3. Liga
Ausrufezeichen: Longericher Lust und Ratinger Rätsel
Der LSC bezwingt den Aufsteiger Interaktiv.Handball zum Saisonstart vor allem dank einer starken ersten Halbzeit klar mit 35:23.

Auf und davon: Longerichs Linksaußen Max Zimmermann (beim Wurf) war mit zehn Treffern der beste Werfer des Abends. Ante Grbavac (links) und seine Ratinger konnten oft nur zusehen. (Foto: Michael Jäger)

Longericher SC – Interaktiv.Handball 35:23 (20:7). Die erste Halbzeit im ersten Spiel der Saison 2023/2024 war eine krachende Ohrfeige für den Aufsteiger aus Ratingen, der sich da am Freitagabend beim Debüt wie der Abstiegskandidat Nummer eins präsentierte und sich – wenn das als Maßstab dienen sollte – ernsthaft um den Klassenerhalt sorgen muss. Longerich dagegen war erstens viel wacher – auch von der ersten Sekunde an – und stellte die Gäste insgesamt vor derart viele Rätsel, dass alles auf ein Debakel hinauszulaufen schien. „Wie wir das vor der Pause gespielt haben, geht kaum besser“, fand LSC-Trainer Chris Stark sogar, „vorne nicht und hinten auch nicht. Hinterher war schon ein Spannungsabfall erkennbar.“ Dieses Phänomen, bei klarer Führung für einen der Kontrahenten in durchaus vielen Spielen erkennbar, führte letztlich zusammen mit einer immerhin erkennbaren Steigerung bei Interaktiv zu einem zweiten Durchgang, der nicht mehr viel bis gar keine Spannung mehr bot und vor allem sehr zerfahren wirkte. Unter dem Strich sprang für die Kölner trotzdem ein Erfolg mit zwölf Toren Differenz heraus – was sie nicht allerdings überbewerten werden. Das war im Übrigen auch bei den Ratingern so, deren Sportlicher Leiter Benny Daser die klare und schmerzhafte Pleite keineswegs als Richtlinie für die kommenden Wochen und Monate nehmen wollte. „Wir sind nicht gut reingekommen“, fand Daser, „das war alles sehr krampfig. Unsere Torhüter nehme ich in Schutz, denn 90 Prozent aller Bälle waren freie Würfe des LSC.“ Die Paraden der Gäste-Keeper Sebastian Bliß und Denis Karic ließen sich auf jeden Fall an den Fingern einer Hand abzählen, während Elvan Kromberg im Kasten der Hausherren hinter einer meist sehr entschlossen und aggressiv arbeitenden Deckung sehr regelmäßig Glanzparaden einstreuen konnte.

Ratingen, das es im Rückraum zuerst mit der Achse Routinie aus Ante Grnavac, Alexander Oelze und Robert Markotic probierte, hatte am Anfang bei drei Aluminiumtreffern einiges Pech – aber den Hausherren kaum alleine deshalb kein brauchbares Rezept entgegenzusetzen. Die Gegensätze sahen auf der Platte krass aus: Hier wirbelte Longerich, das gefühlte 500 PS voll auf die Platte brachte – und dort quälte sich ein Gegner, dessen Motor irgendwie maximal einen von sechs Zylindern auf Touren gebracht hatte. Übers 8:2 (11.) und 13:4 (18.) führte Longerich beim 15:5 (22.) zum ersten Mal mit zehn Treffern Differenz, ehe der LSC nach dem 16:7 (25.) erneut das Tempo erhöhte – und eine halbe Minute vor dem Ende des ersten Durchgangs als passenden Abschluss eine Art Höchststrafe verteilte: Lukas Martin Schulz, in der Mitte durchgebrochen, fühlte sich wohl irgendwie bedrängt und wäre beim Wurf mit seiner rechten Hand vermutlich zu arg beeinträchtigt worden. Schulz‘ Lösung sah in dieser Szene ziemlich mühelos aus, denn er wechselte das Spielgerät fast spielerisch einfach in die linke Hand und vollendete zum 20:7 (30.).

Mit dem 22:7 (32.) und fast unglaublichen 15 Treffern an Polster erreichte der Vortrag der Hausherren kurz nach der Pause seinen Höhepunkt – und die Frage nach dem Sieger stellte sich längst nicht mehr. Deshalb gab es hier und da ein paar deutliche Prozent weniger an Konzentration an Leidenschaft, ohne dass irgendwo und irgendwie ein Hauch an Gefahr entstanden wäre. „Für uns ging es darum, das anständig zu Ende zu bringen“, fand Daser für den Verlierer. So konnte Ratingen mit dem 8:2-Lauf zum 15:24 (42.) und wenig später mit dem 18:27 (48.) so etwas wie eine Schönheitskorrektur in einer Partie betreiben, die inzwischen nur sehr wenig Unterhaltsames bot. Ab jenem 27:18 legte Longerich am Ende dann jedoch noch ein weiteres Mal zu – hellwach wie zu Beginn und heiß auf jedes einzelne Tor. Den besten Beweis dafür lieferte Benjamin Richter, der hinten den Ball eroberte, sehr zügig den Weg nach vorne suchte und dort sicher zum 34:23 (59.) verwandelte. Dass im letzten Akt der Interaktiv-Spielertrainer Alexander Oelze den Longericher Malte Nolting beim Tempogegenstoß nach Ansicht der Unparteiischen zu heftig störte, brachte wenig – und ihm lediglich die Rote Karte ein. Nolting hatte im Übrigen Sekunden vorher trotzdem den 35:23-Schlusspunkt (60.) gesetzt. Auch das zeigte, wie groß der Unterschied zwischen Longerich und Ratingen an diesem Abend war.

Longericher SC: Inzenhofer, Kromberg – Gerfen (1), Malolepszy (1), Pyszora (6), Richter (2), Thöne, Schiefer (1), Wolf, Zimmermann (10/1), Schulz (4), Nolting (4), Zerwas (5), Falkenreck (1).

Interaktiv.Handball: Bliß, Karic – Grbavac (7/4), Markotic, Perschke, Wasse (2), Sackmann (1), Stock, Knak, Oelze (3), Maric (3), Mensger, Ota, Nuic (3), Poschacher (2), Sabljic (2).