Final Four Amateurpokal
Im Endspiel: Ratingen fast locker, Gelpe/Strombach mit irrem Krimi
Interaktiv bezwingt HGW Hofweier im Halbfinale mit 42:31. Gastgeber gewinnen nach Verlängerung mit 33:32 gegen HSV Apolda.

Du hälst mich nicht auf! Ratingens Hendrik Stock (rechts), dessen Trikot hier Hofweiers Adrian Volk (Nummer 13) auf die Reißfestigkeit hin testet, steuerte insgesamt acht Treffer für Interaktiv bei. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Der Regionalliga-Meister Interaktiv.Handball hat die Chance, die bislang so erfolgreiche Saison 2022/2023 zu einem perfekten Ende zu bringen, denn die Mannschaft des Trainergespanns Filip Lazarov, die kürzlich bereits den Aufstieg in die 3. Liga ohne Niederlage feiern konnte, steht im Endspiel des Deutschen Amateur-Pokals. Beim Final-Four-Turnier in Gummersbach bezwangen die als Favorit angetretenen Ratinger am Samstag den HGW Hofweier aus der Oberliga Südbaden im ersten Halbfinale deutlich mit 42:31 – und sicherten sich gleichzeitig als Finalteilnehmer auf relativ einfache Art und Weise die Eintrittskarte für den „echten“ DHB-Pokal 2023/2024. Dieses Ticket löste anschließend im zweiten Halbfinale auch der Final-Four-Gastgeber HC Gelpe/Strombach, der sich allerdings gegen den HSV Apolda aus der Mitteldeutschen Oberliga einen irrwitzigen Krimi gönnte, zwischenzeitlich bereits mit sieben Treffern hinten lag und sich dann nach einer Aufholjagd zum 29:29 in die Verlängerung rettete. Dort geriet das Team von Trainer Markus Murfuni erneut in Rückstand, kämpfte sich wieder zurück – und durfte dann nach dem Treffer von Julian Mayer ultrakurz vor dem Ende der Verlängerung einen 33:32-Erfolg feiern. Im Finale, das am Sonntag um 14 Uhr als eine Art Regionalliga-Verlängerung gelten könnte, stehen sich Interaktiv.Handball (Meister) und Gelpe/Strombach (Dritter) nun zum dritten Mal in der Saison 2022/2023 gegenüber. Sollten hier die beiden Meisterschafts-Ergebnisse als Maßstab taugen, spricht wiederum einiges für Interaktiv, das in der Hinrunde zu Hause mit 42:30 die Oberhand behielt und in der Rückrunde im Oberbergischen mit 36:27.

 

Interaktiv.Handball – HGW Hofweier 42:31 (20:15). Richtig spannend war es ja nicht und auch deshalb kam in der am Anfang eher sehr dünn besetzten Halle kaum echte Pokalstimmung auf – und wenn, waren dafür in allererster Linie die Fans aus Hofweier zuständig, die ihre weitgehend chancenlose Mannschaft über die 60 Minuten für jede gelungene Aktion feierten. Die Basis zum Erfolg legte Interaktiv dabei schon in den ersten zehn Minuten, als Hofweier zunächst gar nicht im Oberbergischen angekommen zu sein schien. Nachdem insgesamt fünf Angriffe (beider Seiten) ins Leere gegangen waren, legte Felix Korbmacher per Tempogegenstoß das 1:0 (3.) für die Ratinger vor, die nun zügig auf 4:0 (5.) erhöhten und den zunächst völlig überforderten HGW bis zum 8:1 (10.) kaum zu einer Atempause kommen ließen. Es sprach anschließend für die Moral des aus der Oberliga Südbaden abgestiegenen Außenseiters, dass er sich nicht aufgab und sich Stück für Stück in der Partie anmeldete, ohne allerdings für eine Wende in Frage zu kommen – 10:5 (14.), 12:8 (17.), 15:10 (24.) 17:12 (27.), 20:14 (30.).

Dass die Gute-Laune-Gesellschaft aus Hofweier den Samstag genießen wollte, zeigte sie auch im zweiten Abschnitt – besonders in jener Phase, als es Interaktiv plötzlich richtig toll trieb und den Aufwand deutlich reduzierte. Bis auf 19:22 (36.) und 20:23 (37.) konnte der HGW verkürzen, ehe Ratingen humorlos aus dem 26:22 (41.) das endgültig entscheidende 29:22 (43.) machte. Das identische Rezept: Ballverlust Hofweier, Tempogegenstoß, Tor. Den Rest der Angelegenheit gestalteten die Kontrahenten unter weitgehendem Verzicht auf Abwehrarbeit irgendwie unterhaltsam und 70 Sekunden vor dem Ende knackte Dusan Maric mit dem 40:30 (59.) immerhin die 40-Tore-Marke. Dass kurz darauf Hendrik Stock den 42:31-Schusspunkt setzte (60.), war letztlich kein Zufall: Der Mittelmann wurde mit seinen acht Toren zum besten Werfer der Partie, die der spielende Co-Trainer Alexander Oelze kurz und treffend so einordnete: „Wir haben mehr als 40 Tore erzielt und jeder hat seine Einsatzzeit bekommen. Wir haben aber kein überragendes Spiel gemacht.“ 

Interaktiv.Handball: Büttner, B. Ludorf (1) – Grbavac (5/4), Markotic (2), Perschke (2), F. Ludorf, Stock (8), Korbmacher (3), Oelze (4/1), Maric (5), Mensger (3), Engh (2), Wasse (2), Sabljic (5).

HC Gelpe/Strombach – HSV Apolda 33:32 nach Verlängerung (29:29/13:15). Vor dem Spiel hatte HC-Trainer Markus Murfuni ein bedingt gutes Gefühl – unter anderem deshalb, weil den Gästen in Jan Schindler der beste Werfer fehlte: „Das gefällt mir gar nicht.“ Noch weniger konnte ihm tatsächlich gefallen, was seine Mannschaft mit dem Heimrecht im Rücken auf die Platte legte, denn die Hausherren präsentierten sich von der ersten Sekunde an wie ein Schatten ihrer selbst und hatten außer einer unglaublichen Fehler- und Fehlwurf-Orgie wenig anzubieten – jedenfalls nicht die zuvor von ihrem Coach geforderte Leidenschaft. Mit dem 0:1 (1.) ging es direkt ungünstig los – und dass Julian Mayer kurz darauf mit einem Siebenmeter scheiterte (4.), war sinnbildlich für die gesamte erste Halbzeit und weite Strecken des zweiten Durchgangs. Apolda trug keinen Zauberhandball vor, stellte jedoch eine kompromisslose Abwehr hin und fand vorne immer wieder richtig gute Lösungen. Außerdem stand in Igor Toskoski zwischen den Pfosten ein Klasse-Keeper, an dem der HC immer wieder zu verzweifeln drohte. Übers 6:9 (15.) und 7:11 (17.) waren die Gastgeber beim 12:12 (26.) wieder dran, ehe sie die nächste Fehlerserie einstreuten – 13:15 (29.).

Der Start in die zweite Halbeit sah für Gelpe/Strombach vor nun rund 400 Zuschauern noch grausamer aus und beim 14:21 (37.) oder 18:25 (47.) hätte vermutlich niemand mehr irgendeine Chance für den Regionalligisten gesehen. Dass es anders kam, hatte zwei Gründe: Murfunis Mannschaft gab tatsächlich nicht auf und die Akkus des HSV gingen rasant auf null. Dass nun Apolda sein Fehlerfestival begann, mit den Kräften erkennbar am Ende war und immer wieder das Tempo verschleppen wollte, nutzte der HC – 23:26 (53.), 26:28 (57.). Wenn hier allerdings Apoldas Patrik Pristas seine Siebenmeter-Chance genutzt hätte, wäre es mit den Träumen des HC trotzdem vorbei gewesen. So glich Tim Hilger das 28:29 (59.) zum 29:29 aus, als vier restliche Sekunden auf der Hallenuhr standen. Anschließend betätigte sich der HC als Wiederholungstäter, denn er drehte das 29:31 (65.) am Ende des ersten Teils der Verlängerung übers 31:31 (67.) und 32:32 (69.) durch das Tor von Julian Mayer erneut auf den allerletzten Drücker und damit zum 33:32-Sieg. Trainer Murfuni fand das nachvollziehbar ebenso klasse wie die Fans der Heim-Mannschaft, die restlos aus dem Häuschen waren: „Die Jungs haben eine mega Moral gezeigt. Wenn wir nicht dran geglaubt hätten, hätte wir das sicher nicht mehr geschafft.“

HC Gelpe/Strombach: Rottschäfer, Blech – Schröter (1), Maier (6/1), Altjohann (1), Hilger (3), Viebahn (1), P. Roth, Bader (1), Meinhardt (2), Hartmann (8), Panske (2), Borisch (1), Mayer (7).