30. März 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Diesmal werden sie beim TV Korschenbroich etwas zu müssen, was ihnen höchstwahrscheinlich selbst nicht so gut gefällt. Ihr eigenes Interesse besteht aber darin, dass sie im Kampf um die Meisterschaft und den immer noch möglichen Aufstieg in die 3. Liga am besten keinen einzigen Punkt mehr abgeben – um als Zweiter mit zurzeit 38:4 Zählern dann zur Stelle zu sein, wenn der mit 39:3 Punkten ausgestattete Spitzenreiter Interaktiv.Handball doch noch mal komplett stolpern sollte. Passiert wäre das vor Kurzem beinahe beim 32:32 der blamierten Ratinger im Heimspiel ausgerechnet gegen den abgeschlagenen Letzten Neusser HV. Der hat in der Anfangsphase der Saison mal ein Spiel gewonnen (29:26 beim Bergischen HC II) und danach überhaupt nicht mehr. Und eben diese Neusser sind für den TVK jetzt ein Problem – allerdings vermutlich weniger sportlich. Weil zwischen der Neusser Halle Hammfeld und der Korschenbroicher Spielstätte Waldsporthalle keine 20 Kilometer Entfernung liegen, sind die beiden Klubs echte Nachbarn – und die direkten Aufeinandertreffen dürfen als Derby gelten. Daraus folgt: Der TVK mit Trainer Gilbert Lansen, bis vor knapp anderthalb Jahren in Neuss tätig, muss gegen den NHV einen Sieg einfahren.
Daraus ergibt sich dann zwangsläufig, dass die Korschenbroicher den Letzten endgültig und vorzeitig zum Abstieg verurteilen, den er ohnehin höchstens theoretisch verhindern kann. Der Vorletzte Bergische HC II (12:30), in den vergangenen Wochen und Monaten ebenfalls nicht wirklich vom Erfolg verwöhnt, liegt vier Runden vor Schluss sieben Zählern besser als der Letzte, der demnach allenfalls durch eine aufsehenerregende Serie noch am BHC II vorbeiziehen würde. Dazu müsste Neuss zunächst unbedingt auch gegen Korschenbroich gewinnen, weil es sonst maximal gleichauf mit den Solingern ankommen könnte – und für diesen eher sehr theoretischen Fall über den direkten Vergleich das Nachsehen hätte (29:26/24:34). Ganz nebenbei werden die Korschenbroicher am Ende doch zu hundert Prozent lieber an sich selbst denken – und sie haben dabei das 32:32 der Ratinger gegen den krassen Außenseiter Neuss warnend vor Augen. Also spricht alles dafür, dass der Favorit die Partie eher besonders ernst nimmt – und dass am Samstagabend der NHV mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als einziger Absteiger aus der Regionalliga in die Oberliga Niederrhein feststeht.
Was immerhin für die Neusser spricht: Sie geben sich nicht auf, sie lassen sich trotz aller Probleme und der langen Durststrecke nicht derart hängen, dass sie regelmäßig sehr hohe Niederlagen kassieren. Ganz typisch ist deshalb, dass Trainer Julian Fanenbruck die prekäre sportliche Situation jetzt zur Seite schiebt und die Lage in der Tabelle ausblendet. „Wir freuen uns riesig auf das Wochenende. So ein Derby ist immer etwas Besonderes“, sagt Fanenbruck, „was kann es viel Schöneres geben? Das ist doch der Grund, weswegen du Handball spielst – für solche Spiele mit einer vollen Halle und guter Stimmung. Ich hoffe, dass wir das alles ein bisschen aufsaugen und mitnehmen können. Für mich hat dann oberste Priorität, dass wir uns wieder von unserer anderen Seite zeigen.“ Was er meint: Vor knapp zwei Wochen beim 32:32 in Ratingen spielte der NVH am oberen Limit und am vergangenen Wochenende blieb er beim 25:32 gegen Remscheid viel und in der ersten Halbzeit sogar alles schuldig. „Wir müssen uns anderes präsentieren“, fordert der Neusser Coach, „und ich hoffe, dass wir das in Korschenbroich hinkriegen. Ich kann mir dafür schwer einen besseren Moment vorstellen als so ein Derby. Wie das ergebnistechnisch wird, sehen wir dann. Wir sind natürlich klarer Außenseiter.“
Was Interaktiv am kommenden Wochenende anstellt, wissen die Korschenbroicher im Übrigen beim Beginn der Partie gegen die Neusser bereits – weil der Spitzenreiter den 26. Spieltag schon am Freitagabend eröffnet. Dass die an knappen Ergebnissen immer wieder Gefallen findenden Ratinger ihr Glück nicht zweimal hintereinander aufs Äußerste strapazieren wollen, demonstrierten sie zuletzt mit dem 36:27 beim damaligen Dritten HC Gelpe/Strombach. Die Mannschaft mit Trainer Filip Lazarov und dem spielenden Co-Trainer Alexander Oelze war im Oberbergischen immer Herr der Lage und fand immer zum richten Zeitpunkt die richtigen Antworten. Trotz ihrer Vorliebe für Krimis geht Interaktiv sicher als Favorit in die Partie gegen den BTB Aachen, der als Neunter (17:23 Punkte) jenseits von Gut und Böse steht. Dass die Aachener mit dem Ex-Ratinger Simon Breuer als Trainer aber nicht in die Halle Gothaer Straße kommen, um die Punkte freiwillig und ohne Gegenwehr den Hausherren zu überlassen, gilt mindestens als wahrscheinlich.
Hinter den beiden Top-Teams beginnt bei der HG Remscheid (25:15 Punkte) das Feld der Klubs, die mit der Meisterschaft längst nichts mehr zu tun haben beziehungsweise nie hatten. Gewinnen die Remscheider, die im Kalenderjahr 2023 bei soeben ausgeglichenen 7:7 Punkten stehen, ihr nächstes Heimspiel, festigen sie die Rolle als erster Anwärter auf Rang drei. Gegner ist schließlich der Vierte Gelpe/Strombach (25:17), dessen bisherige Bilanz für 2023 mit 8:8 Punkten ebenfalls nur ausgeglichen ist. Grundsätzlich scheint damit in diesem Duell jedes Ergebnis möglich zu sein – vielleicht auch ein Unentschieden wie beim 33:33 in der Hinrunde.
Hinter der HGR und Gelpe sind der diesmal spielfreie OSC Rheinhausen (25:19), der Aufsteiger HSG Refrath/Hand (24:20) und TuSEM Essen II (24:22) die drei Bewerber für die letzten Plätze in der oberen Hälfte. Refrath, jüngst viermal hintereinander erfolgreich, hat nun die Chance, durch einen Heimsieg über den MTV Rheinwacht Dinslaken (Elfer/14:26) wenigstens vorübergehend sogar auf Rang fünf zu klettern. Auch Essens Zweite zieht an Rheinhausen vorbei, falls sie sich bei der TSV Bonn rrh. (Zehnter/16:26) durchsetzt. Die für den Kampf um den Klassenerhalt wichtigste Partie bestreiten der HC Weiden (Zwölfter/13:29) und der Bergische HC II (Rang 13/12:30). Beide haben die Chance, aus eigener Kraft die letzten Zweifel an finaler Sicherheit zu beseitigen, beide sind nicht auf Hilfe durch den TV Korschenbroich angewiesen. Tendenziell werden trotzdem sowohl Weidener als auch Solinger wenigstens heimlich dem TVK die Daumen drücken beziehungsweise den Sieg wünschen. Sicher ist eben sicher.