Regionalliga Nordrhein
Wie sich Interaktiv und der TVK belauern
Der Zweikampf an der Spitze ist spannend und Korschenbroich könnte durch einen Sieg beim BHC II vorübergehend auf Platz eins klettern. Unten dreht sich fast alles um den Neusser HV.

Der geht rein! Lukas Bark, hier beim 34:29 am vergangenen Wochenende im Duell mit dem Essener Keeper Hadrian Solbach Domingo, und seine Korschenbroicher wollen im Kampf um den Aufstieg am liebsten keine Chance auslassen. (Foto: Sven Frank)

In der Regionalliga scheinen die beiden einzigen Kandidaten, die für den Titel und den Aufstieg in die 3. Liga in Frage zu kommen, die gehobene Spannung zu lieben – mit einem klaren „Vorteil“ für den immer noch ungeschlagenen Spitzenreiter Interaktiv.Handball (37:3 Punkte), der unter anderem vier Siege mit nur einem Tor Differenz und drei Unentschieden auf dem Konto stehen hat. Zuletzt schrammte das Team des Trainergespanns Filip Lazarov/Alexander Oelze bei der 32:32-Blamage gegen den so gut wie sicher als Absteiger feststehenden Letzten Neusser HV (5:37) sogar an einer kompletten Pleite vorbei, behauptete aber am Ende durch das Unentschieden den ersten Platz vor dem TV Korschenbroich (36:4). Der Verfolger bemühte bisher erst zweimal das Glück – massiver beim 35:34 im Februar gegen die TSV Bonn rrh. und etwas weniger deutlich am vergangenen Wochenende beim erst ab der 55. Minute erarbeiteten 34:29 über TuSEM Essen II. Ansonsten hatte die Mannschaft von TVK-Trainer Gilbert Lansen ausgerechnet in den Duellen mit Interaktiv – neben der jeweils vorhandene Chance auf einen Sieg – eher mit Pech zu tun. Das 24:25 aus der Hinrunde und das 29:30 aus der Rückrunde hängen den Korschenbroichern jedenfalls wie ein Mühlstein um den Hals – wobei sich die Lage durch das Ratinger Unentschieden gegen Neuss geändert hat: Setzt Korschenbroich seine inzwischen auf acht Siege hintereinander angewachsene Serie bis zum Ende der Saison fort, kann sich der Spitzenreiter gar keine Niederlage mehr erlauben, weil es dann auf den bei Punktgleichheit entscheidenden direkten Vergleich nicht mehr ankommt.

Der Endspurt für den Zweiten beginnt am Freitagabend beim Bergischen HC II, der auf Rang 13 mit 12:28 Punkten den zweitheißesten Stuhl im Keller der Tabelle besetzt. Obwohl es ohne Absteiger aus der 3. Liga in die Regionalliga nur einen Absteiger von dort in die Oberliga Niederrhein gibt, müssen die Solinger immer noch einen Blick in den Rückspiegel in ihr Programm einbauen. Sieben Punkte Vorsprung auf die Neusser sollten nach menschlichem Ermessen reichen und der BHC dürfte auch in der Lage sein, den Klassenerhalt aus eigener Kraft zu schaffen. Besonders wertvoll im neuen Kalenderjahr: Die Mannschaft von Trainer Mirko Bernau konnte in Neuss mit 34:24 gewinnen und mit 36:31 gegen den theoretisch ebenfalls noch gefährdeten MTV Rheinwacht Dinslaken (Elfter/14:26). Der TVK wird, vermutlich zusätzlich gewarnt durch den Beinahe-Absturz der Ratinger, gut daran tun, die bevorstehende Aufgabe nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Zusätzlicher Anreiz für den Zweiten: Gewinnt er beim BHC II, übernimmt er zumindest für knapp 24 Stunden die Tabellenspitze.

Gleichzeitig dürften alle am Handball interessierten Korschenbroicher darauf hoffen, dass Interaktiv in einem seiner letzten sechs Spiele tatsächlich erneut Federn lässt. Zumindest in der Theorie scheint nun direkt die nächste Aufgabe die schwierigste zu sein, weil der Spitzenreiter beim Dritten HC Gelpe/Strombach (25:15) antreten muss – dessen Saisonverlauf manchmal einer Berg- und Talfahrt ähnelt. Trotzdem könnten sie im Oberbergischen in irgendeiner Form beinahe zum Meistermacher werden, weil sie am Samstag erst Interaktiv erwarten und dann vier Wochen später am 22. April die Korschenbroicher. In der Hinrunde war das Team von Trainer Markus Murfuni gegen die führenden Kräfte der Regionalliga jeweils chancenlos – 30:42 in Ratingen, 30:37 in Korschenbroich. Das jüngste 20:24 des HC Gelpe/Strombach beim Aufsteiger HSG Refrath/Hand dürfte eher kein Maßstab für die Chancen gegen Interaktiv sein. Fehler in ähnlicher Zahl wird Murfunis Mannschaft wohl keine zwei Mal hintereinander machen. Dass sich die Ratinger nicht direkt wieder so fahrlässig an den Rand einer Niederlage manövrieren lassen, gilt aber ebenfalls als sehr wahrscheinlich.

Ein Rechenbeispiel: Verlieren die Neusser zu Hause gegen den Vierten HG Remscheid (Fünfter/23:15), der erst 19 von 26 Spielen ausgetragen und trotzdem oder gerade deswegen weiter den dritten Platz im Blick hat, und punktet gleichzeitig der BHC II gegen den TV Korschenbroich, sind die Solinger gerettet. Wie sich der NHV gegen die HGR schlägt, werden mit besonderem Interesse unter anderem der HC Weiden (Zwölfter/13:27) und der MTV Rheinwacht Dinslaken (Elfter/14:26) verfolgen. Die Weidener, die zuletzt mit dem 26:25 über die SG Langenfeld (Achter/19:23) zwei extrem wertvolle Punkte holte, könnten im Falle einer Neusser Niederlage bereits ohne größeren Druck in den Abschluss des 25. Spieltages am Sonntag bei TuSEM Essen II (Siebter/22:22) gehen, weil ihr Abstand nach ganz unten dann groß genug wäre. Dinslaken, das diesmal pausiert, könnte sogar zu Hause auf der Couch abwarten, ob es zur vorzeitigen Rettung reicht. Wenn es nach dem MTV Rheinwacht geht, dürfte der NHV für einen Dinslakener Platz am rettenden Ufer auch gerne ein Unentschieden holen. Einziger Haken: Die Neusser werden keine Geschenke verteilen. An niemanden, auch an die Remscheider nicht. Interaktiv wird das „gerne“ bestätigen.

Losgelöst von allen Zwängen sind die Essener im Heimspiel gegen Weiden sowie die TSV Bonn rrh. bei den Langenfeldern und der BTB Aachen (Neunter/17:23) gegen die HSG Refrath/Hand. Für diese fünf Mannschaften geht es auf der Zielgeraden maximal darum, sich in der oberen Hälfte zu halten (Essen, Refrath) oder die guten Positionen in der unteren Hälfte (Aachen, Bonn) zu verteidigen. Die Zahl der Begegnungen, die eher den Charakter eines Freundschaftsspiels haben könnten, wird in den kommenden Wochen steigen – erst recht für die Zeit nach den Oster-Schulferien. Es ist ja feste Tradition am Niederrhein und am Mittelrhein, dass die Meisterschaft kurz vor Schluss zum wiederholten Mal unterbrochen wird, um meistens drei Wochen später den kleineren Rest zu erledigen. Die wesentlichen Fragen im Kampf um den Abstieg dürften dabei schon beantwortet sein – anders als jene im Kampf um den Aufstieg. Da lieben es die beiden einzigen Titelkandidaten ja sowieso spannend.