1. Bundesliga
BHC ärgert Kiel und Gummersbach scheitert an Heinevetter
Team von Trainer Jamal Naji leistet beim 26:29 gegen den THW viel Widerstand. VfL verliert in Stuttgart knapp mit 30:31.

So schlecht waren wir nicht: Die Torhüter Christopher Rudeck (links) und Peter Johannesson durften mit sich und ihrem BHC zufrieden sein. (Foto: Michael Jäger)

Bergischer HC – THW Kiel 26:29 (14:13). Grundsätzlich hatte sich der BHC wenig bis fast nichts vorzuwerfen. Weil er in der ersten Halbzeit vor allen Dingen defensiv am oberen Rand seiner Möglichkeiten spielte, ging er auch immer wieder in Führung und konnte den Favoriten erstaunlich lange ärgern. Dass sich der THW, durch die Bank mit Top-Handballern besetzt, unbedingt für den nächsten Sieg im Kampf um die Meisterschaft steigern würde, konnte dann aber auch keinen überraschen – und am Ende setzte sich einfach die hohe individuelle Qualität des Branchenführers durch, zumal bei den Gastgebern eben nicht mehr alle Puzzleteile zusammenpassten. BHC-Coach Jamal Naji konnte in der Summe einiges anfangen mit der Leistung seiner Mannschaft: „Jeder, der heute da war, hat gesehen, dass wir 60 Minuten maximal investiert haben. Die bessere Mannschaft hat gewonnen, aber wir können zufrieden sein mit der Art und Weise, wie wir aufgetreten sind.“ Während der Sieg für Spitzenreiter Kiel (55:9 Punkte) den nächsten Schritt in Richtung Meisterschaft brachte, wird sich der BHC vielleicht von seinem Ziel, am Ende einen einstelligen Tabellenplatz zu belegen, verabschieden müssen: Die 30:36 Zähler reichen zurzeit weiter für Rang elf und durch einen Sieg zum Abschluss am kommenden Sonntag gegen den HC Erlangen (Platz 13/28:36) könnten daraus 32:36 werden. Am Achten MT Melsungen (32:32) und am Neunten TBV Lemgo Lippe (31:33), die noch jeweils zwei Spiele vor sich haben, führt nur dann ein Weg vorbei, wenn beide keins mehr gewinnen. Besser liegt aktuell auch der Zehnte VfL Gummersbach (30:34).

Kiel stellte sich in Düsseldorf zunächst ausgesprochen fahrig bis durchschnittlich vor und bekam die Gastgeber überhaupt nicht in den Griff – was unter anderem damit zu tun hatte, dass Keeper Peter Johannesson seinen THW-Kollegen Thomas Mrkva (bis zum Ende der vergangenen Serie beim BHC) in der Wirkung klar übertraf. Mit dem 1:0 (3.) und 4:2 (11.) legte der Außenseiter verdient vor, ehe der Favorit beim 5:4 (13.) durch den nimmermüden Domagoj Duvnjak zum ersten Mal führte – und vermutlich davon ausging, die Sache jetzt bald in den Griff zu bekommen. Das war allerdings ein grober Irrtum: Der BHC ließ sich selbst vom 4:6 (14.) nicht aus der Bahn werfen. Er antwortete vielmehr mit dem 7:6 (16.) und drehte etwas später das 11:12 (25.) ebenfalls wieder um – 13:12 (29.). Für die spielerischen Höhepunkte der ersten Halbzeit sorgten dann ebenfalls die Hausherren, als zuerst Isak Persson das millimetergenau Kempa-Anspiel von Linus Arnesson zum 13:12 (29.) verwertete und wenig später Tim Nothdurft jenes von Fabian Gutbrod zum 14:13 (30.). Mehr Mut ging wohl kaum in diesem Duell.

Dass sich Kiel keine für den weiteren Titelkampf bittere Niederlage erlauben wollte, zeigte der Start in den zweiten Durchgang mit mehr Biss und mehr Tempo. Gut 200 Sekunden nach dem Wiederbeginn führte der THW mit 16:14 (34.) und das 17:17 (36.) von Tom Kare Nikolaisen war der letzte Ausgleich des BHC, der ab jetzt genau die paar Fehler/Fehlwürfe zu viel einstreute, die er sich für eine Überraschung nicht hätte erlauben dürfen. Nach dem 18:21 (43.) nahm Naji noch eine Auszeit, aber aufhalten ließ sich der Tabellenführer trotz maximaler BHC-Leidenschaft nicht mehr: Spätestens ab dem 20:24 (48.) war klar, dass dieser THW Kiel um die Top-Stars Niklas Landin und Sander Sagosen die Partie gewinnen würde. Intakt war die Moral des BHC trotzdem, weil er sich im Anschluss ans 20:26 (52.) nicht aufgab und deshalb mit dem 26:29 (60.) ein anständiges Ergebnis erzielte. „In der zweiten Halbzeit gab es zwei, drei kritische Momente, in denen wir hätten zerfallen können“, fand Naji, „aber wir haben weitergemacht und an uns geglaubt und konsequent weitergespielt. Am Ende des Tages war die wichtigste Phase das 3:0 nach der Pause. Das war für das Selbstverständnis des THW wichtig und dementsprechend für uns schwierig. Läuft es umgekehrt, fängt der THW vielleicht ein Stück weit damit an, sich mit der Eventualität der Niederlage zu beschäftigen. Wenn das passiert wäre, wären zwei Punkte drin gewesen.“ So richtig frustriert hörte sich das nicht an.

Bergischer HC: Rudeck (1), Johannesson – Beyer (1), Persson (4), Scholtes (5), Nothdurft (3), Weck, Gunnarsson, Ladefoged (1), Babak, Gutbrod (2), Arnesson (4/2), Bergner (1), Nikolaisen (2), M’Bengue, Stutzke (2).

TVB Stuttgart – VfL Gummersbach 31:30 (17:16). Der „Übeltäter“ stand aus Gummersbacher Sicht zwischen den Pfosten der Gastgeber. „Silvio Heinevetter hat überragend gehalten“, fand etwa VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson. In der Addition seiner gut 48 Minuten Einsatzzeit brachte es der einstige Nationaltorhüter (38) auf zwölf Paraden und eine offiziell notierte Quote von 32,43 Prozent an gehaltenen Würfen – einen Wert, an den Gummersbachs Fabian Norsten mit neun Paraden und 32,14 Prozent aus 40 Minuten sogar herankam. Auch deshalb gab es über die 60 Minuten ein immer ausgeglichenes Spiel mit wechselnden Führungen, in dem Gummersbach auf der Zielgeraden noch für den Sieg in Frage kam. Weil letztlich jedoch ein paar Zentimeter fehlten, hatte der Aufsteiger letztlich nichts in der Hand – was für Sigurdsson irgendwie in Ordnung ging: „Am Ende gewinnt Stuttgart verdient, auch wenn wir uns natürlich mehr erhofft haben. Im Großen und Ganzen mit ich mit der Leistung meiner Mannschaft einverstanden und zufrieden.“ Zwei Runden vor dem Ende der Saison steht der Aufsteiger bei 30:34 Punkten und Rang zehn – mit der Option, möglicherweise auf einen einstelligen Tabellenplatz vorzustoßen.

Nach dem frühen 0:1 (1.) liefen die Gäste bis zum 2:3 (5.) hinterher, ehe sie mit dem 4:3 (7.) zum ersten Mal führten und beim 5:6 (11.) erneut zurücklagen. Das Pendel schlug nach dem 6:8 (14.) übers 8:10 (16.) regelmäßig wieder in die andere Richtung aus – 10:10 (18.), 12:11 (21.), 13:12 (22.), 14:16 (26.), 15:17 (29.), 16:18 (30.). Das Duell auf Augenhöhe setzten beide Teams im zweiten Durchgang mit Leidenschaft fort – obwohl es für keinen mehr um besonders viel ging. Beim 23:20 (45.) hatte dann Stuttgart mit drei Treffern Vorsprung die besseren Karten, doch der VfL antwortete wiederum gut und kam übers 23:25 (45.) durch drei Tore hintereinander zur 26:25-Führung (52.). Stuttgarts 26:26 (53.) konterte Gummersbach mit dem 27:26 (54.) von Ole Pregler, das allerdings nicht lange Bestand hatte – weil der TVB (Platz 15/23:41 Punkte) die nächste Wende einleitete. Ab dem 27:29 (59.) am Anfang der vorletzten Minute rannte Gummersbach auch die Zeit davon. Dass der Aufsteiger selbst nach dem 29:31 (60.) nicht aufgab und selbst in den letzten Sekunden nach dem 30:31 von Tilen Kodrin erneut für einen Punkt in Frage kam, sprach immerhin für eine intakte Moral.

Ebenfalls eine Frage der Einstellung könnten nun die beiden letzten Saisonspiele werden. Aufsteiger Gummersbach tritt am Donnerstag zunächst zum letzten Heimspiel gegen Frisch Auf Göppingen an (Platz 14/23:41 Punkte), bevor am Sonntag beim als Absteiger feststehenden Vorletzten TSV GWD Minden (12:52) der Saison-Anschluss folgt. Bei einer optimalen Ausbeute könnte der VfL sein Konto auf 34:34 Punkte ausgleichen und gleichzeitig in der oberen Tabellenhälfte über die Ziellinie kommen. Weitere Anreize: Sigurdssons Team, das aktuell bei 963 erzielten Toren steht, kann/wird die Marke von 1000 Treffern erreichen und Rechtsaußen Lukas Blohme, mit bisher 179 Toren der drittbeste Werfer der 1. Bundesliga, könnte immerhin in der Nähe der Marke 200 landen.

VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Vidarsson (2), Kodrin (3), J. Köster (5), Blohme (6), Schroven, Häseler, M. Köster, Mappes (4), Pregler (8), Styrmisson, Kiesler, Stüber, Jansen (2), Zeman.