DHB-Pokal
Interaktiv und Gelpe/Strombach draußen: Favoriten eine Nummer zu groß
Drittligist Ratingen verliert in der dritten Runde mit 27:44 gegen den VfL Gummersbach, Regionalligist mit 27:37 gegen TuSEM Essen.

Abgehakt! Sorgenvolle Mienen gab es bei Trainer Gudjon Valur Sigurdsson und den Spielern in Ratingen jedenfalls maximal selten. Alleine die 17 Gegentore in der zweiten Halbzeit waren wohl ein bisschen zu viel. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Die Überraschungen blieben in zwei Fällen aus in der dritten Runde des DHB-Pokals – was angesichts der unterschiedlichen Kräfteverhältnisse zwischen der einen Hälfte der Beteiligten und den anderen 50 Prozent wiederum keinen verwundern konnte. Obwohl über die 60 Minuten an beiden „Tatorten“ letztlich die ganz große Spannung ausblieb, durften die Außenseiter in der Summe mit sich und der Handball-Welt zufrieden sein. Während der Drittliga-Aufsteiger Interaktiv.Handball vor 800 Zuschauern gegen den VfL Gummersbach aus der 1. Bundesliga bei der 27:44 (10:23)-Niederlage immerhin weite Strecken der zweiten Halbzeit mindestens auf Augenhöhe gestalten konnte, machte es der Regionalligist HC Gelpe/Strombach genau anders herum, erwies sich vor 320 Zuschauern gegen den Zweitligisten TuSEM Essen vor allen Dingen in der ersten Viertelstunde als sehr hartnäckiger Gegner, verlangte dem Favoriten dank einer couragierten Leistung alles ab und verlor letztlich erst im letzten Drittel bei leerer werdenden Akkus mit dem 27:37 (17:20) ebenfalls hoch. Während das Abenteuer Pokal für Interaktiv und Gelpe/Strombach, die sich als Finalisten des Deutschen Amateurpokals für die große Bühne qualifiziert hatten, nach dem ersten Auftritt beendet ist, geht die Reise für Gummersbacher und Essener mindestens noch im Achtelfinale weiter (Auslosung folgt erst). Und natürlich lebt vor allem bei TuSEM der Traum, es eventuell mit einem der Top-Klubs aus dem obersten Regal der 1. Bundesliga zu tun zu bekommen. Es könnte als sehr attraktives Los auch der VfL Gummersbach werden, aber nicht mehr der Deutsche Meister THW Kiel – der durch seine 31:32-Niederlage gegen die HSG Wetzlar für die größte Überraschung in der dritten Runde sorgte.

Gastgeber Ratingen hätte am Anfang wenigstens für eine etwas engere Partie sorgen können, wenn es seine Chancen besser genutzt und seine Fehlerzahl reduziert hätte. Der VfL, offensichtlich sehr konzentriert und gewillt, überhaupt nichts anbrennen zu lassen, nutzte seine Vorteile konsequent aus und war mit dem 16:4 (18.) längst auf dem Weg zu einem sicheren Sieg. Nach dem 23:10 (30.) am Ende der ersten Halbzeit konnte er sich später immer wieder personelle Wechsel erlauben, Stammkräfte wie Kapitän Julian Köster komplett schonen – und relativ unbeschadet einen Gang zurückschalten. Das wiederum kam den Hausherren entgegen, die sich nicht aufgaben, den einen oder anderen sehenswerten Treffer erzielten und bis zum 26:37 (52.) sogar eine Führung (16:14) für den zweiten Durchgang herausarbeiteten, ehe der Bundesligist auf der Zielgeraden bis zum 44:27 (60.) erneut die Zügel anzog.

Unter dem Strich konnten etwas später alle Beteiligten mit dem Ergebnis leben. „Wir sind sehr glücklich, dass wir weitergekommen sind“, fand VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson, „wir waren in der ersten Halbzeit sehr effektiv. In der zweiten hat man gesehen, dass Ratingen Leute mit viel Qualität hat.“ Auch Alexander Oelze, der spielende Co-Trainer der Gastgeber, zeigte sich einverstanden: „Das hat Spaß gemacht, vor einer solchen Kulisse zu spielen. Ich glaube, dass wir aus diesem Spiel viel Gutes mitnehmen.“ Ratingens Sportlicher Leiter Benny Daser sah das ähnlich: „Der Rahmen hat gepasst. Gummersbach war voll motiviert – das war natürlich nicht hilfreich für uns. Nach der ersten Halbzeit war allen klar, dass das kein Krimi mehr wird. Trotzdem haben unsere Jungs in der zweiten Halbzeit weiter gefightet und da waren viele schöne Aktionen dabei. Wir haben ein schönes Event erlebt, aber letzten Endes zählt, wie wir in der 3. Liga spielen.“

Der HC, erst am vergangenen Sonntagnachmittag von der Regionalliga-Partie bei der HSG Refrath/Hand mit einer schmerzhaften 31:33-Niederlage nach Hause gefahren, trat von Beginn an ohne jeden Respekt und mit viel Selbstbewusstsein auf – was ihm nach dem frühen 1:0 (1.) von Julian Mayer zunächst fast immer eine Führung einbrachte. Den 3:4 -Rückstand (7.) steckte der Außenseiter jedenfalls stark weg und im Anschluss ans 5:4 (8.) legte er bis zum 7:6 (11.) jeweils vor, ehe Alexandre Brüning mit dem 9:9 (16.) ein letztes Mal ausgleichen konnte. TuSEM deutete nun mit dem 20:17 (30.) am Ende der ersten Halbzeit an, dass es sich doch etwas klarer auf den Weg zu einem Sieg machen wollte – und legte mit einem Doppelschlag nach der Pause das 21:17 (31.) und 22:17 (33.) hinterher. Der Außenseiter blieb anschließend bis zum 22:26 (47.) in Reichweite, aber in der Schlussphase sank der Ladezustand der Batterien immer weiter in den Keller, sodass beim Stande von 22:31 (52.) alle Fragen beantwortet waren und am Ende eine Zehn-Tore-Niederlage des HC auf der Anzeigetafel stand.

Dessen Trainer Markus Murfuni war traurig – aber nicht etwa wegen des eigenen Auftritts oder wegen des Ausscheidens. Für die Leistung der Gastgeber hatte er vielmehr nur Hochachtung: „Meine Mannschaft hat aufopferungsvoll gefightet. Natürlich wünsche ich mir als Trainer, dass wir das auch ab und zu in den Ligaalltag mitnehmen.“ Sehr nachdenklich war Murfuni nur deshalb, weil der Deutsche Handball-Bund den Amateurpokal als Eintrittskarte für den großen Pokal schlicht aus seinem Portfolio gestrichen hat. „Ich denke, wenn man sieht, wie wir als letzte Amateurmannschaft den Amateur-Handball in Deutschland vertreten haben und wie wir trotzdem stolz sein können bei einer Zehn-Tore-Niederlage gegen eine zwei Klassen höhere Mannschaft, ist das einfach auch ein Appell, noch mal darüber nachzudenken und den Amateur-Handball nicht von der Liste zu nehmen. Man nimmt den Amateuren die Möglichkeit, sich mit den Besseren zu messen – und das macht doch den Zauber unserer Sportart aus, dass die Kleinen auch mal ihre Erfolgserlebnisse haben. Das ist schade, dass das weggenommen wird und dass es nur noch eine Profibühne geben soll.“ Was ihn doppelt und dreifach traurig machen dürfte: Als der Beschluss zur Abschaffung auf der Tagesordnung stand, saßen die Amateur-Vertreter mit am Tisch, auch die aus den Verbänden Mittelrhein und Niederrhein. Dass sie energisch für die Beibehaltung des Deutschen Amateurpokals votiert hätten, ist allerdings nicht bekannt.

 

Interaktiv.Handball – VfL Gummersbach 27:44 (10:23). 

Interaktiv.Handball: Bliß, Ludorf – Hinrichs, Grbavac (3), Markotic (4), Sackmann (1), Oelze (7/2), Maric (3), Nuic (3), Sabljic (1), Mensger, Poschacher (2), Stock (3), Wasse, Knak, Louzi.

VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Vidarsson, Kodrin (14), Vujovic, J. Köster, Blohme, Häseler (6), M. Köster (5), Schluroff (5), Tskhovrebadze (5), Pregler (2), Horzen (5), Kiesler, Jansen,  Zeman (2).

 

HC Gelpe/Strombach – TuSEM Essen 27:37 (17:20).

HC Gelpe/Strombach: Stöcker, Ahmed Elnoamany – Dräger, Maier (1), Altjohann (3), Feuerbach, Viebahn (4), Heinzerling (2), Roth, Meinhardt, Elverfeld, Panske (2), Borisch, Mayer (8/2), Brüning (4), Rostalski (3).

TuSEM Essen: Fuchs, Diedrich – Ellwanger (1), Wolfram (2), Wilhelm, Homscheid (2/1), Asmussen (4), Eißing (7), Szczesny, Seidel, Klingler (3/1), Neuhaus, Rose (2), Mast (4), Werschkull (6), Schoss (6).