02. Juni 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Rhein-Neckar Löwen – Bergischer HC 39:29 (19:15). Die Idee war, wieder einen der Großen in der Branche zu ärgern – wie am 7. Mai, als der BCH den Deutschen Meister SC Magdeburg (Zweiter) in dessen eigener Halle beim 21:23 dank einer brillanten Abwehrleistung am Rande einer Niederlage hatte, oder wie eine Woche später am 14. Mai, als die Mannschaft von Trainer Jamal Naji zu Hause (wenn die Düsseldorfer Mitsubishi Electric Halle als eine Art Heimat gelten kann) gegen die Füchse Berlin (Dritter) dank hoher Effektivität und einer starken Mannschaftsleistung sogar mit 34:30 gewann. Also schien im Spiel beim Team des langjährigen BHC-Trainers Sebastian Hinze, das sich zwischen dem 16. März und dem 14. Mai durch sieben Niederlagen hintereinander aus dem Kampf um die Meisterschaft verabschiedet hatte, etwas Zählbares keine komplette Utopie zu sein. Die Wirklichkeit sah am Donnerstagabend dennoch ein bisschen ganz anders aus, weil diesmal eben bei Weitem nicht alle Puzzleteile an die richtige Stelle fielen. Drei Gründe hatte die deutliche Niederlage des BHC, der sich ja selbst „Bergische Löwen“ nennt, in erster Linie – beginnend mit dem phasenweise atemberaubenden Tempospiel des Pokalsiegers und der offensichtlich kaum zu stoppenden Zusammenarbeit zwischen Nationalspieler Juri Knorr und den Kreisläufern Jannik Kohlbacher/Kristjan Horzen. Über allem stand aber Keeper David Späth, der die Gäste mit 20 Paraden und einer Quote von 40,82 Prozent an gehaltenen Würfen immer wieder an sich abprallen ließ. Während die Löwen aus Mannheim weiter Fünfter sind (43:21), rutschte der BHC mit jetzt 30:34 Zählern im dichten Mittelfeld von Rang neun auf den elften Platz ab.
Weil BHC-Keeper Peter Johannesson zunächst ähnlich gut unterwegs war wie der Kollege Späth auf der anderen Seite, hielten die Gäste nach dem 0:1 (3.) den Kontakt und sie gingen mit dem 2:1 (4.) von Tomas Babak auch in Führung – allerdings zum ersten und gleichzeitig letzten Mal. Übers 3:6 (8.) und 6:10 (14.) blieb es bis zum 8:12 (17.) bei einem Vier-Tore-Rückstand, den Najis Mannschaft in Überzahl (18./Zeitstrafe gegen Olle Forsell Schefvert) erst auf 10:12 (20.) und danach auf 11:12 (21.) verkürzte. Beim 13:14 (24.) und 14:15 (27.) schien weiter eine Überraschung möglich zu sein – bis sich der BHC in Rekordzeit beinahe selbst aus dem Spiel nahm. Keine 120 Sekunden, zwei Ballverluste und drei Gegentreffer später hieß es bereits 14:18 (29.), was tatsächlich den Anfang vom zunehmend deutlicher werdenden Ende markierte – obwohl Arnor Thor Gunnarsson kurz darauf mit dem 15:18 (29.) für den einzigen echten Höhepunkt aus seiner persönlichen Sicht und der für die Gäste insgesamt sorgte: Es war der 1000. Treffer in der 1. Bundesliga für den Isländer, der seine aktive Karriere nach dieser Saison beendet.
Beinahe typisch: Auch den zweiten Durchgang eröffnete der BHC mit einem Ballverlust – und im folgenden Angriff bekamen die Rhein-Neckar Löwen einen Siebenmeter zugesprochen, den Knorr zum 20:15 (31.) verwertete. Den Anschluss verloren die einen Löwen bei den anderen Löwen wenig später nach dem 16:20 (32.), als die Hausherren vom 21:17 (34.) bis zum entscheidenden 25:17 (38.) gerade mal dreieinhalb Minuten brauchten und nach diesem 4:0-Lauf den restlichen Abend fast mühelos kontrollierten. Knorr und Kohlbacher (später Horzen) steuerten nahezu pausenlos sehenswert produzierte Tore bei, Schlussmann Späth hielt unverändert auf hohem Niveau – während der BHC wenigstens erkennbar bemüht war, nicht ins komplette Desaster abzurutschen. Dass sich die hohe Pleite trotzdem nicht verhindern ließ, hatte dabei unter anderem mit Szenen wie dieser zu tun: Naji war beim Stande von 17:24 (37.) gerade erneut in einer Auszeit zu hören gewesen, als prompt der nächste Ball im Nichts landete – und dieser folgenreiche Fehler die Rhein-Neckar Löwen zum Tempogegenstoß einlud, den Patrick Groetzki ebenso dankbar wie sicher zu jenem 25:17 verwertete. Dass später Torhüter Späth mit einem Wurf in den hier verwaisten Kasten der Gäste traf und das Resultat mit dem 32:22 (48.) zum ersten Mal in den zweistelligen Bereich hievte, musste für den BHC natürlich ebenfalls schmerzhaft sein.
Und dass die letzten knapp zwölf Minuten anschließend für sich gerechnet mit einem 7:7-Unentschieden endeten, konnte danach nur ein billiges Trostpflaster sein für den Verlierer, der sich jetzt wenigstens nicht sehr lange mit einer Analyse des Geschehenen aufhalten muss/kann: Bereits am Sonntag folgt in Düsseldorf im großen PSD Bank Dome die aktuell schwierigste mögliche Aufgabe, denn es geht gegen den Tabellenführer THW Kiel – der dicht vor seiner nächsten Deutschen Meisterschaft steht. Naji und seine Mannschaft werden sich einiges einfallen lassen müssen und nach dem Auftritt bei den Rhein-Neckar Löwen ist der BHC definitiv mehr denn ja der klare Außenseiter – wie der BHC-Coach in seinem Urteil nach der 29:39-Pleite indirekt bestätigte: „Ich glaube, es gibt keine Kategorie heute, die wir nicht verloren haben. Wenn wir die Löwen in der ersten Halbzeit in den Positionsangriff bekommen haben, haben wir das sehr gut verteidigt. Wir verlieren aber in der Summe das Gegenstoßduell mit minus zwölf – und das ist nicht hinnehmbar. Das ist der Grund dafür, warum das Spiel so deutlich ausgeht.“ Geschäftsführer Jörg Föste drückte es noch deutlicher aus: „Mit Sommer-Handball gewinnt man kein Bundesligaspiel.“
Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (2), Persson (2), Scholtes (3), Schönningsen, Nothdurft (1), Weck (4), Gunnarsson (5), Ladefoged (3), Babak (3), Gutbrod, Arnesson (1), Nikolaisen (1), M’Bengue, Stutzke (4).