2. Bundesliga
Dormagen weiter auf Talfahrt, TuSEM mit irrem Finale
TSV Bayer rutscht mit seinem 32:34 gegen Bietigheim gefährlich nahe an die Abstiegsplätze. Essen rettet beim 21:21 gegen Balingen einen Punkt.

Das sieht nicht so gut aus: Trainer Matthias Flohr (rechts), Rückraumspieler Mislav Grgic (Mitte) und Co-Trainer André Nicklas (links) müssen sich Gedanken um die Zukunft des TSV Bayer machen – wie alle Dormagener. (Foto: Thomas Ellmann)

TSV Bayer Dormagen – SG BBM Bietigheim 32:34 (14:17). Es war einmal eine Mannschaft, die von einem ausgeglichenen Konto träumte. Das ist sieben Wochen her. An jenem 3. Februar starteten die Dormagener mit einem 24:22 beim HC Empor Rostock ins Handballjahr 2023 und sie standen danach bei 16:18 Zählern. Der Weg wurde aber mit drei Niederlagen in Folge bald deutlich mühseliger, ehe das 31:26 über die Wölfe Würzburg etwas Linderung brachte. Dass die Dormagener wenigstens beim Vorletzten Rostock (12:34) und gegen den Letzten Würzburg (8:38) gewannen, ist im Übrigen auch der einzige Grund dafür, warum sie überhaupt noch über dem Strich stehen. Unabhängig von personellen Problemen durch den permanenten Ausfall wichtiger Spieler und unabhängig von dem einen oder anderen unglücklichen Spielverlauf drücken die reinen Zahlen mittlerweile längst aus, dass die Dormagener mitten in den Abstiegskampf gerutscht sind: Nach den Niederlagen beim Siebten VfL Potsdam (33:38), gegen den Ersten HBW Balingen-Weilstetten (24:29), beim Dritten ThSV Eisenach (22:27) und nun gegen den definitiv nicht übermächtigen Sechsten Bietigheim (32:20) ist das Konto des Teams von Trainer Matthias Flohr bei gefährlichen 18:32 Punkten angekommen. Dass die Gegner durchweg aus dem oberen Drittel stammten, kann dabei wirklich überhaupt kein Trost sein, und der Verweis darauf wäre eher ein Ausrede. Bis zur HSG Konstanz (14:38), die auf Rang 17 den ersten der drei Abstiegsränge belegt, hat der TSV Bayer inzwischen auf jeden Fall gar kein vernünftiges Polster mehr. Für die folgenden Aufgaben vor Ostern am nächsten Samstag beim Zwölften HSC Coburg (21:29) und am 6. April gegen den Zweiten TuS N-Lübbecke (39:13) folgt daraus, dass der Druck weiter gestiegen ist. Dormagen muss bald damit anfangen, etwas fürs eigene Konto zu tun – weil sonst der Weg zum Klassenerhalt doch wieder – wie in der vergangenen Saison – zu einer echten Zitterpartie wird. Und die muss ja nicht immer ein Happy End haben.

Dormagen drehte das 0:1 (2.) durch die Treffer von Aaron Seesing und Sören Steinhaus übers 1:1 (3.) zum 2:1 (5.), lag aber ab dem 2:3 (9.) wieder hinten – und das für den gesamten Rest der Partie. Vom 6:10 (20.) arbeitete sich Flohrs Mannschaft zum 9:10 (24.) zurück, doch Bietigheim hatte mit dem 12:9 (25.) für die Hausherren schmerzhafte Antworten und am Ende der ersten Halbzeit mit einer 17:13-Führung viele Vorteile auf seiner Seite. Die Gastgeber gaben natürlich nicht komplett auf, kamen gleichzeitig allerdings nie ernsthaft heran – 15:20 (37.), 18:23 (43.), 22:28 (49.), 26:30 (53.), 28:32 (57.). Ian Hüter (58.) und Jakub Sterba (59.) verkürzten dann zwar auf 30:32, aber spätestens mit dem 33:30 (59.) der SG durch Alexander Pfeifer waren die Dinge endgültig geklärt – und die Dormagener um ein enttäuschendes Ergebnis reicher.

TSV Bayer Dormagen: Juzbasic, Broy – Reuland (4), Senden (3), Sondermann, Klimpke (1), Zurga, Rehfus, I. Hüter (5), Reimer (2/2), Grgic (3), P. Hüter, Sterba (6). J.-C. Schmidt, Seesing (5), Steinhaus (3).

 

TuSEM Essen – HBW Balingen-Weilstetten 21:21 (11:11). Das hatte sich der Spitzenreiter aus Baden-Württemberg vermutlich schon und auch schön zurechtgelegt. Bei einer Vier-Tore-Führung in der Mitte der zweiten Halbzeit sah doch eigentlich alles nach einem Erfolg der Gäste aus, zumal die Essener an diesem Sonntag-Nachmittag den großen Angriffsschwung noch weniger erfunden hatten als ihr Kontrahent, der immerhin die Rückkehr in die Bundesliga anstrebt. Dürftige 17 Treffer standen bis zur 46. Minute auf dem Konto der Essener, die vor allem auf der rechten Seite im Rückraum so gut wie keine Durchschlagskraft erzeugen konnten. Ausgerechnet jene rechte Seite rettete allerdings in der turbulenten Schlussminute den einen Punkt, nachdem Markus Dangers sein Team auf 20:21 herangebracht hatte. Pech für den Tabellenführer: Die finale Auszeit der Gäste bei 23 Sekunden Restspielzeit brachte erstaunlich wenig – außer einem Wurfversuch, den TuSEM-Keeper Lukas Diedrich abwehren konnte. Glück für die Hausherren: Die restlichen neun Sekunden reichten wirklich, um das Spielgerät vorne auf Rechtsaußen Felix Eißing zu passen – und der 20-Jährige traf praktisch in der letzten Sekunde aus einem sehr schwierigen Winkel zum 21:21. Ganz nebenbei: Es war in dieser Partie sein einziges Tor, doch der Zeitpunkt dafür hätte aus Essener Sicht nicht günstiger sein können. Während TuSEM als Elfter mit 24:24 Punkten unverändert im gesicherten Mittelfeld zu Hause ist, führt Balingen-Weilstetten (41:9) die 2. Bundesliga weiter vor dem TuS N-Lübbecke an (39:13).

Essen erwischte mit dem 0:2 (4.) einen mäßigen Start und fand anschließend nur mäßige viel Mittel, um irgendwie in die von den Abwehrreihen dominierte Partie hineinzufinden. Mit dem 3:3 (7.) und 4:4 (12.) reichte es zweimal zum Ausgleich, ehe sich die Waage mit dem 5:8 (20.), 6:9 (23.) und 7:10 (26.) auf die Seite der Balinger neigte. Dass TuSEM anschließend zum 10:10 (30.) und 11:11 (30.) ausgleichen konnte, zeugte weniger von spielerischer Klasse, sondern vor allem von viel Moral – auf die es später sogar noch intensiver ankommen sollte. Kaum zu glauben: Auf dem Weg zum 13:16 (44.) sank das ohnehin nicht besonders hohe Angriffs-Niveau vorerst weiter rasant in den Keller, sodass eine fast unvermeidliche Niederlage immer stärkere Konturen anzunehmen schien. Bis zum 16:19 (50.) rannte das Team von TuSEM-Trainer Michael Hegemann nahezu aussichtslos hinterher und noch beim 18:21 (59.) lag der Gedanke an etwas Zählbares außerhalb aller realistischen Möglichkeiten  – weil Balingen als Titelkandidat in der Lage hätte sein sollen, die restlichen 115 Sekunden unbeschadet zu überstehen. Was danach mit dem 19:21 (59.) von Dennis Szczesny, dem 20:21 von Dangers und dem Kunstwurf von Eißing zum 21:21 passierte, war jedenfalls fast ein Wunder und zumindest für die Essener echt wunderbar. Vielleicht wird ja die nächste Aufgabe am 1. April beim Zweiten N-Lübbecke ähnlich spannend. Essener Pech: In Ostwestfalen werden sie jetzt erst recht gewarnt sein.

TuSEM Essen: Fuchs, Bliß, Diedrich – Rozman, Schenderlein, Wolfram, Dangers (2), Homscheid (1/1), Eißing (1), Szczesny (8), Müller (4/2), Seidel, Morante Maldonado (2), Klingler (1/1), Mast (2), Schoss.