31. März 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
SC DHfK Leipzig – VfL Gummersbach 30:34 (17:15). Die Botschaft muss wohl angekommen sein, die Trainer Gudjon Valur Sigurdsson seinen Gummersbachern übermittelt hatte. Verlieren gehört ohnehin nicht zu den Beschäftigungen, denen der Isländer besonders gerne nachgeht. Und hohe Niederlagen kann er schon gar nicht ertragen. Worauf der einstige Weltklasse-Linksaußen allerdings besonders allergisch reagiert, sind Vorkommnisse wie jene vom vergangenen Sonntag – als sich die Gummersbacher beim Deutschen Meister SC Magdeburg in der zweiten Halbzeit, als sich das Unheil abzuzeichnen begann, in ihr Schicksal fügten und dafür am Ende mit dem 29:41 verdient eine demütigende Niederlage kassierten. Es war nach dem 33:38 zuvor bei den Füchsen Berlin die zweite Dienstverweigerung der Abteilung Defensive – und deshalb drohte den Gummersbachern nun ein echtes und für den weiteren Verlauf der Saison nervendes Stimmungstief. Leipzig hatte ja zuletzt durch ein paar tolle Ergebnisse auf sich aufmerksam gemacht – 33:32 gegen Magdeburg (Dritter), 34:31 beim THW Kiel (Zweiter), 37:29 gegen die Rhein-Neckar Löwen (Vierter). Und tatsächlich war die Lage auch jetzt in Leipzig wieder nicht unkritisch für den VfL, der nach einem guten Start bis in die zweite Halbzeit hinein einem Zwei-Tore-Rückstand hinterherlief – als Folge einer erneut zu hohen Fehlerzahl hinten und erst recht vorne. Da ging Gummersbach geradezu verschwenderisch mit besten Chancen um. In einer Auszeit beim Stande von 21:23 (40.) teilte Sigurdsson das seiner Mannschaft so mit: „Alles ist in Ordnung. Ihr müsst nur die Dinger reinmachen.“ Obwohl natürlich nicht alles in Ordnung war, fruchtete der Hinweis ganz offensichtlich, denn ab jetzt wirkten die Gäste vorne deutlich konsequenter und sie waren bereit, die Fehler der Hausherren konsequent zu ahnden. Ergebnis: Der VfL erzielte im letzten Drittel des Abends noch 13 eigene Tore, musste gleichzeitig nur sieben Gegentreffer hinnehmen und nahm deshalb einen verdienten Sieg aus Sachsen mit ins Oberbergische. Während damit die Festwochen der Leipziger (Neunter/24:24 Punkte) endgültig vorbei sind, beendeten die Gummersbacher eine verzwickte Phase, bevor sie sich zu einer Krise ausweiten konnte. Als Zwölfter hat der Aufsteiger mit seinen 22:26 Zählern sogar den achten Platz und den Nachbarn Bergischer HC (24:22) in Sichtweite.
Eins der Gäste-Probleme: Keeper Tibor Ivanisevic bekam kaum eine Hand an den Ball und vorne sah Kapitän Julian Köster mit Zug zum Tor oft wie ein Einzelkämpfer aus. Vergleichbares Problem der Leipziger: Ihr Torhüter Kristian Sæverås bekam ebenfalls kaum eine Hand an den Ball und ihren besten Werfer Viggo Kristjansson (verletzt) vermissten sie im rechten Rückraum schmerzlichst. Insgesamt produzierten beide Seiten trotzdem oft Angriffe in höchstem Tempo – mit Vorteilen für die Gäste. Beim 6:3 (7.) war der VfL bald drei Tore weg, ehe er nach dem 7:5 (9.) mit dem 7:7 (11.) den Ausgleich hinnehmen musste und mit dem 7:9 (12.) sogar in Rückstand geriet. Beim 10:10 (16.) von Köster lag Gummersbach erneut gleichauf und übers 12:11 (18.) oder 13:12 (22.) wieder vorne, ehe Leipzig mit dem 14:13 (25.), 15:14 (27.) und 17:15 (30.). die nächste Wende herbeiführte. Als Simic Ivic dann am Anfang der zweiten Halbzeit auf 18:15 (32.) erhöhte und den Gummersbacher Ausgleich zum 20:20 (36.) in Überzahl (Zeitstrafe gegen Gummersbachs Tilen Kodrin) mit dem 22:20 (38.) und 23:21 (40.) beantwortete, schienen die Hausherren für den Rest des Abends auf dem aus ihrer Sicht richtigen Weg zu sein. Der VfL stellte dem allerdings zwei Dinge entgegen. Erstens: Keeper Fabian Norsten, der bereits kurz vor der Auszeit den glücklosen Kollegen Ivanisevic abgelöst hatte, steigerte sich hinter der kompakter zupackenden Deckung und brachte es in rund 20 Minuten Einsatzzeit auf sieben Paraden, was dann in der offiziellen HBL-Statistik mit einer Quote von 46,67 Prozent an gehaltenen Bällen auftauchte. Vorne waren nun vor allem Rechtsaußen Lukas Blohme, der vorher die eine oder andere Chance ausgelassen hatte, sowie Linkshänder Tom Jansen als Köster-Unterstützer da. Neun Tore steuerten die drei auf der Zielgeraden zum Erfolg der Gummersbacher bei.
Der VfL, der tatsächlich unaufgeregt blieb und die Übersicht behielt, machte zunächst aus dem 21:23 durch einen 7:1-Lauf innerhalb von zwölf Minuten die 28:24-Führung (52.) und wehrte anschließend nach dem 28:27 (55.) den Ansturm der Leipziger mit der gebotenen Ruhe ab – 31:28 (57.), 32:29 (58.). Als nun Torhüter Norsten den Ball nach einem Wurf des früheren Gummersbachers Simon Ernst abwehrte und Lukas Blohme im Angriff darauf das 33:29 (59.) gelang, stand der Auswärtssieg fest. Ole Pregler, der zurzeit als Vertreter des seit Wochen verletzten Regisseurs Dominik Mappes (Rippe) viel mehr Spielanteile bekommt und für das Vertrauen seines Trainers diesmal unter anderem mit fünf Treffern zurückzahlte, brachte die allgemeine Stimmungslage kurz und knapp auf den Punkt: „Wir sind stolz, dass wir gewonnen haben.“ Außerdem dürfte der Sieg mit dem Blick nach vorne doppelt und dreifach wertvoll sein, denn am Sonntag kommt der große THW Kiel in die Schwalbe-Arena, der als Zweiter mit 38:8 Zählern die wenigsten Minuspunkte aller Top-Teams aufweist. Gummersbach hat in Lübeck den Boden dafür bereitet, dass dieses Duell ein Handball-Fest werden kann – mit welchem Sieger, ist dabei offen, obwohl in der Tendenz natürlich der THW der klare Favorit bleibt. Was es zu bedeuten hat, dass die Kieler am 5. März zu Hause mit 31:34 gegen Leipzig den Kürzeren zogen und die Gummersbacher nun in Leipzig mit 34:30 gewinnen konnten? Nichts.
VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Ohl, Vidarsson (3), Kodrin (4), Köster (7), Blohme (7), Schroven (2), Schluroff, Pregler (5), Styrmisson, Kiesler, Stüber (2), Jansen (4), Zeman.