1. Bundesliga
Der Haken: Lob allein bringt BHC kaum weiter
Nach dem 28:33 in Flensburg macht das Team von Trainer Jamal Naji vorerst als Letzter weiter. Gummersbach gleicht Konto mit 33:28 gegen Erlangen aus.

Crashtest: Ole Pregler (23) und Tom Kiesler (links hinten) kommen mit den Gummersbachern in der Summe bislang bedeutend besser durch die Saison als Tomas Babak (eingeklemmt) und der Bergische HC. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Was sich beim Bergischen HC im Vergleich zum Saisonstart geändert hat? Die Zeit der unglaublich bitteren Ein-Tore-Niederlagen scheint vorbei zu sein – nach dem 30:31 beim ThSV Eisenach, dem 27:28 gegen HBW Balingen-Weilstetten und dem 27:28 beim HC Erlangen. In der Summe hängen diese drei Ergebnisse der Mannschaft von Trainer Jamal Naji immer noch wie ein Betonklotz am Bein. Mit dem folgenden 30:34 gegen die Füchse Berlin konnte der BHC am Ende auch nicht richtig viel anfangen, obwohl die Leistung über weite Strecken stimmte. Anschließend setzten die Solinger mit dem reifen und intelligent herausgearbeiteten 33:27 beim VfL Gummersbach ein echtes Ausrufezeichen, ehe sie gegen die Rhein-Neckar Löwen knapp mit 29:31 den Kürzeren zogen und dann die Dienstreise in den Norden antraten. Da war jetzt das 28:33 bei der SG Flensburg-Handewitt keine besonders große Überraschung, weil Najis Team gegen eins der besten Teams in der höchsten deutschen Klasse keineswegs als Favorit gelten durfte – im Gegenteil. Der BHC-Coach verkniff sich gleichzeitig den Hinweis darauf, dass trotz personeller Probleme (ohne Tom Kare Nikolaisen, Lukas Stutzke und Elias Scholtes) und trotz der eindeutigen Außenseiterrolle vielleicht mehr drin gewesen sei: „Es war ein verdienter Flensburger Sieg. Ich denke aber nicht, dass wir fünf Tore schlechter waren. Diese Phase vor der Halbzeit ärgert mich sehr. Ich glaube, wir müssen hier nicht mit minus drei in die Kabine gehen. In Summe ist Flensburg cool und abgezockt geblieben, hat in den entscheidenden Phasen sein Kreisläufer-Spiel forciert. Wir haben alles rausgehauen, was geht, aber fairerweise muss man sagen, dass sich die Flensburger Qualität durchgesetzt hat.“ Ganz nebenbei: Das durchaus verdiente Lob findet in der aktuellen Tabelle ganz unromantisch keinen Niederschlag: Mit 2:12 Punkten liegt der BHC zurzeit auf dem letzten Tabellenplatz und die Belastung für die kommenden Wochen ist sicher nicht kleiner geworden.

Die Gäste begannen für die zuerst fahrig wirkenden Hausherren als Spaßverderber und sie machten aus dem 0:1 (1.) mit viel Tempo und Selbstbewusstsein bald eine 4:1-Führung (5.). Beim 13:10 (20.) lag das Schlusslicht wieder drei Tore vorne und bis zum 14:13 (25.) durch den von Noah Beyer verwandelten Siebenmeter lief die offensichtlich überraschte SG permanent hinterher. Dann kamen jene fünf Minuten, in denen der Titelkandidat jeden Fehler des BHC und eigene Chance konsequent verwertete – übers 14:14 (26.) bis zum 17:14 (30.) am Ende der ersten Halbzeit. Besonders der letzte Flensburger Treffer von Simon Pytlick praktisch mit der Schluss-Sirene erzielte erkennbar Wirkung beim Außenseiter, der sich dennoch im zweiten Durchgang nicht aufgab – aber übers 21:24 (46.) oder 27:30 (55.) nie mehr näher als bis auf drei Treffer herankommen konnte, sodass am Ende doch die fünfte Niederlage im sechsten Saisonspiel auf der Anzeigetafel stand. Besonders viel Gelegenheit, die Dinge sacken zu lassen und entsprechend zu verarbeiten, besteht im Übrigen in der näheren Zukunft nicht: Am Mittwoch geht es in der dritten Runde des DHB-Pokals zum Zweitligisten HSG Nordhorn-Lingen und in der Bundesliga am 7. Oktober gegen den aktuellen Tabellenführer MT Melsungen (14:0) mit der nächsten Aufgabe aus dem obersten Regal weiter.

Zwei Wochen ist es her, dass sie sich im Oberbergischen beim VfL Gummersbach ein paar ungewohnte Gedanken machen mussten. Erst verliert die Mannschaft von Trainer Gudjon Valur Sigurdsson gegen gegen den BHC mit 27:33 und macht dabei einen eher wackeligen Eindruck – was sich auch im negativen Konto mit 3:7 Punkten ausdrückt. Kurz darauf stellt sich dann heraus, dass Regisseur Dominik Mappes (private Gründe) und Linkshänder Tom Jansen (Muskelfaserriss) vorerst ausfallen werden. Die Antwort des VfL darauf: Er kämpft sich beim TVB Stuttgart zum 31:29 und hilft damit gleichzeitig dem BHC, zu dessen direktem Tabellen-Umfeld die Stuttgarter gehören, und er gewinnt gegen den HC Erlangen mit 33:28 – wobei die erste Halbzeit nach einer Führung in der Anfangsphase mit dem 13:15-Rückstand (30.) zur Pause neues Ungemach anzudeuten scheint. Beim 15:15 (32.) gelingt wieder der Ausgleich, ehe die Partie ab dem 18:17 (35.) zu kippen beginnt. Vom 20:19 (40.) bis zum 22:19 (44.) kann sich Gummersbach zum ersten Mal etwas befreien und zum zweiten Mal vom 24:23 (48.) bis zum 26:23 (50.). Für die Entscheidung sorgen anschließend auf der Zielgeraden Julian Köster mit dem 26:20 (57.) und Ellidi Vidarsson mit dem 27:21 (58.). Dass die Gummersbacher jeweils die Ruhe bewahren und richtige Antworten finden, macht Sigurdsson hinterher stolz: „“Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung meiner Mannschaft. Wir haben sehr gut angefangen, aber selbst auch Fehler gemacht, wobei Erlangen eben sehr stark ist. In der ersten Halbzeit haben wir uns gegen die 6:0-Abwehr schwergetan. In den letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit verlieren wir dann mit drei Toren, aber insgesamt war ich mit der Abwehr über die gesamte Zeit sehr zufrieden. Wir kommen auch gut aus der Halbzeit raus mit einem überragenden Innenblock. Wir schaffen uns durch gute Chancen ein bisschen Vorsprung. Ich könnte heute viele Leute nennen, die ihre beste Leistung bisher in der Saison gebracht haben. Die ganze Mannschaft hat sich ein Lob verdient.“

Dass der VfL den kommenden Aufgaben etwas gelassener entgegensehen kann, hat sicher zuerst mit dem auf 7:7 Zähler ausgeglichenen Konto und dem vorübergehenden Platz acht zu tun, wo er im Augenblick sogar vor dem großen THW Kiel angesiedelt ist (Neunter/6:6 Punkte bei einem Spiel weniger). Mit vergleichbaren Auftritten wie zuletzt muss Sigurdssons Team am 7. Oktober weder beim einen Aufsteiger HBW Balingen-Weilstetten (Rang 14/5:9) noch am 13. Oktober gegen den zweiten Aufsteiger ThSV Eisenach (Zwölfter/5:9) chancenlos sein. Also bietet sich die realistische Möglichkeit, sich für die beiden weiteren Oktober-Aufgaben ein entsprechendes Herbstpolster anzulegen – das angesichts der Qualität der Gegner ziemlich hilfreich sein könnte: Am 22. Oktober geht es zum Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen (Vierter/9:3) und am 27. Oktober kommen die Füchse Berlin (Zweiter/14:0) in die Schwalbe-Arena. Knackig sieht anschließend auch das November-Programm aus, denn es geht gegen Melsungen (12. November), bei der HSG Wetzlar (Rang 17/20. November) und gegen die SG Flensburg-Handewitt (Fünfter/25. November) weiter. Da kommt der Start in dieses anspruchsvolle Paket beinahe wie eine Aufwärm-Aufgabe unter Wettkampf-Bedingungen daher: Für die Partie in der dritten Runde des DHB-Pokals am Dienstag (3. Oktober) gelten die Gummersbacher – bei allem gebotenen Respekt vor dem Gegner – beim Drittliga-Aufsteiger Interaktiv.Handball als turmhoher Favorit. Ein Ausscheiden der Gummersbacher ist zwar grundsätzlich undenkbar, aber als Werbung für den Handball dürfte dieses Duell trotzdem taugen.

 

SG Flensburg-Handewitt – Bergischer HC 33:28 (17:14).

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (1/1), Persson (1) Nothdurft (3), Weck, M’Bengue (2), Ladefoged (2), Andersen (5), Fraatz (1), Babak (4), Arnesson (2/1), Morante Maldonado (5), Santos (1), Seesing (1).

 

VfL Gummersbach – HC Erlangen 33:28 (13:15).

VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Ohl, Vidarsson (5), Kodrin, Vujovic (7/2), J. Köster (6), Blohme (5), Häseler, M. Köster, Schluroff (1), Tskhovrebadze (5), Pregler (1), Horzen (3), Kiesler, Zeman.