler, Schluroff (2), Pregler (5), Styrmisson, Kiesler (1), Stüber, Jansen (3), Zeman (7).