1. Bundesliga
Rekordpleite: Gummersbach geht in Magdeburg unter
VfL kassiert beim Deutschen Meister seine bisher höchste Saison-Niederlage und macht Trainer Gudjon Valur Sigurdsson wütend.

Verbaut: Auch Lukas Blohme (rechts) gewann nicht jedes Duell mit Magdeburgs Keeper Nikola Portner. Trotzdem war der Rechtsaußen neben Kapitän Julian Köster der beste Gummersbacher. (Foto: Thomas Schmidt).

SC Magdeburg – VfL Gummersbach 41:29 (20:15). Das waren noch Zeiten. So oder ähnlich fangen oft Geschichten voller wehmütiger Erinnerung an. Eine davon hat viel mit dem 8. September 2022 zu tun – mit jenem Donnerstag, an dem die Gummersbacher im ersten Heimspiel nach der Rückkehr in die Bundesliga auf den Deutschen Meister Magdeburg treffen und den hohen Favoriten am Rande einer Niederlage haben, ehe sie nach einer dramatischen Schlussphase knapp mit 28:30 den Kürzeren ziehen. Der entschlossene und spielfreudige Auftritt der Gummersbacher mit dem überragenden Regisseur Dominik Mappes, der es auf 14 Tore bringt (sechs per Siebenmeter), verschafft dem Aufsteiger viel Respekt bei der Konkurrenz – definitiv auch den der Magdeburger. Dass der VfL nun, mehr als ein halbes Jahr später, von einer ähnlichen Leistung um Lichtjahre entfernt ist, liegt ein bisschen auch am Fehlen von Mappes, der seit Wochen wegen einer Rippenverletzung ausfällt. Gleichzeitig ist der SC im erneuten Kampf um die Meisterschaft diesmal offensichtlich nicht im Geringsten gewillt, sich wieder überraschen zu lassen. Eher ist das Gegenteil der Fall. Die Mannschaft von Trainer Bennet Wiegert macht von der ersten Sekunde an Ernst und zeigt den Gummersbachern mehr als deutlich, wie groß die Differenz zwischen Mannschaften aus dem Mittelfeld und den großen fünf da ganz vorne im Normalfall doch ist. Insofern war weder verwunderlich noch besorgniserregend, dass der VfL diesmal wenig zu bestellen hatte.

Und Trainer Gudjon Valur Sigurdsson nahm seinen Spielern eigentlich auch nicht krumm, dass sie in der GETE-Arena kaum etwas ausrichten konnten. Der Isländer sah darin eher eine ebenso schmerzhafte wie lehrreiche Standort-Bestimmung: „Wir haben heute eine brutale Qualität zu spüren bekommen und gesehen, wie gut einige Mannschaften sind. Das ist eine bittere Realität.“ Magdeburg (37:9 Punkte), das sich als Dritter mitten im elitären Klub aufhält, den die Füchse Berlin (39:9), der THW Kiel (38:8), die Rhein-Neckar Löwen (37:11) und die SG Flensburg-Handewitt (35:11) komplettieren, war offensichtlich in einer anderen Klasse unterwegs als die Gummersbacher, bei denen nur Kapitän Julian Köster (neun Tore) und Rechtsaußen Lukas Blohme  (sieben/ein Siebenmeter) höheren Ansprüchen gerecht werden konnten – nicht nur, weil sie zusammen mehr als die Hälfte der Gummersbacher Treffer beisteuerten. Unter dem Strich bot der VfL allerdings viel zu wenig, was wiederum auf schwierige nächste Wochen hindeutet. Nach den Spielen bei den Füchsen Berlin (33:38) und in Magdeburg geht es schließlich bald gegen Kontrahenten aus dem obersten Regal weiter und bereits am Donnerstag wartet die Aufgabe beim SC DHfK Leipzig (Achter/24:22), die bereits schwierig genug aussieht für den VfL (Zwölfter/20:26). Noch heftiger wird es kurz darauf mit dem Heimspiel am nächsten Sonntag in der Schwalbe-Arena gegen die Kieler und am 9. April bei den Löwen. Ein echter Stresstest kommt allerdings bereits in Leipzig auf die Gummersbacher zu, weil der SC gerade in jüngerer Vergangenheit aufregende Ergebnisse erzielte – 33:32 gegen Magdeburg, 34:31 in Kiel, 37:29 gegen die Rhein-Neckar Löwen.

Der VfL schaffte mit dem 1:0 (1.) durch Tilen Kodrin seine einzige Führung und hatte anschließend viel Arbeit damit, in der mit einem irren Tempo geführten Anfangsphase nicht frühzeitig völlig den Anschluss zu verlieren – 2:5 (4.), 7:10 (9.), 9:14 (18.). Mit gelungenen Aktionen und entschlossenem Ausnutzen der Magdeburger Nachlässigkeiten kam Gummersbach auf 12:14 (22.) und 13:15 (23.) heran, musste aber beim 13:18 (25.) erneut abreißen lassen und lag am Ende der ersten Halbzeit mit dem 15:20 (30.) weiter fünf Treffer hinten. Die Hoffnung, wenigstens ein halbwegs passables Ergebnis mit ins Oberbergische nehmen zu dürfen. hielt dann bis zum 21:26 (41.) von Hakon Styrmisson. Es folgten nun jene rund sieben Minuten, die Trainer Sigurdsson wirklich wütend machten: „Wir haben uns aufgegeben. Das ärgert mich am meisten.“ Im 0:6-Lauf, der ihnen das 21:32 (47.) einbrachte, war von den Gummersbachern praktisch nichts zu sehen – und fortan konnte Magdeburg fast in den Verwaltungsmodus schalten. In der Schluss-Sequenz ging es fast ausschließlich um die Frage, ob die Hausherren die 40-Tore-Marke erreichen oder übertreffen würden: Beides gelang ihnen mit dem 40:27 (58.) und dem 41:28 (60.), das dem VfL gleich zwei Minusrekorde einbrachte. Die Pleite war die höchste Saison-Niederlage und 41 Gegentreffer musste Sigurdssons Team bisher auch noch nicht hinnehmen. Daraus folgt: Im Grunde kann es nur besser werden – schon in Leipzig, dann gegen Kiel und bei den Löwen. Sonst droht die bisher weiter ordentliche Saison des Aufsteigers völlig zu verwässern.

VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Vidarsson (3), Kodrin (2), Köster (9), Blohme (7/1), Schroven, Häseler, Schluroff (1), Pregler (4), Styrmisson (1), Kiesler, Stüber, Jansen (2), Zeman.