1. Bundesliga
Krachende Pleite: „BHC ist zu Staub zerfallen“
Bei der 28:38-Pleite in Lemgo findet die Mannschaft von Trainer Jamal Naji ab dem 15:15 kurz vor der Pause praktisch nicht mehr statt.

Was geht denn hier ab? Trainer Jamal Naji hatte in Lemgo zunehmend Probleme, mit dem Auftritt seines Bergischen HC etwas anfangen zu können. (Foto: Michael Jäger)

TBV Lemgo Lippe – Bergischer HC 38:28 (18:15). Am Ende eines Abends, der mit „gebraucht“ nur unzureichend beschrieben wäre, verpasste der BHC sogar die Gelegenheit, das Ergebnis wenigstens zurück in den einstelligen Bereich zu holen. Tomas Babak, der sonst in der Regel ziemlich sicher abzuschließen pflegt, hatte sich in der letzten Minute beim Stande von 28:37 nach einem Lemgoer Ballverlust alleine auf den Weg in Richtung Tor gemacht – und konnte das Spielgerät doch nicht im Kasten des starken TBV-Keepers Finn Zecher unterbringen, der in der Summe bei 15 Paraden und einer Quote 34,88 Prozent an abgewehrten Würfen landete. Anschließend kam es, wie es beinahe kommen musste: Zwei Sekunden vor der Schluss-Sirene traf Jan Brosch zum 38:28-Endstand und machte so die Angelegenheit wieder zweistellig. Der BHC hatte insgesamt nach der Pause gar nichts mehr zu bestellen – und das gegen jene Lemgoer, die am vergangenen Wochenende beim Final Four um den DHB-Pokal zwei Niederlagen erlitten hatten und deshalb deutlich angeschlagener hätten sein müssen als das Team von BHC-Trainer Jamal Naji, das zuletzt nach dem beinahe beeindruckenden 37:34 gegen den Hamburger SV am 9. April ausreichend Zeit zur Erholung und Vorbereitung hatte. Weil davon auf der Platte zunehmend weniger zu sehen war, gab es eine ganz bittere Niederlage und der BHC hat nun als Neunter wieder ein negatives Konto von 26:28 Zählern. Gastgeber Lemgo, kein Kontrahent aus dem oberen Tabellendrittel, konnte sich auf 21:31 Punkte verbessern und seinen Rang 13 festigen.

Obwohl dem BHC in Lukas Stutzke und Tom Kare Nikolaisen zwei für Abwehr und Angriff wichtige Kräfte fehlten, ging der Start in die Partie in Ordnung – sogar mehr als das. Aus dem 0:1 (2.) machten die Gäste das 3:1 (4.) und bis zum 7:5 (9.) wirkte Najis Team selbstbewusst, obwohl es sich wie Lemgo eine vergleichsweise hohe Fehlerquote erlaubte. Dass der TBV zum 8:8 (15.) ausgleichen konnte, hatte nun unter anderem mit einigen guten Zecher-Paraden zu tun, und nicht nur auf dem Weg zum 11:8 (19.) war Linus Arnesson gleichzeitig der einfallsreiche und wirkungsvolle Antreiber des BHC. Bis zum 14:13 (24.) hielt die Führung und noch beim 15:15 (27.) war das spätere Desaster nicht mal ansatzweise zu erahnen: Es schienen sich zwei Mannschaften auf Augenhöhe gegenüberzustehen, mit vergleichbarer Spielanlage und vergleichbaren Möglichkeiten zudem. Das Unheil nahm jetzt allerdings bereits mit der Zeitstrafe (28.) gegen Csaba Szücs beim Stande von 15:16 seinen Lauf, weil die Hausherren durch Jan Brosch auf 17:15 (29.) erhöhten und wenige Sekunden vor der Pause durch Niels Versteijnen – wieder in Gleichzahl – sogar zum 18:15 (30.) wegzogen.

Sortiert kam Najis Mannschaft anschließend nicht aus der Kabine – im Gegenteil. Mit dem 15:19 (31.) und 15:20 (34.) begann das Leiden erst richtig: Ein echtes Aufbäumen oder erkennbare Lösungen wenigstens für ein ordentliches Ergebnis im weiteren Verlauf der zweiten Halbzeit fanden tatsächlich nicht statt. Lemgo konnte seinen Vorsprung kontiniuerlich ausbauen, lag beim 30:20 (46.) zum ersten Mal mit zehn Toren Differenz in Führung und geriet natürlich in der letzten Viertelstunde nicht mal mehr ansatzweise in Not. Übers 22:30 (48.), 24:34 (53.) und 26:36 (57.) taumelte der BHC in eine krachende Niederlage, die ihn für den Rest der Serie auf jeden Fall zum Nachdenken zwingt. Sonst werden die weiteren Aufgaben am 4. Mai gegen den SC DHfK Lepizig (Zwölfter), am 7. Mai beim Deutschen Meister SC Magdeburg (Dritter), am 14. Mai gegen die Füchse Berlin (Zweiter), am 18. Mai beim VfL Gummersbach, am 1. Juni bei den Rhein-Neckar Löwen (Fünfter), am 4. Juni gegen den THW Kiel (Erster) und am 11. Juni gegen den HC Erlangen (Zehnter) möglicherweise eine Art Spießrutenlaufen.

Dass die Stimmungslage beim BHC nach dem Debakel von Lemgo eher nicht so gut war, ließ sich nachvollziehen. Geschäftsführer Jörg Föste wählte eine ebenso blumige wie treffenden Formulierung: „Heute können wir festhalten, dass wir schlicht zu Staub zerfallen sind.“ Kollege Naji sah über weite Strecken der ersten Halbzeit durchaus ordentliche Ansätze – und anschließend mit Recht nichts Gutes mehr. „Es gibt dann diese drei, vier Minuten, die nicht so ideal für uns laufen und wo wir uns vielleicht auch etwas zu sehr über die eine oder andere Aktion echauffieren“, urteilte der BHC-Coach, „Lemgo ist da bei sich geblieben und hat die Phase für sich genutzt, um mit plus drei in die Kabine zu gehen. Was allerdings in der zweiten Halbzeit passiert, das geht so nicht. Dass wir uns unserem Schicksal ergeben, den Meter weniger gehen, dass wir vorne stehen bleiben, weil wir auf den Schiedsrichter-Pfiff warten und es dann Schuldzuweisungen gibt, das wird auf dem Niveau in der Bundesliga gnadenlos bestraft.“ Das hört sich in der Summe deutlich nach erhöhtem Gesprächsbedarf für die kommenden Trainingseinheiten an.

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (2), Persson (2), Scholtes (1), Schönningsen, Nothdurft, Weck (1), Gunnarsson (4), Ladefoged (5), Babak (4), Szücs, Gutbrod, Arnesson (8/1), M’Bgenue (1).