1. Bundesliga
Kletterkünstler: Aktienhoch bei Gummersbach und BHC
VfL liegt nach 37:31 gegen ThSV Eisenach auf Platz fünf. Bergischer HC verlässt mit 32:28 bei der HSG Wetzlar die Abstiegsränge.

Zeichensprache: BHC-Trainer Jamal Naji (links) war unbedingt damit einverstanden, dass und wie sein Team in Wetzlar zwei weitere Punkte holte. Auch Ole Pregler und seine Gummersbacher sind aber zurzeit gut unterwegs. (Foto: Thomas Wirczikowski)

Das war mal eine gute Idee, die beide in den vergangenen Wochen hatten. Erst musste es dazu aber am 14. September in der Schwalbe-Arena zu jenem direkten Duell kommen, das in der Rückschau irgendwie sowohl für den VfL Gummersbach als auch für den Bergischen HC eine Art Weckruf/Wendepunkt wurde. Der bis dahin sieglose BHC holte seinerzeit mit dem 33:27 am fünften Spieltag seine ersten beiden Punkte überhaupt in der Saison 2023/2024 – und er spielt seitdem deutlich selbstbewusster, fast in sich selbst ruhend. Es folgte dann zwar zunächst die 29:31-Niederlage gegen die Rhein-Neckar Löwen, doch schon in diesem Duell mit dem aktuellen Pokalsieger spielte das Team von Trainer Jamal Naji auf Augenhöhe. Anschließend sah der Auftritt bei der SG Flensburg-Handewitt trotz des 28:33 keinen fünf Tore schlechteren Außenseiter – der dennoch plötzlich am Ende der Tabelle auftauchte. Dass Naji, den im Übrigen nicht wenige im Umfeld – wie im selben Stadium der Serie zuvor – mal wieder für den völlig verkehrten Trainer des BHC hielten, dennoch die Ruhe behielt und zusammen mit der Mannschaft vom Gelingen des gemeinsamen Ganzen überzeugt war, machte sich bald bezahlt: Nach dem tatsächlich aufsehenerregenden Erfolg über die bis dahin verlustpunktfreie MT Melsungen mit dem 32:31 durch einen direkt verwandelten Freiwurf von Mads Andersen bei bereits abgelaufener Spielzeit folgte nun der nächste Schritt auf dem Weg zu mehr Sicherheit: Das 32:28 bei der HSG Wetzlar, dem bisherigen Vorletzten, machte sich auch in der Tabelle optisch bezahlt, denn der BHC verbesserte sich mit jetzt 6:12 Punkten auf Rang 15 – was für den Moment tatsächlich befreiend wirkt. Dass von dauerhafter Sicherheit noch keine Rede sein kann, haben sie in Solingen sicher auf dem Schirm.

Auf dem Schirm haben sie in Gummersbach mit Cheftrainer Gudjon Valur Sigurdsson an der Spitze ebenso sicher, dass der aktuelle fünfte Platz mit den 11:7 Punkten vor allem eine nahezu großartige Moment-Aufnahme ist, nicht mehr und sicher nicht weniger. Immerhin liegt ein Teil der Prominenz mit Rhein-Neckar Löwen (9:7) und THW Kiel (8:8) zurzeit hinter dem VfL. Auf der anderen Seite ist es gerade mal vier Wochen her, dass die Stimmung in der „Heimat des Handballs“ nach jener verdienten Pleite gegen den BHC deutlich weniger euphorisch aussah. Wie die Mannschaft darauf und auf den längerfristigen Ausfall der Stammkräfte Dominik Mappes (private Gründe) und Tom Jansen (Kreuzbandriss) reagierte, war allerdings beeindruckend – fünf Pflichtspiele, fünf Siege. Über das 31:29 beim TVB Stuttgart, das 33:28 gegen den HC Erlangen, das 44:27 in der dritte Runde des DHB-Pokals beim Drittligisten Interaktiv.Handball und das 34:31 beim einen Aufsteiger HBW Balingen-Weilstetten sprang jetzt gegen den zweiten Aufsteiger ThSV Eisenach ein 37:31-Sieg heraus. Dass alle Gegner auf dem Weg zu dieser Bilanz in der 1. Bundesliga zur unteren Hälfte gehören oder zwei Klassen tiefer zu Hause sind (Interaktiv), ändert nichts daran, dass die Gummersbacher erstens ihre Lektion gelernt und zweitens ihre Hausaufgaben sorgfältig erledigt haben – so sorgfältig, dass sie die bevorstehende Aufgabe am nächsten Sonntag bei den Rhein-Neckar Löwen relativ gelassen bis zuversichtlich angehen können.

Dabei war der Erfolg gegen Eisenach über weite Strecken komplett ungefährdet. Der ThSV konnte zwar bis zum 5:5 (13.) jeden Rückstand direkt mit dem Ausgleich beantworten, doch durch einen 4:0-Lauf bis zum 9:5 (16.) innerhalb von drei Minuten bogen die Gastgeber bald auf den Weg zum Erfolg ein. Deutlicher setzten sich die Gummersbacher kurz vor der Pause und direkt danach ab, als sie aus dem 16:13 (28.) erst das 18:13 (30.) machten und anschließend innerhalb von gerade mal 30 Sekunden die schnellen Treffer zum 19:13 (31.) und 20:13 (31.) folgen ließen. Dass Eisenach kurz darauf in seiner stärksten Phase vom 15:21 (35.) auf 19:21 (41.) verkürzte, beantwortete Giorgi Tskhovrebadze mit einem Doppelpack – 22:19 (41.), 23:19 (42.). Spätestens mit dem 29:22 (47.) von Ole Pregler bog Gummersbach in eine sichere Schlussphase ein und brachte die beiden Punkte dort bei unverändert hoher Torproduktion sicher nach Hause, sodass Sigurdsson später wenig am Auftritt seiner Mannschaft auszusetzen hatte: „Im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden. Von Anfang an waren wir wach in der Abwehr und haben kaum Zweikämpfe verloren. Die erste Halbzeit war nahezu perfekt von uns und wir hatten dort eine hohe Wurfeffektivität. In der zweiten Halbzeit fangen wir gut an, aber dann gab es einen Bruch im Spiel, allerdings auch, weil Eisenach gut in der Abwehr war und wir im sieben gegen sechs Schwierigkeiten hatten. Da hat uns Eisenachs Kreisläufer vor schwere Aufgaben gestellt. Aber ich bin zufrieden, wie wir diese Situationen gelöst haben. Wir hatten auch schon vor dem Spiel riesigen Respekt vor Eisenach. 37 Tore gegen sie zu werfen, ist nicht einfach. Vielleicht haben wir dafür zu viele kassiert, aber insgesamt bin ich sehr zufrieden.“

Der BHC legte in Wetzlar mit dem 4:1 (6.) einen starken Start hin – und er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, als die HSG aus dem 3:5 (8.) übers 5:5 (10.) eine eigene 8:5-Führung gemacht hatte. Mit dem 8:8 (18.) begann ein für beide Seiten wichtiges Duell auf Augenhöhe, in dem die Gäste nach der Pause erneut den besseren Auftakt erwischten – 19:17 (35.), 22:19 (40.). Jene drei Tore mehr standen auch beim 27:24 (52.) und 29:26 (56.) auf der Anzeigetafel, ehe die Gastgeber mit ihrem 28:29 (57.) noch einmal für mehr Spannung sorgten – die allerdings Yannick Fraatz (59.) und Aron Seesing (59.) mit dem Doppelpack zum 31:28 schnell wieder auf ein für den BHC beruhigendes Maß zurückschraubten. Das letzte Wort gehörte kurz darauf Noah Beyer mit dem 32:28 (60.) für die Gäste, die im Übrigen mit ihrer aktuellen Ausbeute sogar ein bisschen weiter sind als vor einem Jahr, denn damals standen nach den ersten sieben Spielen nur 4:14 Punkte aus dem Konto. Trainer Naji war entsprechend angetan: „Erst mal sind wir sehr zufrieden mit dem Sieg. Dabei hat uns sehr geholfen, dass bei uns wieder Spieler mit dabei sind, die am Anfang der Saison nicht da waren. Ich glaube, dass unser großer Vorteil heute einfach war, dass wir ohne Substanzverlust wechseln konnten. Insgesamt war es in der zweiten Halbzeit ein deutlich besseres Spiel. Kurz vor dem Ende kann es in beide Richtungen kippen. Wir haben vielleicht so ein Stück weit das Glück des Tüchtigen und gewinnen am Ende in meinen Augen dennoch verdient.“ Was das alles fürs bevorstehende Heimspiel am kommenden Samstag gegen den Elften Frisch Auf Göppingen (7:11) heißt? Erst einmal wenig und es ist schon gar keine Garantie für die beiden nächsten Zähler – und auf der anderen Seite doch die Chance, sich im unteren Mittelfeld festzusetzen und gleichzeitig einen direkten Kontrahenten hinter sich zu halten.

 

VfL Gummersbach – ThSV Eisenach 37:31 (18:13).

VfL Gummersbach: Rebmann, Ivanisevic – Ohl, Vidarsson (11), Kodrin (6). Vujovic (3/3), J. Köster, Blohme (4), Häseler (1), M. Köster, Schluroff (1), Tskhovrebadze (5), Pregler (5), Horzen, Kiesler (1), Zeman.

 

HGS Wetzlar – Bergischer HC 28:32 (16:16). 

Bergischer HC: Rudeck, Johannesson – Beyer (8/4), Persson, Scholtes (3), Nothdurft, Weck, M’Bengue (5), Ladefoged (1), Andersen (3), Fraatz (1), Babak (3), Morante Maldonado (3), Stutzke (3), Santos, Seesing (2).