Final Four Amateurpokal
Die Super-Chance: Gelpe/Strombach und Ratingen träumen von Kiel und Magdeburg
Beide Regionalligisten müssen dazu "nur" ihr Halbfinale gewinnen. Sie haben auch Lust drauf, geben sich aber vorsichtig.

Ante oder Julian? In der vergangenen Regionalliga-Saison waren Ratingens Ante Grabavac (beim Wurf) und Gelpes Julian Mayer (vorne/Nummer 33) zwei Top-Torjäger in der Regionalliga und die jeweils erfolgreichsten Werfer ihrer Mannschaften. Beim Final Four im Amateurpokal könnten beide wieder aufeinandertreffen – allerdings erst im Finale. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Natürlich wollen sie das Beste daraus machen, sportlich wie organisatorisch. Und dass es der Deutsche Handball-Bund für eine gute Idee hielt/hält, die Entscheidung im Amateurpokal vom großen DHB-Pokal zu trennen, an dem auch die Profis teilnehmen, liegt ja sowieso nicht im Verantwortungsbereich der Beteiligten. Auf jeden Fall findet das Amateur-Endspiel nicht mehr im Rahmen des spektakulären Final Four statt, das zuletzt vor einigen Wochen in Köln mit den Rhein Neckar Löwen (Sieger), der SG Flensburg-Handewitt, dem SC Magdeburg und dem TBV Lemgo Lippe ein stimmungsmäßiger Höhepunkt war. In Sachen Tradition kann das selbstständige Final-Four-Turnier der Amateure immerhin in einem Punkt ziemlich mühelos mithalten: Gastgeber ist der Regionalligist HC Gelpe/Strombach, dem die Eugen-Haas-Halle zur Verfügung steht – jene Kult-Spielstätte, in der einst der im Oberbergischen alles überstrahlende VfL Gummersbach zu Hause war. HC-Trainer Markus Murfuni freut sich auf die beiden Tage: „Für uns als Verein ist das ein großes und einmaliges Event. Wir sind akribisch an der Organisation dran.“ Einer der Programmpunkte ist am Samstagabend eine auch für alle Turnierbesucher offene Players Party – die vermutlich jene Mannschaften etwas eher ausreizen werden, die am Sonntag nicht mehr im handballerischen Einsatz sind. „Natürlich wollen wir auch sportlich was erreichen“, betont Murfuni, der hier selbstredend den Final-Einzug meint. Das Final Four eröffnet allerdings um 15 Uhr Interaktiv.Handball, der Meister der Regionalliga Nordrhein und künftiger Drittligist, der im ersten Halbfinale auf die HGW Hofweier aus der Oberliga Südbaden trifft. Um 17.30 Uhr bestreiten dann der Gastgeber HC Gelpe/Strombach und der HSV Apolda aus der Mitteldeutschen Oberliga das zweite Halbfinale. Die beiden Sieger treffen am Sonntag um 14 Uhr im Finale aufeinander.

Der größte Reiz jenseits von Austragungsort oder Modus liegt im Wert der beiden Finaltickets: Wer das Endspiel erreicht, ist auf jeden Fall für den DHB-Pokal 2023/2024 qualifiziert – und das sogar direkt für die zweite Runde, in der auch die 18 Erstligisten einsteigen, die ja in der ersten Runde noch nicht dabei sind. Dort werden zunächst die besten zwölf Teams aus der 2. Bundesliga und weitere zwölf aus der 3. Liga antreten: Zehn Drittligisten kommen jeweils über die Ränge eins und zwei direkt aus den fünf Gruppen, zwei weitere konnten sich über die (freiwillige) Pokalrunde in der 3. Liga qualifizieren. Daraus folgt: Mitmachen können unter anderem die HSG Krefeld Niederrhein als Vizemeister der Gruppe West sowie die Bergischen Panther, die ihre Fahrkarte über jene Pokalrunde lösten. Für beide steht die erste Runde am 27./28. August an, während das Duo aus dem Amateurpokal erst am 3./4./5. Oktober in der zweiten Runde in den Wettbewerb einsteigt. Gleichzeitig besteht so die Chance, bei der Auslosung sofort einen der Branchenführer zu erwischen – den THW Kiel etwa, die SG Flensburg-Handewitt, die Füchse Berlin, den noch amtierenden Deutschen Meister SC Magdeburg oder den aktuellen Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen, die sich (wie alle Erstligisten) ebenfalls die erste Runde sparen dürfen. Das wiederum bringt Alexander Oelze ins Schwärmen, den spielenden Co-Trainer von Interaktiv: „Wenn das so ist und ich mir was wünschen dürfte, wäre es Magdeburg.“ Das lässt sich unkompliziert nachvollziehen, weil Oelze einst in Magdeburg geboren wurde, für den SC spielte und dort noch viele Menschen gut kennt – im Sport unter anderem den heutigen Magdeburger Trainer Bennet Wiegert und dessen Co-Trainer Yves Grafenhorst.

Weil das alles aber weit in der Zukunft liegt, will sich Oelze mit den Ratingern lieber im Hier und Jetzt aufhalten – und die volle Konzentration darauf richten, dass Interaktiv die Aufgabe im Halbfinale bewältigt. Dabei ergeben sich aus dem statistischen Hintergrund wenigstens theoretisch einige Vorteile für den Regionalliga-Meister: An dessen 49:3 Punkte aus 26 Spielen ohne Niederlage kommt keiner anderer Final-Four-Teilnehmer heran – und erst recht nicht der Halbfinal-Gegner Hofweier, der Ende April als Zwölfter sogar den Abstieg hinnehmen musste. Oelze, im Trainer-Team mit Filip Lazarov demnächst auch in der 3. Liga weiter für Interaktiv verantwortlich, schiebt das allerdings komplett beiseite: „Es wäre riesiger Quatsch, wenn wir uns als Favoriten sehen und glauben, dass wir einfach weiterkommen. Wir nehmen das sehr ernst, wir bereiten uns intensiv vor. Und wir haben große Lust darauf.“ An ein mögliches Endspiel denkt der Ex-Profi nicht direkt: „Wir haben die ganze Saison über von Spiel zu Spiel gesehen und wir sind damit gut gefahren.“  Sollte jedoch ein Erfolg über Hofweier herausspringen, würden Team und Trainer natürlich doppelt aufmerksam beobachten, was im zweiten Halbfinale Gelpe/Strombach und Apolda auf der Platte anstellen. Über die Gastgeber gibt es dabei reichlich Informationen und außerdem nach den beiden Siegen in der Regionalliga 2022/2023 (42:30, 36:27) eigene Eindrücke.

Bereits intensiver mit dem HSV Apolda hat sich nachvollziehbar der HC Gelpe/Strombach beschäftigt. Während die Hausherren das Heimrecht und den dritten Platz in der Regionalliga in die Waagschale werfen können, bringen die Gäste aus Thüringen „nur“ den mühevoll geschafften Klassenerhalt mit. HC-Trainer Markus Murfuni warnt dennoch: „Apolda ist eine Mannschaft, die wir sicherlich in Reichweite haben und wo wir uns trotzdem sehr strecken müssen, um die auch zu schlagen. Sie ist sehr robust und sehr kräftig mit ihrem Top-Werfer Jan Schindler aus der Liga. Da gilt es alles zu investieren, um ins Finale zu kommen.“ Jener Jan Schindler erzielte in 30 Spielen insgesamt 234 Treffer und damit 7,86 pro Partie – womit er in dieser Kategorie vor dem Ratinger Ante Grbavac (198 Tore/26 Spiele/Durchschnitt 7,62) und dem Gelper Julian Mayer liegt (143/24/5,96). Ansonsten tut es Murfuni dem Kollegen Oelze gleich, denn er verschwendet zumindest öffentlich gleichfalls keinen Gedanken über das Halbfinale hinaus: „Was am Ende Hofweier und Interaktiv machen, darüber will ich noch gar nicht nachdenken, weil das Wichtigste erst mal die Hürde Apolda ist. Wir haben richtig Lust auf ein Handballfest. Ich glaube, das wird eine ganz ordentliche Veranstaltung.“ Anders ausgedrückt: Natürlich wollen sie das Beste daraus machen, sportlich wie organisatorisch.