12. Oktober 2023 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Irgendwie waren sich die meisten nach der Neu-Sortierung der Gruppen für die 3. Liga ja einig: Dieser Weg wird ein steiniger sein und die Anzahl der Spiele, die sich mit weniger als hundert Prozent halbwegs erfolgreich bestreiten lassen, dürfte gegen null tendieren. Und jetzt ist der siebte Spieltag der Staffel Süd-West der schlagende Beweis dafür, dass sich tatsächlich Woche für Woche ein neues größeres Hindernis vor den meisten auftürmt – was selbst für jene gilt, die aus der vergangenen Serie eher die Sonnenseite des Handballer-Lebens kennen. Beispiel Bergische Panther: Das Team von Trainer Marcel Mutz beendete das Jahr 2022/2023 mit 34:18 Punkten auf dem vierten Tabellenplatz, unterlag zuletzt beim Aufsteiger TV Homburg nach einer insgesamt enttäuschenden Leistung mit 31:35 und versäumte hier die Gelegenheit, seinen guten Start auf sehr gute 9:3 Zähler auszubauen. Unter dem Strich liegen die Panther als Sechster mit 7:5 Punkten zwar immer noch im Soll, aber sie bekommen es nun im Derby mit dem Longericher SC zu tun, dessen Konto nach dem 28:30 gegen den TuS Dansenberg auf Rang neun mit 5:7 Zählern sogar im Minus steht. Dass die Kölner angeschlagen aus dem vergangenen Spieltag gingen, hatte aber weder mit dieser Niederlage zu tun, sondern viel mehr mit dem Pech ihres Linkshänders Lennart Niehaus. Der Rückraumspieler, der fünf Minuten vor der Pause eine Knieverletzung erlitt und nach längerer Behandlung auf der Platte mit dem Rettungswagen abtransportiert wurde, wird monatelang ausfallen: Eine genaue Untersuchung ergab die Diagnose Kreuzbandriss und Innenbandriss.
Drei andere Drittligisten werden sich eher die Frage stellen, wie sie die bevorstehenden Rätsel überhaupt lösen können. So geht der TuS 82 Opladen trotz seines 30:25 zuletzt gegen den Aufsteiger Interaktiv.Handball als Außenseiter in die Partie beim Spitzenreiter HSG Krefeld Niederrhein, der mit sechs Siegen aus sechs Spielen und 12:0 Punkten das einzige Team mit einer weißen Weste ist. Die Opladener (6:6 Punkte), als Siebter genau zwischen den Panthern und dem LSC platziert, werden sich für ein gutes Ergebnis bei den Eagles auf jeden Fall noch beträchtlich steigern müssen. Ähnliches gilt für Interaktiv, das in Opladen total schlapp wirkte und nun beim Zweiten Ferndorf (11:1) ebenfalls deutlich zulegen muss, um nicht demnächst von Rang zwölf aus (4:8) doch stärker nach unten blicken zu müssen. Und der TV Aldekerk? Das Team des spielenden Trainers Tim Gentges, das in der vergangenen Serie als Aufsteiger immer wieder begeisternde Leistungen zeigte, hinkt auf jeden Fall den eigenen Erwartungen weit hinterher und steckt nach dem 24:33-Debakel gegen den TV Gelnhausen mehr denn je in großer Gefahr. Das Beste an Platz 13 (Vorletzter) und an den aktuellen 2:10 Punkten: Die Gegner bis hoch zu Rang elf (Gelnhausen/4:8) liegen trotz allem noch immer in Reichweite. Um jetzt bei der HSG Hanau (Achter/6:6) zu bestehen, die 2022/2023 immerhin die Meisterschaft in der alten Gruppe Süd-West holte und in der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga stand, braucht der TVA trotzdem eine Art Neustart und ein zumindest kleineres Wunder.
In Aldekerk sind sie sich einerseits selbst das größte Rätsel und andererseits gibt sich niemand mehr irgendwelchen Illusionen hin. „Wir fahren zu einem Gegner, der am Ende des Jahres in der Tabelle weiter oben anzusiedeln ist“, sagt Gentges, „wenn man sieht, welche Vorsaisons die gespielt haben, ist das schon eine absolute Spitzenmannschaft. Da geht es für uns nur darum, eine gute Leistung zu bringen, Selbstvertrauen zu tanken und das bestmögliche Spiel zu machen. Das Ergebnis muss am Ende zweitrangig sein, wir müssen uns jetzt an kleinen Dingen hochziehen, aber wir brauchen natürlich auch eine gewaltige Leistungssteigerung.“ Ein vergleichbares Fehlerfestival wie gegen Gelnhausen würde aus seiner realistischen Sicht vor allem bedeuten, dass Aldekerk erneut leer ausgeht: „Sollten wir noch mal so eine Leistung zeigen, dann wird das eine ganz bittere Auswärtsfahrt. Dazu hat keiner von uns Lust – und deshalb versuchen wir, in dieser Woche das Bestmögliche aus uns herauszuholen und am Samstag zu schauen, wo die Reise hingeht. Jedes Spiel muss erst gespielt werden, aber das wird eine harte Aufgabe. Primär wichtig ist, dass wir die Fehlerzahl reduzieren, uns Stück für Stück Selbstvertrauen holen und allmählich anfangen, das Feld von hinten aufzurollen.“
So tief im Keller stecken die Opladener bei Weitem nicht – im Gegenteil. Trainer Fabrice Voigt zieht erstens Mut aus dem Duell mit Interaktiv, das zwar nicht ins Regal mit dem höchsten Niveau gehörte, aber zwei verdiente Punkte brachte, und auch der Blick in die Vergangenheit lässt die Opladener auf ein anständiges Ergebnis hoffen: So gab es etwa am 28. Januar 2023 in Krefeld beim 26:29 eine sehr ordentliche Leistung und beim 26:27 (59.) durch Markus Sonnenberg kam Opladen sogar für etwas Zählbares in Frage. Trotzdem sieht Voigt die Sache angemessen realistisch und die Eagles als relativ klaren Favoriten: „Krefeld ist mit Ferndorf der Top-Favorit für die ersten beiden Plätze. Das ist natürlich ein Riesenbrett, das da vor uns steht. Wir haben aber auch wieder Selbstbewusstsein tanken können durch unseren Sieg gegen Interaktiv und wir werden versuchen, da was zu holen. Wir müssen alles auf die Platte bringen, was wir können, und mit viel Leidenschaft versuchen, dagegenzuhalten. Dann werden wir sehen, wozu es am Ende reicht. Wir freuen uns darauf, uns dieser Aufgabe zu stellen.“
Das gilt vor dem Derby zwischen den Panthern und den Longerichern grundsätzlich für beide Seiten – zumal in den direkten Duellen der Nachbarn sowieso immer eine Menge los ist. In der vergangenen Saison verloren im Übrigen beide ihre Heimspiele: Nach dem dramatischen 33:32 in Köln durch das ganz späte Tor von Justus Ueberholz für die Panther konnte sich der LSC ein paar Monate später revanchieren, indem er einen 33:27-Erfolg mitnahm. Ähnliches wollen die Hausherren jetzt nachvollziehbar vermeiden, dabei lieber eine Wiedergutmachung für den schwachen Auftritt in Homburg betreiben und an die vorherigen guten Ergebnisse anknüpfen – was auf vergleichbare Art ja auch für die Longericher gilt: Bis zur Niederlage gegen Dansenberg war die sportliche Welt durchaus in Ordnung, weil sie unter anderem dreimal auswärts bei Top-Teams anzutreten hatten – in Krefeld (Erster/29:36), in Saarlouis (Fünfter/32:33), in Ferndorf (Zweiter/30:30). Was sie in Köln genau wissen: An guten Tagen können die Panther ebenfalls ein Top-Team sein. In der Summe spricht damit vieles fürs nächste abwechslungsreiche Duell und der Ausgang scheint völlig offen zu sein.
LSC-Coach Stark sieht das nicht anders: „Für uns heißt es, dass wir noch enger zusammenrücken müssen. Wir versuchen, kreativ zu sein, und wir haben im Training hart daran gearbeitet. Wir hoffen, bei den Panthern eine Trotzreaktion zeigen zu können. Ich glaube, wir können eine emotionale LSC-Mannschaft erwarten. Wir hoffen, dass es zu einer sehr guten Leistung reicht, die wir auf jeden Fall brauchen. Die Panther sind unverändert eine sehr, sehr gute Mannschaft. Wir freuen uns auf das Spiel, wir freuen uns auf einen spannenden Handball-Abend.“ Kollege Mutz rechnet ebenfalls mit einer mindestens umkämpfenden Auseinandersetzung, für die er vorher keinen Favoriten auszumachen vermag. „Uns erwartet eine Mannschaft, die über eine unglaubliche Qualität verfügt. Longerich wird dieses Jahr wieder eine gute Rolle spielen, obwohl sie gerade Verletzungspech haben und in der Breite nicht so besetzt sind. Das gilt für uns aktuell auch. Wir werden alles investieren und versuchen, Emotionen reinzubringen. Ich glaube, dass dieses Spiel letztendlich die Tagesform entscheiden wird. Das sind zwei Mannschaften auf Augenhöhe. Vielleicht wird den Ausschlag geben, wer das bessere Abwehr-Torhüter-Paket stellt.“
Worauf sich Interaktiv.Handball einzustellen hat, ist sicher eine maximal schwierige Aufgabe. Dass sich der Aufsteiger in der höheren Klasse mindestens halbwegs zurechtfindet, zeigte er bis zur Niederlage in Opladen mit zwei Heimsiegen (30:24 gegen TSG Haßloch, 31:30 gegen HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II) und mit dem starken Auftritt beim 31:32 gegen die HSG Krefeld Niederrhein. Weil anschließend die Aufgabe Opladen nach dem Spiel gegen die Eagles und jenem in der dritten Runde des DHB-Pokals gegen den Bundesligisten VfL Gummersbach (27:44) die dritte fordernde Partie innerhalb von sechs Tagen war, fehlten hier wohl ein paar Körner. Obwohl die Akkus inzwischen wieder einen höheren Ladestand aufweisen dürften, treten die Ratinger in Ferndorf als Außenseiter an – was nicht bedeutet, dass sie zwingend chancenlos sein müssen. Dass der TuS mit bisher 162 Gegentreffern die zurzeit stärkste Abwehr in der 3. Liga Süd-West stellte, macht die Angelegenheit allerdings kaum einfacher.