1. Bundesliga
Heißes Finale: Gummersbach gewinnt Duell der Nachbarn
Beim 37:34 über den Bergischen HC wird aus dem Spiel nach einer klaren Führung noch eine hitzige Angelegenheit.

Hoch, höher, Köster: Kapitän Julian Köster (mit Ball) und seine Gummersbacher stellten die Deckung des BHC mit Tom Kare Nikolaisen, Linus Arnesson und Isak Persson (von links) vor viele schwierige Aufgaben. (Foto: Thomas Wirczikowski)

VfL Gummersbach – Bergischer HC 37:34 (20:15). Dieser Donnerstagabend schien relativ lange irgendwie unauffällig über die Bühne zu gehen, weil die Gummersbacher vorne wie hinten einen derart lebendigen Eindruck machten, dass der BHC nicht über die Rolle eines chancenlosen Statisten hinauskam. Ganz sicher war es dabei über die gesamte Begegnung auch nicht jenes Team von Trainer Jamal Naji, das zuletzt trotz einer 21:23-Niederlage beim Deutschen Meister SC Magdeburg beeindruckt und dann die ebenfalls klar favorisierten Füchse Berlin sogar verdient mit 34:30 bezwungen hatte. Wie aus dem Nichts kamen dann die letzten zehn Minuten, als plötzlich richtig Feuer unter dem Dach in der Schwalbe-Arena war – in erster Linie, weil die Gäste inzwischen doch in der Partie angekommen waren. Die Atmosphäre reichte von hitzig-hektisch bis aufgeladen – erst recht, nachdem Alexander Weck den BHC auf 31:32 (55.) herangebracht hatte. Richtig voll war es in der Schlussphase im Übrigen nur selten auf der Platte, weil die Unparteiischen hier gleich fünf Zeitstrafen verteilten. Die mit Abstand überflüssigste fing sich hier in der allerletzten Sekunde Gummersbachs Rechtsaußen Lukas Blohme ein, der den Versuch des noch einmal frei zum Wurf kommenden BHC-Linksaußens Tim Nothdurft regelwidrig stoppte – als der Sieg der Hausherren beim Stande von 37:33 längst feststand. Dafür gab es erneut eine Zeitstrafe und, weil es Blohmes dritte war, passend dazu die Rote Karte sowie naturgemäß heftige Wortgefechte nicht nur zwischen Spielern beider Seiten. Anschließend trat Arnor Thor Gunnarsson zum nicht mehr außergewöhnlich wichtigen Siebenmeter an und traf zum 34:37-Endstand. Kurz darauf trafen sich draußen noch kurz Gummersbachs Coach Gudjon Valur Sigurdsson und BHC-Trainer Jamal Naji zu einem intensiven Gedankenaustausch – bevor sie sich kurz darauf respektvoll voneinander verabschiedeten. Dass der Erfolg der Hausherren in Ordnung ging, stand für Naji sowieso nicht in Frage: „Summa summarum ist das ein verdienter Sieg des VfL.“

Die Gäste schienen zunächst an ihre zuletzt teilweise sehr starken Leistungen anknüpfen zu können, zumal Keeper Christopher Rudeck direkt zweimal zur Stelle war: Erst wehrte er einen Siebenmeter von Dominik Mappes ab (1.), keine 60 Sekunden darauf hielt er den Strafwurf von Blohme (2.). Einen wirklichen Mehrwert konnte Najis Mannschaft daraus allerdings nicht ziehen und Gummersbach übernahm ziemlich unbeeindruckt das Kommando – 3:1 (7.), 5:2 (11.), 6:4 (14.). Nach dem 8:4 (15.), das Ellidi Vidarsson per Tempogenstoß aus dem Fehlpass des BHC-Regisseurs Tomas Babak produzierte, legte der BHC seine erste Auszeit (16.) ein, die jedoch bei den Gummersbachern wenig Eindruck hinterließ: Beim 11:6 (18.) war das Polster sogar etwas größer geworden, weil der Hochgeschwindigkeits-Rückraum mit Miro Schluroff, Ole Pregler und Julian Köster die in der jüngeren Vergangenheit so kompakte Deckung des BHC oft vor größte Probleme stellte. Der Vorsprung des VfL schwankte für den Rest der ersten Halbzeit immer zwischen vier und fünf Toren – und das 20:15 (30.) durch den Mappes-Siebenmeter drückte die Kräfteverhältnisse treffend aus.

Weil Gummersbach nach der Pause mit dem 24:18 (36.) und 25:19 (39.) den besseren Start erwischte, deutete weiter wenig bis nichts auf den späteren Krimi hin. Dass anschließend Linus Arnesson (40.) und Nothdurft (41.) nachlassende Konsequenz der Gastgeber zum 21:25 nutzten, nahm der VfL ebenfalls relativ gelassen zur Kenntnis. Grundsätzlich waren diese beiden Treffer aber das Signal, dass eher doch nicht nichts als entschieden durchgehen konnte. Aus dem 22:27 (42.) machte der wie ausgewechselt wirkende BHC das 24:27 (43.) und aus dem 24:28 (43.) das 26:28 (46.), aus dem 26:29 (47.) das 27:29 (47.) und 28:29 (50.). Vielleicht wäre der Sieg des VfL nach dem 30:29 (51.), 31:30 (54.) und 32:31 (55.) noch stärker in Gefahr geraten, wenn der BHC hier zweimal seine Chancen richtig genutzt hätte: Erst tauchte Gunnarsson frei vor dem Tor auf (57.), dann Frederik Ladefoged (57.). Ergebnis: Beide scheiterten am glänzend reagierenden Gummersbacher Schlussmann Tibor Ivanisevic und verpassten den durchaus möglichen Ausgleich. Anschließend ließ sich der VfL nicht mehr lange bitten, denn Mappes mit dem 34:31 (58.) sowie zweimal Vidarsson mit dem 35:32 (59.) und 36:32 (59.) machten alles klar.

Gummersbachs Coach Sigurdsson empfand eine Mischung aus Zufriedenheit und Stolz: „Wir hatten einen Riesen-Respekt vor dem BHC, der zuletzt überragende Spiele gemacht hat. Das war beeindruckend. Das Spiel hätte leicht kippen können. Da hat man gesehen, dass der BHC gefährlich sein kann. Wir haben uns wieder fangen können und waren ein, zwei Mal glücklich in Überzahl. Ich bin froh, wie die Jungs das dann gemacht haben. Ich bin heute sehr zufrieden.“ Davon war der Kollege Naji nachvollziehbar ein Stück entfernt. „Gummersbach hatte eine brutal hohe Effektivität im Angriff, wir haben uns in der ersten Halbzeit acht technische Fehler geleistet. Wir haben noch einmal die Möglichkeit, ranzukommen, kassieren aber Zwei-Minuten-Strafen, die nicht allzu clever sind.“

Wer war es? Gummersbachs Lukas Blohme (Mitte). der gerade dem Teamkollegen Ole Pregler auf die Beine hilft, führte am Ende jedenfalls mit drei Zeitstrafen und der Roten Karte die Zwei-Minuten-Liste an. Insgesamt gab es 14 Zeitstrafen – sechs gegen den VfL, acht gegen den BHC. (Foto: Thomas Wirzikowski).

Dass grundsätzlich nicht viel Leistungs-Unterschied zwischen den beiden Nachbarn liegt, zeigt auch der Blick auf die Tabelle: Hier stehen der VfL und der BHC in einem breiten Mittelfeld mit jeweils 30:32 Zählern auf den Plätzen acht und neun, nur voneinander getrennt durch das Torverhältnis (minus 4/minus 28). Der Rest der Serie hält nun für die Gummersbacher das wesentlich einfacher aussehende Restprogramm bereit mit den Aufgaben am 4. Juni beim TVB Stuttgart (15./21:39 Punkte), am 8. Juni gegen Frisch Auf Göppingen (14./21:39) und am 11. Juni beim TSV GWD Minden (17./12:48). Läuft alles halbwegs normal, wird der VfL wohl vor dem BHC durchs Ziel gehen – dem besonders am 1. Juni bei den Rhein-Neckar Löwen (Fünfter/37:21) und am 4. Juni gegen den THW Kiel (Erster/49:9) maximal hohe Hürden im Weg stehen, ehe die Saison am 11. Juni gegen den HC Erlangen (Elfter/28:32) endet.

VfL Gummersbach: Norsten, Ivenisevic – Vidarsson (6), Kodrin (5), J. Köster (3), Blohme (8), Schroven, Häseler, Schluroff (2), Mappes (8/3), Pregler (3), Styrmisson, Kiesler, Stüber, Jansen (1), Zeman (1).

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer, Persson (2), Scholtes (3), Schönningsen, Nothdurft (8), Weck (5), Gunnarsson (1/1), Ladefoged (7), Babak (2), Arnesson (6/3), Bergner, Nikolaisen, Stutzke.